Thema: Fargo.
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4. March 2006, 01:35   #1
Ben-99
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Fargo.

... nur mal so aus dem Bauch heraus dazwischengerotzt: Hab' vorhin mal wieder das Meisterwerk der genialen Regie-Brüder Coen gesehen, weil er halt auf Tele 5 lief und meine DVD-Kopie schon seit Jahren durch einen technischen Defekt nicht mehr lesbar war.

Und jetzt weiß ich, daß dieses Kleinod auf jeden Fall zu den seltenen Movies gehört, die immer besser werden, je öfter man sie sich anschaut. Ein absolutes Kunstwerk. Und für Freunde der riskanten Mischung aus Komödie, Heimatfilm und brutaler Action, die bei den meisten Regisseuren sonst immer glatt in die Hose geht, ist dieser Film nicht nur ein Muß, sondern er beweist auch, daß es in diesem Genre weitaus bessere Filme als den meines Erachtens reichlich überbewerteten "Pulp Fiction" gibt.

Merkwürdig: Wenn mich eine Freundin nach einem heißen Fick im Bett fragt, ob wir uns nicht mal wieder gemütlich "Pulp Fiction" reinziehen sollten, suche ich meist nach irgendeiner Ausrede, weil ich den Film bisher zwei- oder dreimal durchaus mit Vergnügen gesehen habe, allerdings meine, daß es nun auch reicht.

Würde es aber um "Fargo" gehen, wäre ich irgendwann sogar bereit, ihn mir zum achten, neunten oder gar zehnten Mal anzusehen, schon weil man immer wieder eine neue kostbare Kleinigkeit entdeckt, die man bis dahin gar nicht mitbekommen hatte. Es wäre schön, wenn auch deutschen Regisseuren mal solche Schocker gelingen würden, die scheinbar federleicht daherkommen und doch so fesselnd sind, daß man nicht eine einzige Minute verpassen will. Und ich kenne auch keinen anderen blutigen Thriller, bei dem man die ganze Zeit schmunzeln oder sogar herzhaft lachen muß, obwohl es sich keineswegs um eine Satire mit einem ausgedachten Plot handelt

Was ist es aber dann? Nun, "Fargo" ist Film-Kunst auf höchstem Niveau, die sich hinter einer nur scheinbar trivialen Action-Handlung verbirgt. Das ist Understatement pur und wirkt deshalb auch so sympathisch. Und eben daher sind die leisen Gebrüder Coen auch genau das Gegenteil zu solchen lauten prolligen Aufschneidern wie Tarantino. Und deshalb könnte man als Faustregel auch sagen: Wer als Jugendlicher von "Pulp Fiction" nicht spontan begeistert ist, sollte sich als frühvergreister Spießer am besten gleich die Kugel geben. Wenn er dann aber ein paar Jahre älter ist und auch schon mehr vorzügliche Filme gesehen hat, von denen die besten nach wie vor aus Amerika kommen, dann wird er merken, daß es da auch noch eine andere Niveau-Ebene gibt und daß die wirklich fesselnden Filme keinen 100-Millionen-Etat brauchen, weil ihre "Knalleffekte" nicht aus teuren 3D-Computer-Animationen bestehen, sondern aus intelligenten Drehbüchern, wunderbaren engagierten Schauspielern und einer meisterhaften Regie.

"Fargo" bietet das alles. Und jeden, der bei diesem Projekt mitgewirkt hat, möchte man am liebsten küssen – egal, ob er hinter der Kamera stand oder einen der vielen "Bösen" im Film gespielt hat. Sie können alle noch so schrecklich morden – man hat sie trotzdem alle lieb. Und deshalb bleibt "Fargo" auch weiterhin ein Ausnahme-Film, der sich schon jetzt als Low-Budget-Movie zu recht mit den besten Filmen aller Zeiten messen kann und auch bei mir inzwischen in meine ganz persönliche Top-10-Liste aufgestiegen ist.

Gruß Ben