Thema: Stichtage
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26. September 2006, 07:52   #301
Jules
 
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26. September 1991: Das Experiment Biosphäre 2 beginnt

Biosphäre 2 war ein Experiment mit dem Ziel, ein von der Außenwelt unabhängiges, sich selbst erhaltendes Ökosystem zu schaffen. Der Name wurde gewählt, um daran zu erinnern, dass die Biosphäre 1 unsere Erde ist.

Das Experiment sollte beweisen, dass in einem eigenständigen, geschlossenen ökologischen System Leben langfristig möglich ist. Das Projekt wurde von der Nasa beobachtet, 2050 soll die Biosphäre 3 auf dem Mars entstehen.

Ziele und Aufbau
Auf 1,6 Hektar wurde nördlich von Tucson, Arizona zwischen 1987 und 1989 unter einem Kuppelbau aus Glas ein geschlossenes Ökosystem erstellt: Savanne, Ozean, tropischer Regenwald, Mangrovensumpf, Wüste, intensive Landwirtschaft und Wohnräume. Der technische Aufwand (Pumpen, Filtersysteme, Ventilatoren) dabei war erheblich, da ein komplettes und autarkes Lebenserhaltungssystem geschaffen werden sollte. Die diesbezügliche Verwirklichung von Langzeitreisen im Weltraum oder Weltraumkolonien war als Fernziel ebenfalls Gegenstand des Experiments.

Verlauf

Erster Versuch
Am 26. September 1991 begann das Experiment nach mehreren einwöchigen Vorversuchen. Acht Teilnehmer, die zuvor ein zweijähriges Trainingsprogramm absolviert hatten, lebten bis 1993 in dem Glasgebäude mit dem Ziel, vollständig von allen Außenkontakten (Luft- und Materialaustausch) abgeschlossen zu sein, außer vom natürlichen Sonnenlicht.

Im Laufe der Zeit kristallisierten sich Probleme heraus, welche das Leben der Bewohner sowie der anderen Lebewesen zunehmend beeinträchtigten. Entgegen den ursprünglichen Vorstellungen musste Sauerstoff von außen zugeführt werden.

Beispielsweise ergaben sich aus ökologischer Sicht folgende Probleme:

In der Konstruktion wurde Stahlbeton verbaut, welcher schleichend den vorhandenen Sauerstoff absorbierte.
parasitäre Mikroben im Ackerboden erhöhten die Anteile von Stickstoff bzw. Kohlendioxid in der Atmosphäre.
Das Wetterphänomen El Niño führte zu geringeren Ernten aus dem Ackerbau.
Kakerlaken und eine spezielle Ameisenart ("Crazy Ants", Paratrechina longicornis) breiteten sich extrem aus.
Das Experiment wurde abgebrochen.

Zweiter Versuch
Eine zweite Gruppe hielt sich 1994 über sechs Monate lang in der künstlichen Biosphäre auf. Während dieser Zeit wurden mit wenigen Ausnahmen die Luft, das Wasser und die Nahrung für die in ihr befindlichen Menschen von den Ökosystemen erzeugt und wieder aufbereitet, deren Teil sie selbst waren.

In den Medien wurde entsprechend von einem Scheitern des Projekts gesprochen. Gleichwohl ergaben sich aus diesem "Scheitern" Erkenntnisse, welche für zukünftige Entwicklungen und Erprobungen künstlicher Lebensräume wertvoll sein dürften.

Weitere Projekte und derzeitiger Stand
Ab 1996 nutzte die Columbia-Universität die Biosphäre 2 für ökologische Forschung und Lehre. Unter Leitung von Barry Osmond wurden wichtige Forschungsergebnisse zur Wirkung von Klimagasen veröffentlicht. 2002 prüfte die Columbia-Universität das Projekt erneut und entschied sich, es Ende 2003 aus Kostengründen einzustellen. Die Einrichtung befindet sich nun wieder in Besitz des Erbauers, dem Öl-Milliardär Edward Bass.

Ein interessanter Aspekt ist, die Kosten des Projekts von über 150 Mio US-Dollar in Bezug zu setzen zur Zahl der Menschen, die darin eine Weile lebten. Das letztendliche Scheitern des Vorhabens gibt hierzu einen unteren Grenzwert für den "Wert" des Lebensraumes pro Mensch, den das Raumschiff Erde bietet. In der Kurzgeschichte "Eine Trillion Euro", der gleichnamigen Anthologie, von Andreas Eschbach wird den Menschen vorgerechnet, was der Nachbau allein Europas kosten würde, speziell der lebensnotwendigen Atmosphäre, des Bodens und des Wassers - der Titel sagt es schon.

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