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11. September 2002, 13:40   #38
tw_24
 
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Wie man einigen Beiträgen von mir zum Thema Irak entnehmen konnte, gehöre ich - schweren Herzens - zu denen, die einen Krieg gegen Saddam Hussein nicht ablehnen. Zugleich bin ich mir aber der Risiken bewußt, die mit einem Krieg verbunden sind. Es gibt viele Argumente gegen einen Krieg, es gibt aber auch viele Argumente, die gegen Saddam Hussein sprechen - und ich bin wirklich froh, daß ich nicht der Richter sein muß, der darüber entscheidet, was nun das geringere Übel ist. (Wobei ich hier nun stillschweigend auch schon voraussetze, daß eine solche "Entscheidungssituation" überhaupt besteht.)

Grundsätzlich spricht gegen eine kriegerische Konfliktlösung, daß weder Verlauf noch Ausgang einer bewaffneten Auseinandersetzung planbar sind. Sicher ist dagegen, daß es menschliche wie auch rein materielle Verluste geben wird (, deren Ausmaß allerdings auch nicht vorhersagbar ist).

Und betroffen wären sicher auch nicht nur das potentielle Kriegsgebiet, sondern mindestens indirekt auch der Rest der Welt. Zum Beispiel allein schon dadurch, daß unheimlich viel Geld in Waffensysteme gesteckt wird, für das es sinnvollere Verwendungen gibt.

Sicher ist auch, daß es völkerrechtlich mehr als umstritten ist, ob es zulässig ist, sich militärisch zu engagieren, um einen Diktator - auch hier wieder die Frage: Wer soll definieren, was ein Diktator ist? - zu stürzen. Als der Kalte Krieg in weiten Teilen der Welt den Frieden sicherte, sprach man von "friedlicher Koexistenz" und der "Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten".

Andererseits stellt sich hier nun die Frage, ob es moralisch noch zulässig ist, einfach zuzuschauen, wenn ein Diktator (oder meinetwegen auch ein Demokrat - siehe Österreich -) Dinge tut, die eigentlich abzulehnen sind. Oder, wenn denn schon versucht wird, mäßigenden Einfluß auszuüben, welche Mittel sind angemessen?

Hier gibt es mit der UNO eigentlich eine Organisation, die als überstaatliche Instanz darüber entscheiden könnte - dafür wurde sie ja auch geschaffen.

Leider sieht es aber so aus, daß die UNO mittlerweile weder von den USA noch von der BRD als "letzte" Instanz ge- oder beachtet wird - mit ausdrücklicher Billigung unserer pazifistischen Regierung verabschiedete sich schließlich auch noch die NATO davon, nur mit UNO-Mandat zu agieren.

Die USA kümmern sich erklärterweise nur noch dann um die UNO, wenn diese die "passende" Haltung vertritt, und Noch-Kanzler Gerhard Schröder erklärte, selbst eine finanzielle Beteiligung an einem möglicherweise von der UNO gebilligten "Tyrannenmord" sei ausgeschlossen - daß der gleiche Kanzler wenige Wochen zuvor deutsche "Blauhelme" nach Israel schicken wollte, entlarvt die neuen "Pazifisten" als verlogene Wahlkämpfer (und als verkappte Antisemiten, doch das will ich hier mal bewußt nicht diskutieren).

Und da sind wir beim eigentlichen (?) Problem angekommen: Wie glaubwürdig sind die, die nun gegen einen Krieg gegen den Irak wettern?

Die US-Regierung - auch im Wahlkampf - macht sich die Entscheidung sichtlich nicht einfach. Natürlich gibt es da die "Falken", doch es gibt auch viele Bedenkenträger. Cowboy George hat die "Pazifisten" direkt vor seiner Nase sitzen, denen Menschenrechte zweifellos völlig gleichgültig sind.

Es geht, und da herrscht wohl Konsens, um Öl - und zwar um "unser Öl", auf das die USA einerseits und EU-ropa andererseits Anspruch erheben. Das macht auch das Geschrei des Noch-Kanzlers Gerhard Schröder deutlich, der das Thema zusätzlich noch für seinen Wahlkampf ausschlachtet.

Wenn er und sein grüner Wurmfortsatz Joseph Fischer sich nun nicht auf "Abenteuer" - Kriege sind immer "Abenteuer" mit offenem Ausgang - einlassen wollen, wenn sie gar die "Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten" wieder als Argument hervorkramen, wirken sie gänzlich unglaubwürdig.

Als es Ende 1998/Anfang 1999 darum ging, ohne UNO-Mandat der "Schlächter von Belgrad" zu entsorgen, waren ihnen diese Argumente auch völlig egal - empfehlenswert ist hier mal die Lektüre der Reichstagsdebatten vom 19.11.1998 und 25./26.03.1999; ich werde morgen mal ein paar ausgewählte Äußerungen unseres politischen Personals bringen.

