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16. September 2002, 06:47   #47
tw_24
 
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Vorsicht, das wird ein langer Text, aber auf ein paar Argumente muß man halt ausführlicher eingehen, ein paar andere kommen später auch noch dran ;-).

Zitat:
Zitat von Darknesz
Auch die ganze Propaganda in Amerika gegen den Irak erinnert mich dann doch ein bisschen an Methoden eines gewissen Adolf H. der uns aus dem 2. Weltkrieg bekannt ist.
Dazu wüßte ich dann doch gern noch etwas mehr ;-). Wenn ich mir anschaue, wie im Dritten Reich propagandistisch der Überfall auf Polen vorbereitet wurde - manche Bibliotheken sind auch noch ganz gut mit historischen Tageszeitungen ausgestattet -, würde ich da nämlich durchaus ein paar Unterschiede sehen.

Zunächst sind die us-amerikanischen (und auch die deutschen) Medien verglichen mit der damaligen Lage weitaus weniger "gleichgeschaltet", eine zentrale Steuerung findet, auch wenn sich Regierungen durchaus darum bemühen sollten, nicht statt, und es gibt auch eine nicht zu unterschätzende "Gegenöffentlichkeit", die vom Mainstream abweicht und unbequeme Fragen stellt.

Beispielhaft - und in Teilen der Form und der Rechtschreibung wegen eher abschreckend ;-) - wird etwa bei Indymedia aus linker Sicht der mögliche Konflikt diskutiert (http://de.indymedia.org/2002/08/27211.shtml); daß sich dabei dann auch die verschiedenen "Fraktionen" mal wieder eher mit sich selbst befassen, als mit der ursprünglichen Thematik, möchte ich lieber nicht kommentieren, da ich zu den bösen und auch noch zitierten Antideutschen gehöre und daher nicht ganz unbefangen bin ;-). Aber es gibt sie jedenfalls, die kritischen Stimmen - und vor allem eine offene Diskussion.

Und auch die politische Rechte macht es sich nicht unbedingt einfach - in der Jungen Freiheit sind sich die Kommentatoren zum Beispiel auch nicht darüber einig, ob sie nun die US-Regierung wegen ihrer "Ignoranz" internationaler Organisationen loben oder verdammen sollen - aus völkisch geprägter Sicht muß das auch wirklich ein schwieriger Prozeß der Positionsfindung sein ... (Einerseits nämlich muß das Selbstbewußtsein der US-Administration als vorbildlich empfunden werden, andererseits ist es aber aus rechter Sicht zu bedauern, daß es eben die USA sind, die so ihre Weltmachtposition wahren und nicht etwa ein von Deutschland dominiertes Europa.)

Selbst die "normale" Presse bietet kein einheitliches Meinungsbild. Während etwa die (eher links-alternative) taz auf Friedenskurs ist, wird in der FAZ beinahe täglich die "uneingeschränkte Solidarität" mit den USA eingefordert (Nach dem Motto: Nur wer mitmacht, kann auch Einfluß ausüben und wird dann wirtschaftlich auch an der Beute beteiligt werden, "Solidarität" wird hier aber auch nur als Schlagwort gebraucht, um in Wahrheit nationale Interessen zu verteidigen.).

In den US-Medien dürfte die Lage ähnlich sein, auch wenn die US-Regierung einen anderen Kurs fährt als die deutsche. Die NY Times etwa brachte durchaus regierungskritische Beiträge, und diverse "Edelfedern" (Noam Chomsky, Norman Birnbaum ...) tippen sich seit Monaten die Finger wund - selbst Henry Kissinger, der ja wahrlich keine Friedenstaube ist, spielt nun öffentlich den Bedenkenträger.

Also, einseitig manipuliert wird vielleicht in BILD, doch eine wirksame staatliche Zensur findet (noch?) nicht statt - wer sich eine eigene Meinung bilden will, darf sich halt nicht nur unkritisch auf eine einzige Quelle verlassen ;-).

Zitat:
Zitat von TheRebell
Amerika hat einfach nicht das Recht, andere Länder anzugreifen! Egal wie schrecklich der Diktator ist! Wenn es dem Volk so schlecht geht, dann wird es schon eine Revolution geben!
Trefflich formuliert, doch andererseits ist es auch recht leicht, hier zu kontern.

