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29. June 2002, 06:41   #1
jupp11
 
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USA - Riesendopingskandal befürchtet

Zitat:
"Die Jagdsaison ist eröffnet"


München/London - Dem US-amerikanischen Sport droht ein gigantischer Skandal. Zahlreiche Medaillengewinner der Olympischen Spiele von 1992 in Barcelona und 1996 in Atlanta sollen gedopt gewesen sein.


Das behauptet Dr. Wade Exum, bis vor zwei Jahren Chef-Dopingfahnder des Nationalen Olympischen Komitees der USA (USOC).

Was die Sache noch schlimmer aussehen lässt, ist die Behauptung, dass positiv getestete Athleten mit Wissen des USOC zu den Spielen entsandt wurden.

Sechs von sieben Tätern kommen ungestraft davon

Am kommenden Samstag will Exum nun mit seinem über die Jahre gesammelten Belastungsmaterial vor Gericht gehen. Namen gab der Arzt bislang nicht bekannt. Nur soviel: Es seien "auch Olympiasieger darunter".

Im Gespräch mit der Londoner "Times" geht Exum mit seinem ehemaligen Arbeitgeber hart ins Gericht: "Deren Anti-Doping-Programm ist nichts anderes als groß angelegte PR."

Selbst als Spitzenwert wurden in seiner Amtszeit bestenfalls 50 Prozent der positiv getesteten Athleten vom USOC mit Sperren belegt. Zuletzt sei es gerade mal jeder siebte gewesen.

USOC beschlagnahmt Beweismaterial

Bereits im Juni 2000 ging Exum einmal vor Gericht. Sein Vorwurf lautete damals, das USOC würde "Athleten vorsätzlich dazu ermutigen, zu dopen, ohne Beeinträchtigungen der Gesundheit überhaupt nur in Erwägung zu ziehen."

Zu einer Verhandlung kam es nicht. Rechtsanwälte des USOC beschlagnahmten Exums Unterlagen, unter dem Vorwand, Kopien des Materials anfertigen zu wollen. Erst im vergangenen Monat gelangten die "heißen" Akten, etwa zwanzig Kartons voll, zurück in Exums Hände.

US-Medien-Riesen schalten sich ein

CNN, CBS, "USA Today", "The Chicago Tribune" und andere große amerikanische Medienorgane hatten die Herausgabe des Belastungsmaterials durch das USOC im Mai diesen Jahres erstritten.

Das Gericht legte dem USOC zur Last, für die Öffentlichkeit bestimmte Informationen unrechtmäßig zurückzuhalten.

Exum kann zahlreiche Olympia-Helden belasten

Gespannt wartet man in den USA auf die Öffnung der Kisten. Zehn oder zwölf Athleten will der Doping-Experte benennen können, die trotz positiver Testergebnisse 1992 in Barcelona starteten und dort auch olympische Medaillen gewannen. Außerdem erinnert er sich an Doping-Fälle bei Leichtathleten, die 1996 in Atlanta zu Sporthelden aufstiegen.

"Das USOC hat sich immer auf die Seite des betroffenen Athleten gestellt, keine Sanktionen verhängt und das IOC, die IAAF oder andere internationale Verbände als den 'bad guy' hingestellt", so Exum.

Nicht nur auf die 92er und 96er Spiele dürften die Enthüllungen des Wochenendes ein schlechtes Licht werfen. Ein weiterer Fall eines Mitglieds des amerikanischen Leichtathletik-Teams wird durch Exums Initiative auf die Tagesordnung geraten.

Olympiasieger von Sydney im Fokus der Fahnder

Hinter dem Kürzel "USOC13" verbirgt sich ein Goldmedaillengewinner der Spiele von Sydney 2000. Der Code repräsentiert eine Probe, die ein positives Ergebnis erbrachte.

Bei einem Meeting der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) Anfang Juni verdichteten sich die Anzeichen, dass "USOC13" im US-Staffel-Team zu suchen und zu finden sei. USA Track and Field (USATF), der amerikanische Leichtathletik-Verband, weigerte sich bislang standhaft, die Identität des betroffenen Athleten zu enthüllen.

Hindernisse auf dem Weg zum CAS

Der Fall "USOC13" wird seinen Weg vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) machen, wo die IAAF versuchen wird, Druck auf das US-Komitee auszuüben. Laut Welt-Leichtathletikverband haben die Amerikaner kein Recht, den Athleten zu schützen.

"Wir haben Grund zur Annahme, dass es weitere Fälle gibt", so IAAF-Vizepräsident Arne Ljungqvist. Laut Informationen der "Times" soll es sich um fünf weitere Positiv-Getestete handeln.

Wann man sich vor dem Kadi treffen wird, steht noch in den Sternen. Die USATF erweist sich als überaus unkooperativ.

Pound attackiert US-Verbände



Für Dick Pound, ehemaliger IOC-Vize und jetztiger WADA-Vorsitzender, keine Überraschung: "USATF ignoriert permanent die Regeln. Zudem lassen sie das IOC stets im Unklaren über ihre Laborergebnisse."

Schaden für die olympische Bewegung erwartet Pound von Exums Enthüllungen nicht, eher das Gegenteil. "Ich hasse die Vorstellung, dass das USOC an einer systematischen Verschleierung beteiligt ist. Aber wenn es wahr ist, dann müssen wir das wissen", so Pound.

Und ihm ist klar: "Die Jagd ist eröffnet auf alle Betrüger und die, die sie unterstützt haben."

"Gold ist das nicht mehr"

Ihre Medaillen werden die "Betrüger" von 1992 bis 1996 behalten dürfen. Nur innerhalb von drei Jahren nach Ende einer olympischen Veranstaltung können Korrekturen an den Ergebnissen vorgenommen werden.

Doch die Folgen für die überführten Doper sind klar, wie es Pound auf den Punkt bringt: "Was auch immer von ihren Hälsen baumelt, - Gold ist das nicht mehr."

Oliver Wittenburg
Immerhin wäre es ein Erfolg, wenn wenigstens in den grossen Ländern die Sportler, die betrügen, Einnahmeneinbussen zu befürchten hätten.

Dass damit allerdings DER grosse Schlag gegen das Doping gelingen wird, wage ich tunlichst zu bezweifeln.