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15. November 2005, 20:57   #9
Maggi
 
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Ob Augstein jetzt dem deutschen Nachkriegsnationalsozialismus Tür und Tor geöffnet hat, vielleicht sogar ein wichtiger Wegbereiter war oder nicht – sogar mir fällt auf, dass das Niveau insbesondere der politischen Berichterstattung extrem gesunken ist in letzter Zeit, schaut man sich den »Spiegel« einmal genau an. Ich kann mich zwar nicht an den Spiegel von 1994 erinnern, denn damals habe ich mich noch nicht auf die Politik konzentriert sondern gleich bis zum Kulturteil durchgeblättert. Tatsache ist aber, dass man auch zwischen dem Spiegel von heute und dem von vor einem bis zwei Jahren deutliche Unterschiede feststellen kann.

Wenn man die Wikipedia als Qualitätsstandard anführen will, kann man folgende Passage zitieren: »Kritiker werfen ihm Selbstherrlichkeit vor (Rolex-Uhr vor TV-Sendung ausziehen, Aktion gegen Windkraft aus privaten Interessen forcieren)«. Die seltsame Geschichte über den denkwürdigen "Wind Mühlen Wahn" kenne ich auch noch. Und der Wahlkampf 05 war zwar mehr gegen Gerhard Schröder als für Angela Merkel, aber trotzdem ist das zu wenig. Zu wenig für ein Magazin, dessen Gründung die verhängnisvolle Enstehung der Illustrierten »Focus« nach sich zog.

Und dieser Cicero-Artikel macht für mich alles klar. Tiedje findet die Entwicklung des Spiegel gar nicht schlecht. »Aust macht ihn lesernah, interessant, ideologiefrei. Die Kasse stimmt.« Das ist es doch gerade! Die Ideologie geht verloren für ein bisschen Geld, dafür darf dann das unheimliche Gespenst Marx durch die Bögen spuken. Der Spiegel täte gut an einer weitläufigen Umfrage, ob die Spiegelleser wirklich so einverstanden sind mit ihrem Magazin. Ganz abgesehen von der wirklich wörtlichen Übernahme von dpa-Meldungen (man vergleiche mit tagesschau.de) und Bild-Schlagzeilen von Spiegel Online wuchs die Kritik schließlich stetig. Ich kauf mir den Spiegel noch fast regelmäßig. Aber sicher nicht wegen dem Politikteil.

Ciao,
Maggi