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30. May 2008, 11:51   #270
Ben-99
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... ich könnte mir auch vorstellen, daß es verantwortungsbewußte Ärzte gibt, die sie für stark suizidgefährdet halten - vor allem ab dann, wenn das Publikum mal irgendwann nichts mehr von ihr wissen will. Und dann können sich ihre Medienberater und Rechtsanwälte nicht die Hände in Unschuld waschen und argumentieren, sie selbst habe sich doch immer wieder ins Rampenlicht gedrängt.

Und wer legt ihr bloß solche furchtbar gestelzten Formulierungen in den Mund?


Zitat:
"Hallo, ich bin Natascha Kampusch. Nachdem lange Zeit in den Medien über mich berichtet wurde, ist es mir heute ein Anliegen, selbst Inhalte zu gestalten. Mich interessieren Menschen, die ihren Alltag mutig und zuverlässig bewältigen und dabei oft Außergewöhnliches leisten. Sie sind eingeladen dabei zu sein, wenn ich auf Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur, Musik und Literatur, Wissenschaft und Politik treffe."
Den offiziellen Trailer für die erste Sendung kann man sich hier anschauen:

Natascha Kampusch Talksendung Teaser

Gruß Ben




[edit]

"Manchmal", heißt es in einem lesenswerten "Spiegel"-Artikel über die heutige Pressekonferenz beim Sender "Puls 4", "sind Medienberater schlimmer als der grelle Boulevard":

Zitat:
Puls 4 hat zur Preview geladen, nicht etwa für einen Film, nein, für 40 Minuten Talk mit der Masterin. Selten wohl hat es so etwas gegeben, dass eine schnöde Fernsehsendung sogar mit Akkreditierungspflicht vorab präsentiert wurde. Der Hype, den Kampusch bisher offiziell ablehnte - Puls TV gibt ihm Nahrung.

Draußen ist es schwüle 30 Grad warm. Drinnen sitzen rund 40 Journalisten und schwitzen. Dann geht es los, die große Natascha-Kampusch-Show kann beginnen. Erster Gast ist der ehemalige Formal-1-Weltmeister und heutige Airline-Betreiber Niki Lauda.

(...)

Zur Sprache kommt der schlimme Unfall am Nürburgring, Lauda zeigt seine Verbrennungen an der rechten Hand, an der Stirn, wo Hauttransplantationen erforderlich waren, er zückt seine Kappe und zeigt die blanke Kopfhaut. Natascha fragt: "Wie haben sie diese Zeit empfunden?" Er habe keinerlei Erinnerungen, sagt Lauda, weder an den Aufprall noch an das Feuer. "Gott sei Dank."

(...)

Kampusch selbst war monatelang aus den Schlagzeilen so gut wie verschwunden, es ging um den Kriminalfall Kampusch, nicht mehr um das Opfer. Dann kam Amstetten: Der Fall des Josef Fritzl, der seine Tochter 24 Jahre lang ebenfalls in einem Keller missbrauchte und mit ihr sieben Kinder zeugte. Und Natascha? In dem Moment, wo sich das Medieninteresse, der Hype, von ihr wegbewegte zu einer anderen, noch monströseren Geschichte, zu anderen Kellerkindern, in diesem Moment meldete sich Kampusch erneut zu Wort. Der eingesperrten Elisabeth F. und ihren Kindern bot sie Hilfe an, Geld, ein Gespräch – schließlich kenne sie die Situation völliger Isolation aus eigener Erfahrung.

Es folgten Interviews, auch in ausländischen Medien, sie stellte sich den Fragen der "Bunten" genauso wie Society-Talkerin Birgit Schrowange von RTL. Mag sein, sie kann nicht anders, mag sein, dass sie nur diese eine Geschichte hat. Nur warum begibt sich ein Mädchen, das immer wieder klagt, dass so viel (falsches) über sie berichtet wurde, selber immer wieder in dieses Minenfeld? Mag sein, dass sie den falschen Berater hat.

(...)

Es ist geschafft, in der Roten Bar stellen sich die Macher der Talkshow den Fragen der Journalisten, die Programmverantwortlichen, der Fernsehgeschäftsführer und Kampuschs Medienberater, ein kleiner, älterer Mann in hellem Anzug, seine Krawatte ist etwas zu lang gebunden. (...) Wie denn die finanziellen Vereinbarungen aussehen, fragen die Journalisten. Honorar erhalte Kampusch nicht, sagt der Medienberater. Lediglich eine Art Aufwandsentschädigung, es sei der "Versuch, etwas in der Gesellschaft zu machen". Sie nehme ja auch Sprechunterricht, lerne viel. Der Sender seinerseits macht mit Kampusch Quote, so gut es denn geht. In einer Diskussions-Sondersendung soll es am Sonntag anlässlich der Talkshow-Premiere um die Rolle der Medien gehen, "Zwischen Informationspflicht und Hetze", so der Titel der Sendung. Es geht um den Fall Kampusch und um Amstetten.

Natascha Kampusch – sie wird erneut vermarktet. Unentgeltlich diesmal. Manchmal, so hat es den Anschein, sind Medienberater schlimmer als der grelle Boulevard.

Kampusch-Talkshow - "Sie müssen mir jetzt helfen"