Thema: Stichtage
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28. May 2006, 17:19   #175
Jules
 
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24. Mai 1889: Der Dt. Reichstag beschließt Gesetz zur Alters- u. Invaliditätsversich.

Die Sozialgesetzgebung bzw. Sozialgesetze waren ein Versuch des deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck, auf die - im Zuge der Industrialisierung entstandene - soziale Not der Arbeiterschaft im ausgehenden 19. Jahrhundert zu reagieren. Er reagierte damit auch auf die Erfolge der Sozialisten und führte neben den repressiven Sozialistengesetzen auch Vorteile für die Arbeiter ein, um der sozialistischen Bewegung die Grundlage zu entziehen. Es lag im Interesse des Staates, die Arbeiterschaft an diesen Staat zu binden und sie optimal in die Gesellschaft zu integrieren.

Im Zuge der Sozialgesetze führte er 1883 die Krankenversicherung für Arbeiter und ab 1884 die Unfallversicherung ein. Nun waren, zunächst nur Arbeiter, zwangsversichert. Beide Gesetze machte die Schaffung von Krankenkassen wie z. B. die AOK unabdingbar, um den Arbeiter bei einer möglichen Arbeitsunfähigkeit vor großer Not zu bewahren. Die Beiträge zur Krankenversicherung (und zur später eingeführten Rentenversicherung) wurden je zur Hälfte von den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern getragen, die Unfallversicherung wurde dagegen komplett durch die Arbeitgeber getragen.

Am 24. Mai 1889 verabschiedete der Reichstag des Deutschen Reiches eine Alters- und Invaliditätsversicherung. Am 1. Januar 1891 wurde die Rentenversicherung schließlich (vgl. RGBl. 1889 I S. 97) eingeführt.

Versicherungsträger waren öffentlich-rechtliche Körperschaften, die nach dem Prinzip der Selbstverwaltung existierten. Sie bestanden aus Vertretern der Versicherten und der Arbeitgeber, welche ihre Posten ehrenamtlich und unter staatlicher Aufsicht bezogen.

Mit der Errichtung dieser Institutionen war Deutschland unter Führung von Bismarck den anderen großen Staaten, in denen die Industralisierung zu vergleichbaren sozialen Problemen führte, um Jahre voraus; sie bilden auch noch heute die Grundlage des deutschen Sozialstaates.

Die zunächst noch geringen Leistungen (Renteneintrittsalter war 71 Jahre) waren nur für die Arbeiterschaft, nicht jedoch für die kaum besserverdienenden Angestelltenschaft vorgesehen. Die Arbeiterbewegung sah in den Bestimmungen auch einen Versuch von ihren politischen und wirtschaftlichen Forderungen abzulenken.

Diese Gesetze wurden letztendlich 1911 in die Reichsversicherungsordnung zusammengefasst, zu der 1911 auch die Angestelltenversicherung gehörte. Später kamen weitere Personengruppen in die gesetzliche Rentenversicherung, z. B. die Landwirte, Handwerker, Künstler.

1922 wurde die Arbeitslosenversicherung eingeführt, 1995 als letzter Zweig der Sozialversicherung die Pflegeversicherung.

Nachdem 1957 mit der dynamisierten Sozialrente, die sich an den aktuellen Lohnsummen orientierte, ein großer Meilenstein der Sozialgesetzgebung vollbracht wurde, wurden in den 60er und 70er Jahren weitere Sozialleistungen eingeführt oder konsolidiert, z. B. 1969 die Ausbildungsförderung (BAFÖG), 1975 das Kindergeld (ab dem 1. Kind), 1980 der Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende. 1986 folgte die Einführung des Erziehungsgeldes und Erziehungsurlaubs (jetzt Elternzeit).

Die Fürsorge wurde 1961 durch das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ersetzt, hier gab es erstmalig Rechtsansprüche für mittellose Personen. 2003 wurde eine Grundsicherung für alte Menschen und Erwerbsunfähige etabliert.

Seit 1969 hat der Gesetzgeber mit der Konzeption einer Zusammenfassung von zahlreichen Einzelgesetzen zu einem zusammenhängenden Gesetzeswerk begonnen, die inzwischen sehr weit fortgeschritten ist. Das Sozialgesetzbuch enthält sowohl Regelungen über die verschiedenen Zweige der Sozialversicherung, die früher in der Reichsversicherungsordnung kodifiziert waren, als auch über jene Teile des Sozialrechts, die nicht den Charakter einer Versicherung tragen, sondern als Leistungen staatlicher Fürsorge aus Steuermitteln finanziert werden.

In den letzten Jahren sind weite Bereiche des Sozialrechtes durch die schlechte Haushaltslage der öffentlichen Träger Sparmaßnahmen unterworfen worden. Besonders im Bereich der Krankenversicherung und der Rentenversicherung wurden Leistungskürzungen vorgenommen, in Form von Leistungsausschlüssen, Eigenanteilen, Nichtberücksichtigung bestimmter Umstände als Vorversicherungszeiten usw..

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