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25. October 2005, 22:16   #22
Ben-99
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... vorgestern in der ARD-Sendung "Titel, Thesen, Temperamente", seit Jahrzehnten so etwas wie die Mutter aller anspruchsvollen TV-Kultur-Magazine: Der Schriftsteller Ingo Schulze, dessen deutsch-deutscher sogenannter "Wende"-Roman "Neue Leben" zur Zeit von der Kritik als "prägnante Analyse des Ost-West-Gegensatzes" gefeiert wird, sagt über "Du bist Deutschland", die laut "ttt" teuerste Kampagne, die es je in Deutschland gegeben hat, wörtlich: "Ich habe selten etwas Dämlicheres gesehen".

"Das sagen viele", heißt es dann weiter in der Sendung. "Deswegen haben wir Herrn Reich-Ranicki gefragt, warum er an dieser Werbe-Großoffensive für Deutschland mitgewirkt hat". Seine Antwort: "Ich glaube deshalb, weil ich nicht genau wußte, um was es geht. Es war möglicherweise ein Fehler, da mitzumachen."

Dazu "ttt": "Ein Fehler, also, das war es wohl tatsächlich. Nationalgefühl per Marketing - so einfach läßt sich die Frage der deutschen Identität nicht klären."

Gut beschrieben. Und ein Kommentar dazu ist überflüssig. Bleibt nur noch die Frage, warum sich in unserem Land sofort jeder Promi-Depp für so einen Schwachsinn zur Verfügung stellt, ohne vorher mal darüber nachzudenken, um was es eigentlich geht. Schön, daß inzwischen wenigstens unser greiser Literatur-Papst den Mut aufbringt, seinen Fehler offen einzugestehen.

Viel schlimmer sind ja Leute wie der ohnehin maßlos überschätzte Günther Jauch. Wer den letzten "Scheibenwischer" nicht gesehen haben sollte: Dort wurde ein Ausschnitt gezeigt, in dem der oft dümmlich-schnoddrig brabbelnde Multimillionär, der als TV-Moderator jährlich mehr als der Chef der Deutschen Bank verdient, mit aufgesetzt bedächtiger Mine ins Mikrophon stammelt:

Zitat:
Zitat von Günther Jauch

Jammern wird mit der Zeit langweilig. Und alles immer auf die Verhältnisse zu schieben oder auf die Gesellschaft oder auf den Staat, immer auf irgendwelche finsteren anonymen Mächte, äh, das ist nicht der Weg, um, um den Karren wirklich wieder flottzukriegen. Ich glaube, daß so ungeheure Möglichkeiten jeder Einzelne von uns hat. Und wenn wir im Kopf einfach einen Schalter umlegen und sagen: So, jetzt, jetzt probier' ich das für mich selbst, äh, und häng' mich noch mal richtig rein ..."
Bruno Jonas brach an diese Stelle genervt den Ausschnitt ab, war danach auch ratlos und fragte sich nur, wer wohl "bei ihm den Schalter umgelegt hat". Und gleich darauf jovial: "Ich kenne ihn. Günther, wird schon wieder - toi, toi, toi."

Jauch sollte sich freuen, daß der eher freundliche Kabarettist noch relativ harmlos auf die bescheuerten Äußerungen des Prototyps einer dieser aalglatten deutschen Medien-Nutten reagiert hat, die von uns entweder über die GEZ oder durch unsere inzwischen ebenso kranken Einschaltgewohnheiten finanziert werden. Auch darüber sollten wir mal nachdenken.

Gruß Ben