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7. December 2005, 20:35   #19
tw_24
 
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Den Literatur-Nobelpreis hat auch der Krebsgänger Günter Grass bekommen, der zuletzt als Wahlkämpfer dem großen Menschenfreund Gerhard Schröder beistand, dessen seltsame Vorliebe für diktatorische Regimes wie jenes in China oder das seines Freundes Wladimir Putin er wohl auch teilt. Insofern besagt also ein Literatur-Nobelpreis erstmal nicht viel.

Ziemlich abenteuerlich ist dann aber in der Tat der Bodycount des Harold Pinter, für den darüber hinaus die Vereinigten Staaten wohl im Frühjahr 1945 das zumindest offiziös dahingeschiedene Deutsche Reich beerbten, wenn er überzeugt meint: "Die Verbrechen der USA waren systematisch, konstant, infam, unbarmherzig."

Weshalb er - oder ist es ein Morgenpost-Autor? - freilich das Ende des Zweiten Weltkrieges zu einem Wendepunkt erklärt, erschließt sich nicht ganz - waren bis dahin die USA etwa die Guten? Wenn ja, müssen sie sich irgendwie im Kampf gegen den deutschen Nationalsozialismus und den japanischen infiziert haben, worauf sie böse wurden.

Dann allerdings wären die USA entschuldigt, denn gerade auch die Deutschen meinen ja heute schon wieder - und zwar ausgerechnet unter Berufung auf ihre Lernerfolge nach dem WK II -, daß an ihrem Wesen die Welt genesen solle - sie nennen es dann "Übernahme von Verantwortung", wenn mal ein Staat meint, sich von Post-Nazis nicht belehren lassen zu müssen und sie deshalb Soldaten schicken.

Wie auch immer, Pinter hat im Irak Leichen gezählt, mindestens 100.000, eigentlich aber viel mehr. Wie er auf diese Zahl kommt, weiß ich nicht, selbst der Papa war vor nichtmal sechs Monaten erst bei "bis zu 25.000" Toten angekommen. Bis jetzt müßten da, um wenigstens die 100.000 zu erreichen, ungefähr 12.000 pro Monat hinzugekommen sein, je Tag also rund 400.

Die Amis müssen wahre Killer sein, die das schaffen, und echte Zauberkünstler, wenn es ihnen gelingt, solche Opferzahlen geheimzuhalten, denn wenn ich mich recht entsinne, melden selbst deutsche Medien höchstenfalls mal zwei oder drei Dutzend Tote pro Tag, die allerdings auf das Konto von "Widerstandskämpfern" gehen.

Wo also sind die Leichenberge, die Harold Pinter gesehen hat? Mir scheint, sie türmen sich nur in der Phantasie des Nobelpreisträgers auf und haben mit der Realität ungefähr nichts gemein. Er hat ja seinen Preis auch für eine bestimmt ganz prächtig ausgeprägte Vorstellungskraft bekommen, nur paßt die Praxis mal wieder nicht zur miesen Theorie.

Nicht uninteressant allerdings ist durchaus der Vorschlag, die gegenwärtige US-Administration vor ein UN-Tribunal zu schleifen, denn zu den Mitgliedern der UN zählen bekanntlich nur die ausgesuchtesten Demokratien, so daß die Angeklagten ein in jedem Fall faires Verfahren wegen ausgedachter Opferzahlen erwartete.

Vielleicht sollte die Rolle freilich nicht nur der Vereinigten Staaten im Hinblick auf ihre in der Vergangenheit in der Tat zweifelhafte Politik gegenüber dem Bath-Regime untersucht werden, aber das bestimmt nicht von einem Gericht in Den Haag, das ja eingesetzt wurde von einer Organisation, die sich hat kaufen lassen vom Massenmörder Saddam Hussein.

Und denkt man einfach mal daran, daß das Giftgas, mit dem Saddam Hussein in Halabja um die 20.000 Kurden vergasen ließ, aus Deutschland und den Niederlanden geliefert wurde, die ihrerseits gegen die Lieferanten praktisch nichts unternahmen, dafür aber anscheinend auch nichts befürchten müssen, ist es sowieso Unfug, immer nur moralisierend die bösen USA anzuklagen.

Selbstverständlich haben sie, was den Irak angeht, keine reine Weste und setzten sie im Kampf gegen den iranischen Islam-Faschismus auf Saddam Hussein; doch gerade deshalb haben sie die Verpflichtung, ihre Fehler wiedergutzumachen, etwa indem sie versuchen, der irakischen Bevölkerung den Wunsch nach einer Demokratie zu erfüllen.

Old Europe dagegen hat seine Fehler bis heute nicht eingesehen. Besonders Deutschland, das sonst immer wegen Auschwitz Kriege führen will, hat zum Bath-Regime in Syrien - die Staatsspitze ist in den Mord eines libanesischen Regierungschefs verwickelt - sogar so gute Beziehungen, daß dort eine Abhörstation des BND in Betrieb ist.

Und auch zum Iran, der mit der Ausradierung Israels nicht nur droht, sondern für sie mit nicht zuletzt russischer Hilfe aufrüstet, pflegt die "Friedensmacht" Europa noch immer allerbeste Beziehungen auf wirtschaftlicher wie diplomatischer Ebene, statt diese so zu beenden, wie es die USA taten. Wer aber mit mit den Mullahs einen "kritisch" genannten Dialog pflegt, legitimiert sie, wertet sie auf - noch immer.

Wenn also jemand an den Pranger gestellt wird, dann, und das sollte auch einem Harold Pinter einfallen, eben nicht nur die USA und ihre Alliierten. Wer das fordert und nicht vorher beinahe jede Regierung, die es derzeit auf dem Planeten gibt, auf die Anklagebank setzen will, ist, sorry to say, einfach nicht mehr ganz bei Trost, als moralische Instanz jedenfalls gründlich desavouiert - Nobelpreis hin oder her.

MfG
tw_24