Die Debatte wird in Deutschland nur als Wahlkampfthema mißbraucht, die - berechtigte - Angst vor einem Krieg ebenfalls nur instrumentalisiert, um an der Macht zu bleiben. Dafür riskiert die Noch-Regierung auch den Bruch mit der UNO, mit der NATO und auch innerhalb der EU - denn dort herrscht ja auch ein eher "gemischtes" Meinungsbild. Für Gerhard Schröder mußte ein "deutscher Weg" her, wo es früher "Ehrensache" war, an der Seite der USA zu stehen, wird von der SPD und "Bündnis 90/Die Grünen" ganz offener Anti-Amerikanismus gepredigt, um ein paar Stimmen bei der Wahl zu bekommen - glaubwürdig als "Friedenspartei" ist (noch) allein die PDS.

Wie auch immer, unmittelbar steht ein Irak-Krieg gar nicht bevor, und "unvernünftig" handelt höchstens die deutsche Noch-Regierung, denn durch ihre Sturheit hat sie sich jeder Einflußmöglichkeit auf die Entwicklung beraubt - während gerade heute alle "Staatsmänner" die Gelegenheit nutzen, bei George W. Bush vorbeizuschauen und auch diese Frage zu besprechen, ist für Joseph Fischer nur eine kurze Visite geplant, während Gerhard Schröder öffentlich Krokodilstränen in der Hauptstadt vergießt - überzeugender könnte die Entfremdung zwischen USA und BRD kaum symbolisiert werden.

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Ist Innenpolitik das neue Thema, tw_24?
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Der Irak stellt eine Bedrohung im Nahen Osten dar, der Diktator in Bagdad finanziert den anti-israelischen Terrorismus, während die eigene Bevölkerung verreckt - und das nun nicht ausschließlich wegen der dennoch massenmörderischen UNO-Sanktionen. Allein das sollte ausreichen, etwas gegen Saddam Hussein zu unternehmen. Mindestens sollte dies aber dazu ausreichen, sich nicht ausdrücklich mit ihm zu solidarisieren, wie es aber die deutsche Regierung tut, die mit ihrer Haltung auch innerhalb der EU isoliert ist.

Der vielgescholtene Fallschirmjäger Möllemann hatte einmal die Idee geäußert, nach dem Vorbild der KSZE (Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) eine Organisation für den Nahen Osten zu gründen, in der sich dann Diktatoren und Demokratien friedlich miteinander unterhalten könnten. Ob sich Saddam Hussein darauf einlassen würde, ist zwar fraglich bis unwahrscheinlich, doch das war bisher der beste Vorschlag, den das deutsche politische Personal bisher gebracht hat.

Die Fundamentalopposition gegen die USA ist jedenfalls auch falsch (und auch ziemlich unlogisch: Einerseits wird beklagt, die USA würden sich isolieren, zugleich aber ruft man einen "deutschen Weg" aus ...).

Also, ich tendiere zwar eher zu Verbundenheit mit der US-Politik in dieser Frage, habe aber auch Verständnis für die gegenteilige Ansicht. Ich weiß nicht, was richtig ist, und noch viel weniger weiß ich, ob eine "Befreiung" des Iraks sicher nicht unerhebliche "Kollateralschäden" rechtfertigen würde. Allerdings weiß ich, was ich von SPD und "Bündnis 90/Die Grünen" zum Thema zu halten habe.

Nämlich gar nichts. Aber das ist wieder eine andere Frage ;-).

Mein antideutscher Oberguru Hermann L. Gremliza formulierte es so:
Zitat:
Zitat von Hermann L. Gremliza
Ein Kerl muß eine Meinung haben [..]. Die meine geht so: Der geplante Krieg gegen den Irak wäre ein weiteres Verbrechen, aus denen die Militärgeschichte der USA seit fünfzig Jahren besteht; seine Motive sind bösartig, ungewollte positive Nebenwirkungen nicht zu erwarten; er endete mit vielen Toten und einem anderen Saddam, der tut, was man ihm sagt. Bösartiger noch als die Motive der USA sind die der Bundesregierung, auf deren 'deutschem Weg' (Schröder) die Heiligen Krieger gegen Juden und Amerikaner marschieren. Sein Ziel ist nicht Frieden, sondern Krieg zu anderer Zeit an anderem Ort gegen andere Feinde.

(Quelle: konkret, 09/02, S. 9.)
Das ist auch meine Meinung, von der ich aber nicht behaupten möchte, daß sie die alleingültige Wahrheit widerspiegelt ;-).

Ich bin kein begeisterter Bellizist, aber eben auch kein Pazifist um jeden Preis. Aber ich bin froh, daß ich a) nicht die Entscheidung treffen und b) auch nicht an die (mögliche) Front ziehen muß. Denn Kriege sind Unsinn.

MfG
tw_24