Hatten die USA das Recht, sich im Ersten Weltkrieg zu engagieren? War es nicht auch ein Segen, daß sie sich mit Hitler-Großdeutschland anlegten, um am Ende Westeuropa ein paar Jahrzehnte Stalinismus zu ersparen? Und - aber das ist wirklich eine zu einfache Argumentation - hätte etwa der Holocaust verhindert werden können, wenn etwa 1934 der Führer mitsamt Anhang militärisch ausgeschaltet worden wäre? Mußten erst Millionen Menschen geopfert werden, um das verbrecherische nationalsozialistische Regime zu bekämpfen, wo Hitlers Mein Kampf doch wirklich recht "auskunftsfreudig" war? Zeigt nicht auch die Machtlosigkeit der durchaus existierenden innerirakischen Opposition, daß ein Wandel zum Besseren (Revolution) nicht automatisch geschieht? ("Wenn es dem Volk so schlecht geht, dann wird es schon eine Revolution geben!")

Selbst die Nürnberger Prozesse waren, nach klassischem Rechtsverständis, Unrecht, denn die Täter wurden nach Gesetzen behandelt, die erst nach den Taten erlassen wurden - sie, die Urteile, verstießen damit eindeutig gegen das Rückwirkungsverbot, doch niemand würde heute an ihrer Rechtmäßigkeit zweifeln, oder?

Nun gibt es aber mit Saddam Hussein mal wieder einen unberechenbaren Diktator, der den großen Friedensengel spielt, seine Aggressivität aber schon mehrfach bewiesen hat - einmal durchaus auch als willkommene Marionette des Westens, als es nämlich gegen den Iran ging. Soll nun aber erst abgewartet werden, bis dieser Diktator wieder über Massenvernichtungswaffen verfügt und sie einsetzt, um ihn erst dann in die Schranken zu weisen?

Zitat:
Zitat von TheRebell
Und die [Revolution] kann man dann unterstützen und ein Auge drauf haben, das die Neuen Herrscher nicht so werden wie die Alten!
Was aber ist, wenn der Diktator die Opposition so geschwächt hat, daß ein Umsturzversuch nur von außen erfolgen kann, wenn gar die Opposition ausdrücklich darum bittet?

Natürlich geht es den USA nicht darum, irgendwelche Iraker aus den Kerkern des Regimes zu befreien, sondern in der Tat um den Zugriff auf die irakischen Ölvorräte - denn anzunehmen ist, daß im Gefolge eines erfolgreichen Sturzes des Regimes in Bagdad us-amerikanische Firmen sich die Rechte an den Rohstoffquellen sichern würden und Europa dann in dieser Hinsicht mächtig alt aussähe.

Ein Krieg gegen den Irak würde auch nicht geführt werden, um etwa Israel zu "entlasten", doch wenn nun die EU meint, eben ein solcher Krieg könnte die Existenz Israels bedrohen, drängt sich die Frage auf, ob die EU-Antisemiten denn erst darauf warten wollen, bis Saddam Hussein wieder über Waffen verfügt, um den ungeliebten Judenstaat ernsthaft zu bedrohen - und wie würden sie wohl dann argumentieren? Im Moment finanziert er "nur" Selbstmord-Massenmörder, darf seinem Regime erlaubt werden, über Massenvernichtungswaffen frei zu verfügen?

Zitat:
Zitat von Darknesz
naja... erst draufhaun, dann nachdenken!
Wäre das so, dann gäbe es vermutlich schon Krieg. George W. Bush mag vielleicht ein Cowboy sein, doch er hat da ja noch ein paar Berater, die scheinbar bremsend auf ihn einwirken. Und gerade auch die US-Wirtschaft wirkt da eher hemmend, denn sie stellt ganz einfach die Frage nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis. Aus dieser Richtung werden nämlich sehr wohl auch die möglichen Konsequenzen auf die wirtschaftlichen Beziehungen zu anderen Staaten im Nahen Osten betrachtet. Käme es etwa zu einer Änderung der Machtverhältnisse in Saudi-Arabien, wenn der Irak angegriffen würde, könnte es ganz schnell aus sein mit der guten und gewinnbringenden Zusammenarbeit.

