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21. August 2007, 18:47   #89
Ben-99
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Dem Opfer nahmen das nach der Sendung nicht wenige übel. Nur wenige Minuten später waren österreichische Internet-Blogs von jenen Stimmen dominiert, die Kampusch Verstellung vorwarfen: "Auswendig gelernt" sei ihr Part im Interview, "bestellt und aufgesetzt", überhaupt wolle sie ja nur "Kohle verdienen".

Es ist das altbekannte Nörgler-Schema: Klar sind acht Jahre Gefangenschaft schlimm, furchtbar, unglaublich, aber irgendwann ist ja auch mal Schluss, Ende, Feierabend. Muss man sich deshalb jetzt so benehmen? Die überaus kritischen Zuschauer zumindest werden dies ihrerseits allerdings nicht beantworten können, kamen sie doch höchstwahrscheinlich noch nicht in die Verlegenheit, diverse Jahre in einem Fünf-Quadratmeter-Kellerverlies zu verbringen. Kampusch: "Die sehen mich als Celebrity, nicht als Opfer."

Natascha Kampusch im ORF: Die entfernte Bekannte
... das ist aus einem ansonsten recht ordentlichen "Spiegel-Online"-Beitrag über die aktuelle Folge der "Natascha-Show", die gestern wieder von den "Partner-Sendern" ORF und RTL ausgestrahlt wurde. Was ich nur nicht verstehe: Warum plappern die Journalisten grundsätzlich alles nach, was Ihnen Natascha erzählt? Bekanntlich ist niemand von ihnen dabeigewesen, und der einzige Mensch, der möglicherweise Wahrheit von Dichtung unterscheiden könnte, hat sich unmittelbar nach ihrer angeblichen "Selbstbefreiung" vor den Zug geworfen.

Doch man sollte sich hüten, die Selbsttötung leichtfertig als Schuldanerkenntnis zu werten. Schließlich kann nichts ausgeschlossen werden. Auch nicht die Möglichkeit, daß der vermeintliche "Entführer", denn nicht mal das ist erwiesen, in Absprache mit seinem angeblichen "Opfer" gehandelt hat. Vielleicht hat er sie bewußt nach Vollendung ihres 18. Lebensjahres freigelassen, war sich aber gleichzeitig darüber im klaren, daß die wahre Geschichte niemand verstehen, akzeptieren oder gar gutheißen würde und wählte daher den Freitod.

Was würde ein Richter in einem solchen Fall machen, wenn es keine weiteren Zeugen gibt und man nur die Aussagen einer auf mysteriösen Weise als Kind verschwundenen jungen Frau verwerten kann? Man sucht nach Indizien und vergleicht sie mit den Behauptungen des angeblichen Opfers. Und dann würde jeder Richter stutzig werden: Warum nimmt ein 8jähriges Kind, das doch wie gewohnt nur zur Schule will, an diesem Morgen seinen Reisepaß mit? Wie ist es möglich, daß ein angeblich über Jahre in einem "Kellerverlies" gefangengehaltenes Kind nur durch ständiges Radio-Hören zu einer gebildeten Frau heranreift, die rhetorisch sogar den meisten Gleichaltrigen mit abgeschlossener Schulausbildung überlegen ist?

Wie kann es angehen, daß Nachbarn aussagen, daß Natascha Kampusch oft unbewacht und guter Dinge im Garten zu sehen war, so daß sie angenommen hatten, es sei halt die neue Freundin des seinerseits auch noch recht jugendlich aussehenden Hausbesitzers? Und der Ski-Urlaub? Die Kino-Besuche? Wie oft hat sich das "Paar" vielleicht sonst noch ganz normal in der Öffentlichkeit bewegt, so daß Natascha schon früher hätte jederzeit "flüchten" können? Daß er sie angeblich eingeschüchtert hat, indem er stets Todesdrohungen aussprach, "wissen" wir nur von Frau Kampusch, die genauso gut auch eine notorische Lügnerin sein kann. Eine Kostprobe hatte sie den Medien ja bereits geliefert, als sie den Ski-Urlaub zunächst eiskalt leugnete.

Und weil ihr Peiniger so furchtbar war und ihr auf grausame Weise so viele Jahre ihres Lebens gestohlen hat, mußte sie natürlich auch unbedingt in die Leichen-Halle, um sich am Sarg von ihm zu "verabschieden". Dazu "paßt" natürlich auch, daß sie nun auch noch ausgerechnet das Haus kaufen will, in dem sie angeblich ein jahrelanges Martyrium erlebt haben will.

Aber es liest sich natürlich viel dramatischer, wenn man als Journalist weiterhin so tut, als wären Nataschas Erzählungen die reine Wahrheit und sie sei tatsächlich "diverse Jahre in einem Fünf-Quadratmeter-Kellerverlies" eingepfercht gewesen. Das ist die Grundbehauptung, die uns alle Zeitungen, von "Bild" bis "Spiegel", eintrichtern wollen. Ich sage: Es kann schon deshalb nicht stimmen, weil nicht nur der gesunde Menschenverstand, sondern auch die Indizien dagegen sprechen. Und ich bin mir ganz sicher, daß schon bald neue Fakten auftauchen werden, die die merkwürdigen Märchen des mammon- und mediengeilen Mädchens in ein ganz anderes Licht tauchen werden.

Gruß Ben


[edit]

Was Sacki zum Fall "Stephanie" aus Dresden schreibt, kann ich nur unterstreichen. Da wirkt nichts unglaubwürdig, da kommt wirklich Abscheu und Ekel auf - gegen einen Täter, der sein perfides Verbrechen akribisch geplant hat, und man kann sich vorstellen, welche höllischen Qualen diese junge Frau durchlitten haben muß.