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5. November 2005, 02:23   #10
Ben-99
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... oha, das hätte ich eigentlich nicht erwartet, daß es hier so viele Fans solcher eitlen ständig zappelnden und wirres Zeug redenden Fernsehköche gibt. Ist ja auch Geschmacksache, und ich werde mich hüten, Andersdenkende in dieser Hinsicht zu kritisieren.

Gerade, weil ich mir in letzter Zeit auch wieder öfter die Sendungen mit Johannes Kerner anschaue. Er ist besser geworden, weil er wohl auch weg will vom "Gutmensch"-Image des schmusigen ewig braven "Menschen-Verstehers". Und seitdem traut er sich auch hin und wieder mal, kritisch nachzufragen.

Vom Typ her ist er auch für mich der sympathischste Groß-Talker, den das deutsche Fernsehen zur Zeit zu bieten hat. Weil man merkt, daß er handwerklich seinen Job beherrscht und auch imstande ist, aus dem Stegreif wohlformulierte Fragen zu stellen, fällt immer mehr auf, daß dagegen der Gottschalk-Spezie Günther Jauch eigentlich nur eine (teure) Mogelpackung ist. Beide kann man übrigens auch für schlappe 60-90.000 Euro Gage pro Abend für eine zünftige Betriebsfeier mieten ;-)

Ich sehe also die Kerner-Talkshows durchaus gern. Aber immer dann, wenn diese merkwürdigen Köche auftauchen, klinke ich mich lieber aus. Obwohl ich mir schon vor längerer Zeit tatsächlich mal eine ganze Sendung angesehen hatte, die aber wohl bis jetzt noch als eine Art Impfstoff auf mich wirkt, so daß ich seitdem immun gegen so einen Quark bin ;-)

Aber wer meint, daß nun auch noch Kochsendungen in der typischen "MTV"-Hampelart präsentiert werden sollten, bei denen es nicht um die eigentlichen Gerichte, sondern nur um den angeblichen "Star" hinter den Pötten geht, der soll das weiterhin schön finden. Wer etwas mehr von unsympathischen Schleimern wie zum Beispiel Johann Lafers weiß, der sein Publikum in Wirklichkeit verachtet, weil er die Blödheit der Leute von Anfang an nur dazu ausgenutzt hat, seinen Reichtum zu vermehren oder wer die aufdringliche grauenhafte Plapperschnute des offiziellen NDR-Freizeitkochs Rainer Sass nicht erträgt, weil der auch in seinem Hauptberuf als Versicherungsvertreter genau mit diesen Eigenschaften die Leute verarscht, der soll sich halt an solchen Sendungen in ständigem Kampf mit seinem Verstand erfreuen.

Übrigens hatte man auch schon vor 20 Jahren versucht, ahnungslosen Essern den Beruf des Kochs als "Künstler" vorzugaukeln. Damals waren Paul Bocuse und andere die Stars der Branche, die es toll fanden, im Gegenwert von 100 Euro eine fast noch rohe Möhre mit ein paar Gramm Fisch oder Fleisch zu kombinieren. Seitdem sind eigentlich alle froh, daß dieser Spuk wieder vorbei ist.

Doch nach der bewährten Gruselfilm-Regel "Sie kommen immer wieder" mußten dann beinahe zwangsläufig irgendwann auch wieder solche Löffel-Akrobaten wie Jamie Olivier und seine deutsche Blaupause Tim Mälzer auftauchen. Natürlich diesmal zeitgemäß gestylt mit kahlem Schädel, Zickenbart und lustigen Tatoos.

Da oute ich mich doch lieber als zumindest in dieser Hinsicht extrem "konservativer" Fernsehkonsument, der sich nach wie vor lieber eine Sendung des altersmäßig fast schon scheintoten Plappermauls Alfred Biolek anschaut, der wenigstens noch nie von sich behauptet hat, daß er überhaupt professionell kochen kann. Und gerade diese tapsige Art, durch die auch in mindestens jeder zweiten Sendung irgend etwas schiefgeht, gefällt mir schon seit Jahren ;-)

Mal davon abgesehen, daß man hin und wieder auch mal Interessantes über seine hobbyköchelnden Promi-Gäste erfährt. Denn, mit Verlaub: Mir geht es völlig am Arsch vorbei, wenn Fernsehköche nur die ganze Zeit von sich selbst erzählen. Und genau deshalb halte ich solche Sendungen für ebenso überflüssig wie "Frisör-Shows", die uns wohl in ein paar Jahren als nächstes zugemutet werden, nachdem auch der letzte aufdringliche Fernsehkoch hoffentlich endgültig seinen Löffel abgegeben habt.

Und nach der irre aufregenden "Fernsehfrisör"-Welle wird dann wieder etwas anderes kommen. Vielleicht ist Günther Jauch im Jahre 2015 erfolgreich mit der beliebten "Klempner-Show", die er mit Hörgerät und künstlichen Hüftgelenken wie immer erfolgreich auf RTL moderieren wird. Während Johannes Kerner den öffentlich-rechtlichen Zuschauern salopp im Rollstuhl beweist, daß auch der Beruf des Verwaltungsangestellten irre aufregend sein kann, wenn er sich nur in einem schrillen Outfit vor der Kamera präsentiert und jeden von ihm kreierten Fragebogen seiner Behörde mit einem coolen "Yeah" den jungen Zuschauern vorstellt, die ihm auch sonst alles blind unterschreiben würden, was er ihnen unter die Nase hält.

Wie gesagt, ich liebe solche Sendungen, bei denen theoretisch jeder Rotzlöffel zu einem internationalen "Star" aufgeblasen werden kann, nur weil er sich in seinem erlernten Beruf auskennt und wohl auch mal irgendwann mehr oder weniger "zufällig" dem einen oder anderen nicht gerade unwichtigen Fernsehredakteur über den Weg gelaufen ist ;-)

Gruß Ben