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16. September 2002, 13:01   #48
tw_24
 
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Zitat:
Zitat von jupp11
Also sind im Prinzip, wenn man der Sache auf den Grund geht, Schröder und Fischer, Kriegstreiber, die sich auf den Krieg gegen die USA vorbereiten. Und um diese Vorbereitungen nicht zu gefährden sprechen sie sich halt gegen einen Überfall auf den Irak aus.
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Ich jedenfalls schliesse aus einer derartigen, dass Ihr in Euren Diskussionszirkeln günstig an einen tollen Stoff kommt. Timothy Leary lässt grüssen, oder?
Nun, vielleicht liegen unsere Diskussionszirkel wirklich mächtig daneben, zu hoffen wäre es jedenfalls ;-). Und natürlich klingt das vielleicht auch nach einer Verschwörungstheorie, doch es ist doch nicht von der Hand zu weisen, daß die deutsche Außenpolitik seit der Wiedervereinigung immer aggressiver wurde.

Speziell die Regierung von SPD und "Bündnis 90/Die Grünen" war es, die militärische Einsätze zur "Normalität" machte - wenn auch noch verschämt als "ultima ratio" bezeichnet.

Als es im November des letzten Jahres um den Einsatz in Afghanistan ging, erklärte etwa die Nachwuchs-Hinterbänklerin Andrea Nahles (SPD, ehemals JuSo-Vorsitzende):
Zitat:
Zitat von Andrea Nahles
Eine wesentliche Anforderung für die SPD wie auch für die Grünen war immer, daß bei allen Militäreinsätzen das Völkerrecht eingehalten werden muß und daß die Legitimation dieser Einsätze durch die Vereinten Nationen erfolgt.
Das war zwar schon an diesem 16. November 2001 eine Lüge, Jugoslawien wurde nämlich im Frühjahr 1999 ohne UNO-Mandat, aber immerhin noch mit einem (selbstausgestellten) NATO-Mandat überfallen. Im Gefolge der Kosovo-Aggression war es dann Außenminister Fischer, der der neuen NATO-Strategie zustimmte, die Selbstmandatierung dieses Militärbündnisses auch gegen UNO-Resolutionen ausdrücklich vorsieht (und übrigens auch Erstschläge mit Kernwaffen).

Die UNO wurde damals also schon zum Debattier-Club "degradiert", dessen Entscheidungen je nach NATO-Interessenlage befolgt oder ignoriert werden sollten. Aber immerhin gab es da noch die NATO und die EU in deren Rahmen das Streben der Regierung Schröder/Fischer nach "nationaler Souveränität" (oder konkret: das Streben, endlich wieder als Großmacht die Weltpolitik mitzubestimmen) gebändigt werden konnte. Und wozu eine Großmacht Deutschland fähig ist, haben zwei Weltkriege gezeigt, von denen einer auch von der SPD begeistert vom Zaun gebrochen wurde.

Deshalb fürchtet man in "meinen" politischen Kreisen nun alles, was Deutschland dieser angestrebten Großmachtrolle (der Blick auf die geplante Ausrüstung der Bundeswehr zeigt, daß das "-wehr" eher in den Hintergrund rückt) näher bringen kann.

Und nun hat vor ein paar Wochen Gerhard Schröder endgültig einen "deutschen Weg" ausgerufen, damit offen mindestens UNO und EU brüskiert - den "Partner" USA sowieso, doch diese sind heute ja Konkurrenten bei der Jagd um die Zugriffsrechte auf nahöstliche Rohstoffe.

Das kategorische "Nein" Gerhard Schröders zu einem möglicherweise auch von den Vereinten Nationen abgesegneten Kampf gegen Saddam Hussein hat die Bundesrepublik Deutschland diplomatisch international isoliert - und dem Diktator signalisiert, daß er anstellen kann, was er will, zumindest mit deutschem Widerspruch muß er nicht rechnen, was vor dem Hintergrund, daß die BRD im nächsten Jahr in den UN-Sicherheitsrat einrückt, durchaus nicht unterbewertet werden sollte.

Dort nämlich könnte die BRD dann mit ihrem Veto das Regime in Bagdad mehr oder weniger direkt unterstützen - und das würde Saddam Hussein sicher nicht unbelohnt lassen. Ginge dann etwa ein US-Angriff schief, wäre die Freude bei der deutschen Wirtschaft sicher nicht gering, die der US-Wirtschaft aber in jedem Fall geringer. Denn wie schon oft hier angemerkt wurde - es geht nicht um Menschenrechte oder darum, wen auch immer zu befreien, sondern es geht um wirtschaftliche Interessen, in diesem Fall um den Zugriff auf den Rohstoff Erdöl, auf den die Wirtschaft in den USA ebenso angewiesen ist wie die der BRD/Europas. Und wer da langfristig bessere Beziehungen zu den Ländern im Nahen Osten entwickelt, steht spätestens dann besser da, wenn Erdöl wirklich knapp wird.
Zitat:
Zitat von jupp11
Ob allerdings die USA als die vermeintlichen Befreier eines Irakischen Volkes, dort gefeiert würden, das wage ich doch sehr stark zu bezweifeln.
Da man sich noch aber kaum offen auf die Seite des Irak schlagen kann, hält sich die Regierung Schröder/Fischer nun lieber ganz heraus, doch die Option eines späteren Krieges auch gegen die USA ist damit noch lange nicht vom Tisch; durch den Isolationskurs der deutschen Regierung könnte Deutschland bei der "zwangsbefreiten" irakischen Bevölkerung dann später sogar willkommener sein als die "Befreier" aus den USA.

