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23. July 2002, 18:24   #14
tw_24
 
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Zitat:
Zitat von Langhaar-Denker
Eine vergnügliche Zeit quasi im Kriegsdienst? Kann ich nicht verstehen, aber ich war ja auch nicht in der NVA und hab` die Umstände nicht miterlebt.
Nun, die Situation war vor elf Jahren einfach eine andere. Die DDR war am Ende, ich auch ;-), denn in der Schule wollte man mich einfach nicht mehr sehen. Und da kam dann halt die Einberufung beinahe wie gerufen.

Natürlich hatte ich keine große Lust auf Befehl und Gehorsam, aber noch weniger Interesse hatte ich daran, etwas sinnvolles zu tun - also "Ersatzdienst" zu leisten. Und zu dieser Zeit (also noch in der Spät-DDR) mußte diese Verweigerungs-Entscheidung nicht einmal großartig begründet werden, es genügte, bei der Musterung ein knappes "Nein", und schon war man "Zivi".

Bloß, wie gesagt, darauf hatte ich keine Lust, also landete ich ein paar hundert Kilometer von meiner Heimat entfernt in einem ziemlich langweiligen Kaff, an dessen einem Ende eine Kirche stand und am anderen eine recht neue Kaserne.

Damals dachte auch noch niemand ernsthaft daran, daß sich eine deutsche Armee jemals wieder ins Ausland begeben würde, das war einfach ausgeschlossen - und hinzu kommt eben noch der bevorstehende Untergang der DDR, der viele Vorgesetzte mächtig verunsicherte - dementsprechend (un-) motiviert waren sie.

Klar, es gab unter ihnen auch ganz, ganz seltsame Typen, aber am Ende ließen sie uns doch weitgehend in Ruhe - sie hatten einfach andere Sorgen, existentielle Sorgen.

Und nachdem ich dann die Bundeswehruniform tragen durfte, landete ich im Kellergeschoß des Stabsgebäudes in der Telefonvermittlung. Da gab es zwei, drei Vorgesetzte, zwei zivile Vermittlerinnen und Wehrpflichtige wie mich, die in der Nacht für die Vermittlung zuständig waren. Und in diesem Keller hatten wir außer Tageslicht so ziemlich alles, was Spaß macht ;-): eine Küche, einen Ruheraum, einen Aufenthaltsraum mit Radio, TV, Aquarium und Amiga-PC - und weil wir da unterirdisch quasi eine kleine Familie bildeten, hatte ich viel Vergnügen - zumal es für einen Nachtdienst einen freien Tag als Ausgleich gab. Und die freien Tage konnte man ansammeln, um mal ein oder zwei Wochen lang bezahlten Urlaub zu machen.

Schießen habe ich wegen meines Vermittlungsdienstes bei der Armee nicht gelernt (allerdings gab es in der DDR vor der neunten und vor der elften Klasse "Wehrsportlager", wo man das lernte), einen Schießplatz sah ich nur ein einziges Mal, und fünf Schuß ungezielt mit einer Kalaschnikow zu verballern, das war eher langweilig.

Allerdings, und das habe ich noch nicht erwähnt, man kann bei einer Armee unheimlich viel von dem vergessen, was man in der Schule gelernt hatte, weil man einfach nicht danach gefragt wird.

MfG
tw_24