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30. October 2005, 18:58   #1
Ben-99
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Der Prozeß gegen die Bush-Regierung.

... ich nenne das angekündigte Verfahren, über das zur Zeit nicht nur Amerika, sondern die ganze Welt spricht, einfach mal so, obwohl ja (noch) nicht der Präsident der Vereinigten Staaten auf der Anklagebank sitzt, sondern "nur" Lewis Libby, einer seiner engsten Vertrauten und Berater.

Auch hierzulande wird überall umfassend über das Thema informiert - allerdings in einer meist nicht leichtverständlichen Form, und deshalb glaube ich, daß viele Leser gar nicht kapieren, worum es eigentlich geht. Und weil deutsche Zeitungen immer sehr behutsam mit unserem mächtigen Verbündeten umgehen müssen, scheut man sich auch davor, klipp und klar das auszusprechen, was den Fall erst so brisant macht.

Denn in Wirklichkeit geht es nicht etwa "nur" um einen geleisteten Meineid, sondern fast schon um ein Kapitalverbrechen, und deshalb will ich hier mal versuchen, die Sachlage in etwas verständlicherer Form zu beschreiben.

Kann man sich vorstellen, daß die gegenwärtige US-Regierung sogar so weit gehen würde, einen Bürger der USA, ja sogar einen Staatsdiener, vorsätzlich in Todesgefahr zu bringen? Genau das hat man getan, als man den Realnamen von Valerie Plame, einer verdeckt arbeitenden CIA-Agentin, heimlich der Presse zuspielte, um sie zu enttarnen und somit zu einer lebenden Zielscheibe werden zu lassen.

Ist es vorstellbar, daß mit Wissen höchster politischer Kreise in Washington so etwas Ungeheuerliches gemacht wird, nur um sich am Ehemann des geouteten Opfers zu rächen? Den hatte man nämlich zuvor nach Afrika geschickt, um "Beweise" dafür zu sammeln, daß Saddam Hussein dort mit Ländern über die Lieferung von Uran für den Bau atomarer Waffen verhandelt.

Doch leider kam er unverrichteter Dinge zurück und erklärte nicht nur, daß er nicht die geringsten Anhaltspunkte für die Behauptung gefunden habe, sondern machte seinem Ärger auch noch in einem Zeitungsbericht Luft, in dem er der Bush-Regierung vorwarf, wissentlich die Unwahrheit über die angeblichen Gründe für einen Krieg gegen den Irak zu sagen, der längst beschlossene Sache war. Es gab sogar eine eigene "Marketing"-Abteilung, deren Mitarbeiter sich ausschließlich darum kümmerten, den Irak-Krieg vor der Welt als notwendig zu "verkaufen".

Daß sogar Starreporter der "New York Times" lange Zeit von der Regierung geschmiert worden sind, kam erst vor kurzem heraus, nachdem die bekannte Journalistin Judith Miller, die wochenlang in Beugehaft saß, am Ende dann doch ihren Informanten preisgab. Und es war kein Geringerer als der Stabchef des amerikanischen Vizepräsidenten.

Und nun wird es eng für George Bush. Denn es gilt bereits als sicher, daß zumindest Dick Cheney als Zeuge vorgeladen wird. Und jeder fragt sich natürlich, ob es Bush schaffen wird, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, daß er von dem ganzen Dreck, von den tatsächlich kriminellen Machenschaften, die sich die ganze Zeit in seiner unmittelbaren Umgebung abgespielt haben, keine Ahnung gehabt hat.

Das ist natürlich wenig glaubhaft. Aber in einem Rechtsstaat kommt es darauf an, ihm das auch juristisch nachzuweisen. Und genau darin liegt die Brisanz dieses Verfahrens, das tatsächlich das Aus für George Bush bedeuten könnte, zumal der Ankläger, Sonderermittler Fitzgerald, als Unparteiischer einen exzellenten Ruf genießt.

Man erinnert sich natürlich sofort an den "Watergate"-Skandal und den damaligen Prozeß, der für den früheren Präsidenten Richard Nixon am Ende verhängnisvoll ausging, als das Volk erfuhr, daß es die ganze Zeit von einem schäbigen Lügner regiert wurde, dessen Mitarbeiter nicht mal davor zurückschreckten, Einbrecher in das Büro der gegnerischen Partei zu entsenden.

Das in Kürze beginnende Verfahren ist deshalb so wichtig, weil es zeigen wird, wie demokratisch Amerika noch ist, nachdem George Bush das Land in die weltweite Isolation getrieben hat. Vielleicht wird sogar dabei herauskommen, wie es Bush geschafft hat, sogar zum zweiten Mal wiedergewählt zu werden. Daß da etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein könnte, wird ja seitdem von vielen vermutet.

Sollte das Verfahren aus irgendwelchen obskuren Gründen eingestellt werden und Bush bis zum letzten Tag seiner Amtszeit "mächtigster Mann der Welt" bleiben, weiß man wenigstens in Zukunft, woran man ist. Und wer dann Amerika nach wie vor für eine Demokratie hält und auch diesem Mann und seinem von ihm bestimmten Nachfolger weiterhin alles bedingungslos glauben wird, der hat auch kein besseres Amerika und eben auch keine bessere Welt verdient.

Gruß Ben