Das wäre die eine Deutungsmöglichkeit, die langfristig aber nicht ganz unwahrscheinlich ist und dann eben auch den Schluß zuließe:
Zitat:
Zitat von jupp11
Also sind im Prinzip, wenn man der Sache auf den Grund geht, Schröder und Fischer, Kriegstreiber, die sich auf den Krieg gegen die USA vorbereiten. Und um diese Vorbereitungen nicht zu gefährden sprechen sie sich halt gegen einen Überfall auf den Irak aus.

War es dagegen einfach "nur" eine Dummheit des "modernen Kanzlers für ein modernes Deutschland", dann haben er und seine Regierung außenpolitisch einen Scherbenhaufen zu verantworten, der so gar nicht als Kompetenzbeweis dieser Regierung gewertet werden kann.

Eine UN-Entscheidung soll ignoriert werden, die gemeinsame Außenpolitik der EU wurde nachhaltig ruiniert und das Verhältnis zu den USA war auch schon besser - da kann sich Gerhard Schröder zwar heute hinstellen und fordern, die US-Regierung möge ihn doch, bitteschön, informieren, doch die wird ihn kalt abblitzen lassen. Warum sollte sie sich mit ihm auseinandersetzen? Und deshalb kann Deutschland nun nicht einmal mehr mäßigend auf die US-Irak-Politik einwirken.

Aber auch innenpolitisch war der "deutsche Weg" ein Riesenfehler. Sollte nämlich der neue Schröder wieder Schröder heißen, dann würden für ihn und seinen Außenminister schwere Zeiten anbrechen.

Entweder nämlich würden sie dem Wahlvolk vorheucheln müssen, es seien plötzlich "gänzlich neue Beweise" gegen Saddam Hussein aufgetaucht, um einen Stimmungswandel zu begründen, oder sie machten ihr Wahlversprechen wahr und müßten dann aber eben auch konsequent die Isolierung Deutschlands vorantreiben - etwa durch das Verbot der Nutzung des deutschen Luftraums im Fall eines Irak-Krieges. Soviel Rückgrat traue ich weder Joseph Fischer noch Gerhard Schröder zu - und deshalb würde ich ihr Friedensversprechen schon heute als blanken Betrug bezeichnen.

Aber es würde ja noch schlimmer kommen: Ab 1. Januar sitzt Deutschland im UN-Sicherheitsrat. China und Rußland haben schon signalisiert, daß sie sich ihrer Stimme enthalten werden, doch selbst eine Stimmenthaltung ist nach den starken Worten Schröders im Fall einer Entscheidung nicht mehr möglich ohne sich als Schwindler zu entlarven.

Ohne Not hat dieser Kanzler Deutschland nun wirklich in eine Position hineinmanövriert, aus der es keinen einfachen Ausweg gibt - denn sein "Nein" gilt ja angeblich auch dann, wenn es stichhaltige Beweise gegen Saddam Husseins Regime geben sollte. Entweder wären Schröder/Fischer dann außenpolitisch blamiert oder innenpolitisch als Lügner entlarvt. (Und dann möchte ich wirklich nicht in ihrer Haut stecken.)

Das obige "Großmacht-Szenario" klingt zwar vielleicht nach einer Verschwörungstheorie, ist aber nichts anderes als angewandte Imperialismustheorie, doch zumindest das zweite Szenario ist recht wahrscheinlich und macht deutlich, daß dieser Regierung nicht zu trauen ist (Nein, ich habe keine Alternative im Ärmel :-(.).

Mit der Angst vor Krieg machen SPD und "Bündnis 90/Die Grünen" Wahlkampf, während die Union nun mal wieder Xenophobie schürt ... die einen sind so verlogen wie die anderen. Vielleicht sollte man es wirklich einmal mit den bibeltreuen Christen versuchen (und damit meine ich jetzt nicht die beiden großen C-Parteien) ...


@ little tyrolean:

Diese Überlegungen stellen aber doch sicher auch die Strategen in den USA an, die sehr wohl abwägen, ob sich ein Irak-Krieg lohnt.

George W. Bush mag etwas beschränkt in seiner Weltsicht sein, aber er hat um sich doch einigen Sach- und Fachverstand versammelt, den man nicht unterschätzen sollte.

MfG
tw_24