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19. September 2005, 23:30   #63
Ben-99
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... für Merkel trifft längst das zu, was im Englischen so schön als "Dead Man Walking" bezeichnet wird: Ein Todeskandidat, der sein Schicksal noch nicht ahnt. Aber ihre Uhr ist abgelaufen. Jetzt kommt es nur noch darauf an, welcher Parteifreund ihr das schonend beibringt.

Wie ich schon von Anfang an betont habe: Eine solche Frau hätte nie als Kanzlerkandidatin aufgestellt werden dürfen. Denn: Sie kann es einfach nicht, konnte ihre angeblichen "Fähigkeiten" auch noch nie unter Beweis stellen. Seit wann wird ein Praktikant zum Konzernchef gewählt? Mit einem(r) anderen Spitzenkandidat(in) hätte es Schwarz-Gelb aber durchaus schaffen können, Rot-Grün mit überwältigender Mehrheit aus dem Amt zu fegen.

Nur, woher nehmen, wenn Kohl, der sich zum Schluß wie ein Kaiser fühlte, vorher schon die Besten weggeekelt hatte, nur weil er in seiner am Ende selbstgefälligen gottähnlichen Art ihre konstruktiven gutgemeinten Ratschläge nicht ertrug?

Und was hier über Schröders gestrigen TV-Auftritt geschrieben wurde, habe ich genauso empfunden. Dabei war er mir bisher als Mensch in seiner jovialen Art gar nicht mal unsympathisch. Aber diese Überheblichkeit, die er sich gestern geleistet hat, wirkte nicht nur auf Euch und mich extrem widerlich. Denn genauso haben nach einer ZDF-Umfrage auch die meisten Zuschauer reagiert, die Schröders Auftritt als abstoßend empfanden. Noch nie hat sich der einstige "Medien-Kanzler" nach einem vermeintlichen "Triumph" so tief in die Scheiße geritten.

Aber das kommt davon, wenn man wie Schröder nicht nur die SPD zu einer zweiten CDU gemacht hat, sondern auch noch die unkluge Angewohnheit von Helmut Kohl übernimmt, nicht auf seine Berater hören zu wollen, die gestern anscheinend keine Chance hatten, den aus rein formalen Gründen noch amtierenden Deutschen Kanzler in seiner Großkotzigkeit zu stoppen.

Spätestens jetzt sollte allen traditionellen SPD-Wählern klargeworden sein, daß dieser Mann nie wirklich das Format für einen Kanzler hatte. Der, der ihm damals dabei geholfen hatte, den Thron zu erklimmen, hieß Oskar Lafontaine, ein Mann, der ihm an Intelligenz, Bildung in wirtschaftlichen Fragen, politischer Weitsicht und vor allem an Gespür für die Nöte der Normalbürger schon immer haushoch überlegen war, hatte damals zugunsten des "telegeneren" Parteikollegen auf die Kanzlerkandidatur verzichtet.

Und natürlich hatte er seinem Freund Schröder vertraut, daß er sich an die vorher getroffenen Abmachungen hält. Denn daß Oskar als Chef der wichtigsten Ministerien vorhatte, nach 16 Jahren endlich auch mal den Wirtschaftsbossen auf die Füße zu treten, war eine Selbstverständlichkeit. Denn sonst hätte das Volk nicht Helmut Kohl abwählen müssen, so daß die damals durch und durch korrupte CDU auch noch weitere Jahrzehnte als Lakai-Partei der Konzerne hätte weitermachen können, um für die stetige Umverteilung von unten nach oben zu sorgen, wobei immer auch ein paar Groschen für sie selbst abfällt. Im Fall des Christlich-Korrupten Holger Pfahls waren es sogar ein paar Millionen, die ihm ein windiger Waffen-Schieber zahlte. Aber man konnte ja sehen, wie schnell der wieder aus dem Knast herauskam, nachdem der Oggersheimer, selbst als Krimineller überführt, so fürsorglich für ihn ausgesagt hatte ;-)

Schröder fand es aber vom ersten Tag an geil, sich von der Industrie umgarnen zu lassen und zeigte schon kurz darauf sein wahres Gesicht, indem er seinem getreuen Weggenossen fühlen ließ: Haste Pech gehabt, Oskar. Aber als König von Deutschland gehen mir unsere früheren Vereinbarungen am Arsch vorbei. Nimm Dir doch auch was von dem schönen Kuchen. Genieße Deinen Job als Super-Minister. Aber vergiß' endlich mal dieses miefige Gerede von Chancengleichheit, sozialer Gerechtigkeit und diesem ganzen Quatsch, mit dem wir vorher die Leute verarscht haben. Wir sind doch jetzt oben. Und um oben zu bleiben, ist es wichtig, mit den mächtigsten Wirtschafts-Bossen zu kuscheln. Also, schmink' Dir ab, daß ich Dich als Wirtschafts- und Finanzminister dabei unterstütze, eine sozialdemokratische Politik zu betreiben.

Danach hat Oskar Lafontaine das einzig Richtige gemacht, das man von einem Mann mit Prinzipien erwartet, wenn er fühlt, daß er einem Lügner und Betrüger aufgesessen ist: Er trat von allen seinen Ämtern zurück und prophezeite seinem einstigen Verbündeten, daß er mit diesen schäbigen Charaktereigenschaften noch mal irgendwann gewaltig auf die Fresse fallen und dabei die gesamte SPD, eine Partei, die das nicht verdient hat, diskreditieren wird.

Und genauso ist es ja dann auch gekommen. Schröder hat in allem versagt, was er dem Volk vollmundig versprochen hatte. Und er hat sich mit falschen Fuffzigern wie Joseph Fischer verbrüdert, der die Basis seiner Partei genauso verarscht, nur um möglichst lange seinen fetten Arsch auf der Regierungsbank festzutackern.

Glaubt also nicht an den Quatsch, den Euch Blätter von BILD bis SPIEGEL seit Jahren einimpfen wollen: Oskar Lafontaine ist kein Feigling, der Verantwortung scheut. Er hat damals genau das gemacht, was auch die meisten von uns gemacht hätten: Er war konsequent und ließ sich auch von Schröder nicht bestechen, der danach ein unterwürfiges Weichei wie Eichel als neuen Finanzminister geradezu verdient hat.

Im Prinzip bin ich nach wie vor ein Sympathisant der Sozialdemokraten und ich will auch nicht, daß man diese große Volkspartei zugrunde richtet. Wer aber das dümmliche Gejubel der Parteisoldaten gestern im Fernsehen mitbekommen hat und dann auch noch einen Schröder erlebte, der in seiner abstoßenden Überheblichkeit den enttäuschten Wählern ein zweites Mal klargemacht hat, daß sie nur auf einen Scharlatan hereingefallen sind, sollte aus allen Ämtern gejagt werden, weil dieser Mensch unser Vertrauen nicht länger verdient.

Die Deutschen haben gestern mit der Abstrafung von Angela Merkel richtig entschieden. Und bei der nächsten Wahl können sie dann hoffentlich auch wieder guten Gewissens eine SPD wählen, die sich regeneriert hat und in der es Volksversdummer wie Gerhard Schröder hoffentlich so schnell nicht mehr geben wird.

Gruß Ben