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2. May 2006, 19:05   #1
Ben-99
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Eine Nacht im Hotel Adlon – für schlappe 20.000 Euro.

... 20.000 Euro – damit könnte eine Familie zwei Jahre lang in einer ordentlichen Wohnung leben. Aber weil das alle tun, ist es auch total uncool. Wie schön, daß das Berliner Hotel "Adlon" seit heute eine Alternative bietet: Denn wer mag, darf die 20 Riesen auch für eine einzige Nacht in der neuen "Prasidenten-Suite" investieren. Ob auch das Frühstück im Preis inbegriffen ist, weiß ich nicht ;-)

Dafür kann man es sich dann einen Tag lang auf 30 Quadratmetern behaglich machen – sofern man zu den Leuten gehört, die stundenlang in der Wanne liegen oder sich auch sonst gern im Badezimmer aufhalten, das in diesem Fall besonders geräumig ausgefallen ist. Die gesamte Hotel-Suite ist natürlich größer. Denn wer will schon gern in einem Hotel auf weniger als 240 Quadratmetern wohnen? Außerdem gehört auch noch ein "Panic Room" zur Ausstattung. Und sollte sich überraschend Besuch ankündigen, kann die Suite auf 420 Quadratmeter erweitert werden.

Hotel Adlon: Schusssichere Luxussuite mit Panic Room - Reise - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten

Das sind dann sogar noch 20 Quadratmeter mehr als unser damaliger Führer für sein nicht weit vom "Adlon" gelegenes Arbeitszimmer in der Neuen Reichskanzlei Voßstraße / Ecke Wilhelmstraße beansprucht hatte. Bescheiden, wie er nun mal war, begnügte er sich mit 400 Quadratmetern. Aber damals, im Januar 1939, gab es ja auch noch nicht die "Präsidenten-Suite" ;-)

Voßstraße 1-19

Man kann den Chefs des Hotel "Adlon" gar nicht genug danken, daß sie auf diese Art so eindrucksvoll die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland demonstrieren. Denn während sich Millionen Menschen immer mehr der Armutsgrenze nähern und nicht wissen, wie sie ihre Kinder satt bekommen, werden ein paar Wenige auf Kosten der Allgemeinheit von Jahr zu Jahr immer reicher. Und darauf reagiert das Hotel "Adlon" und baut zur Zeit für einen zweistellligen Millionen-Betrag noch weitere Zimmer zu Luxus-Suiten aus.

Der von mir bereits erwähnte Herr hätte sich vor 70 Jahren sicherlich auch über die Idee gefreut, die Bettbezüge, Handtücher und Bademäntel der Gäste von Wäscherinnen im benachbarten Polen reinigen und bügeln zu lassen. Vielleicht hätte er dann ein paar von ihnen erst später ins Gas geschickt. Nein, nicht lustig, der Gedanke. Diesmal bleibt sogar mir das Lachen im Halse stecken:

Berliner Morgenpost: Berlin vom 8.04.2006: Luxushotels lassen in Polen waschen

Ob vielleicht irgendwann mal jemand von den Super-Reichen, auf die es die "Adlon"-Manager abgesehen haben, auf die Idee kommen wird, ein solches Hotel zu boykottieren, eben weil es auf eine derart obszöne Art die immer krasser werdenden Klassen-Unterschiede in unserer Gesellschaft betont und die Verantwortlichen wohl auch noch stolz darauf sind?

Ein Thema, das demnächst an den gemütlichen Bars des Luxus-Hotels am Brandenburger Tor von unseren jovialen Fußball-Funktionären ganz sicherlich nicht angesprochen werden wird:

Zitat:
Im Nobelhotel am Pariser Platz werden Funktionäre des Weltfußballverbandes Fifa und des deutschen Organisationskomitees sowie Staatsgäste wohnen.

Berliner Morgenpost: Berlin vom 16.04.2006: Nachrichten
Gruß Ben