Zitat:
Zitat von EyeWitness
Also schonmal gut zu wissen, daß Du überhaupt nicht aufgepaßt hast, denn der Irak hat mit Terror nichts zu tun.
Der irakische Diktator gehört durchaus zu den Unterstützern des palästinensischen Terrorismus in und gegen Israel - womit ich jetzt aber nicht jede Handlung von Palästinensern, die sich gegen das israelische Besatzungsregime richtet, als Terrorismus bezeichnen will. Die Familien von Selbstmordattentätern jedenfalls bekommen durchaus ansehnliche "Kopfprämien" um über den Verlust eines Sohnes oder einer Tochter hinwegzukommen.

Und das ist taktisch auch gar kein unkluger Schachzug von Saddam Hussein - er hatte sich ja schon 1991 als "Freund der Palästinenser" präsentiert, obgleich er das sicher gar nicht ist. Auch er mißbraucht sie und ihr Schicksal nur als eine Art "Lebensversicherung". Griffen die USA, die in der Region immer in einem Atemzug mit Israel genannt werden, Irak an, würde Israel in Flammen aufgehen - einerseits gäbe es wahrscheinlich eine neue Terrorismuswelle, deren Ausmaß heute wohl niemand erahnen kann, zugleich aber würde auch der Irak mit allen Waffen, die er (noch) hat, Israel beschießen; und wie sich die arabischen Nachbarstaaten Israels in dieser Situation verhalten würden, weiß wohl auch noch niemand.

Dieser Gefahren ist sich aber auch die US-Regierung bewußt, selbst wenn das unsere deutschen wahlkämpfenden "Pazifisten" von SPD und "Bündnis 90/Die Grünen" gern ignorieren, weil das nicht in ihren Wahlkampf passen würde - in Jugoslawien hatten sie auch keine Skrupel, und Slobodan Milosevic, dem "Schlächter von Belgrad", wurde noch nicht einmal der Vorwurf gemacht, er bedrohe die Nachbarstaaten mit Massenvernichtungswaffen. Wenn da nun aber der Überfall auf Jugoslawien richtig war, müßten es gerade SPD und "Bündnis 90/Die Grünen" sein, die Bagdad befreien wollen, sofern sie für ihre Außenpolitik das Attribut "logisch" beanspruchen.

Die ganze Diskussion wird instrumentalisiert, um im deutschen Wahlkampf zu punkten - die schlimmsten Heuchler sind dabei eben jene Parteien, die militärische Gewalt hoffähig gemacht haben, nun aber davon gar nichts mehr wissen wollen. Und dieser vorgespielte Pazifismus paart sich bei SPD und "Bündnis 90/Die Grünen" dann auch noch mit unverholenem Antiamerikanismus, für den bisher - allerdings viel glaubwürdiger - die PDS zuständig war. George W. Bush ist für diese machtgeilen "Pazifisten" gefährlicher als Saddam Hussein, da stellt sich dann doch noch die Frage, weshalb die KSK noch nicht in Washington für Frieden sorgten ...

Das Handeln der US-Administration ist - von einzelnen Wortmeldungen abgesehen - von mehr Vernunft geprägt als der Schwachsinn, den Schröder und Fischer von sich geben - diese beiden Kriegsverbrecher (Im 'befreiten' Jugoslawien wurden sie rechtskräftig verurteilt.) kleben an ihren Sesseln oder wollen sich nicht von ihren Dienstlimousinen trennen. Deshalb spielen sie jetzt die Pazifisten, sollten sie jedoch die nächste Regierung stellen, würde ihnen bald einfallen, daß es da "völlig neue" Erkenntnisse gibt, um ihr Wahlversprechen zu brechen.

SPD und "Bündnis 90/Die Grünen" waren es, die Kriege wieder "führbar" machten, für sie war das ein Zeichen von Souveränität und "moderner" Politik. Heute wollen sie UNO-Beschlüsse ignorieren, wie es der "moderne Kanzler für ein modernes Land" plakativ verkündet. Wäre aber die Isolation, also die Ignoranz möglicher UNO-Entscheidungen, wirklich "modern"?

Die Inkonsequenz der machtgeilen "Pazifisten" zeigt sich ja allein schon daran, daß sie nicht bereit sind, klare Aussagen darüber zu machen, ob sie es dem us-amerikanischen Militär verbieten würden, in einer kriegerischen Auseinandersetzung mit dem Irak deutsche Stützpunkte zu nutzen.

MfG
tw_24