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8. August 2002, 11:53   #2
jupp11
 
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Und an genau dieser Dame oben, der Lou Andreas Salome kann man fest machen, welch Geistes Kind Nietzsche letztlich war.

Nachdem seine Bemühungen um sie erfolglos geblieben waren (sie war 1882 kurze Zeit mit Nietzsche befreundet), zeigte dieser Philosoph wirklich wahre Grösse als er sein Urteil über sie abgab.

Ich habs mal zu ein paar anderen Urteilen gestellt, damit man sich selbst ein Bild machen kann:

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Friedrich Nietzsche
Dieses dürre schmutzige übelriechende Äffchen, mit ihren falschen Brüsten - Ein Verhängniß! Pardon!
Entwurf eines Briefes an Georg Rée, 1883

Marie von Ebner-Eschenbach
Lou Andreas ist unter den heutigen Dichterinnen die geistigste, die psychologisch tiefste - das unterschreibe ich mit Buchstaben so hoch wie der Usspenski-Dom. Respekt vor Ihnen, begnadete Frau und vor Ihrer Kunst und vor Ihrer Weisheit.
Brief an Lou, 1901

Rainer Maria Rilke
... das Wunderbarste, was für Herrlichkeiten weiß diese Frau einzusehen, wie wendet sie sich alles, was ihr Bücher und Menschen im rechten Moment zutragen, zum seeligsten Verständnis, begreift, liebt, geht furchtlos in den glühendsten Geheimnissen umher, die ihr nichts thun, die sie nur anstrahlen mit reinem Feuerschein. Ich weiß und wußte seit jenen fernen Jahren, da sie mir zuerst zu so unendlicher Bedeutung begegnet ist, niemanden, der so das Leben auf seiner Seite hätte, im Sanftesten wie im Furchtbarsten die eine Kraft erkennend, die sich verstellt, die aber immer, selbst wo sie tötet noch, gebend sein will.
Brief an die Fürstin Taxis, 1913

Sigmund Freud
Die letzten 25 Lebensjahre dieser außerordentlichen Frau gehörten der Psychoanalyse an, zu der sie wertvolle wissenschaftliche Arbeiten beitrug und die sie auch praktisch ausübte. Ich sage nicht viel, wenn ich bekenne, daß wir es alle als eine Ehre empfanden, als sie in die Reihen unserer Mitarbeiter und Mitkämpfer eintrat, und gleichzeitig als eine neue Gewähr für den Wahrheitsgehalt der analytischen Lehren ... Meine Tochter, die mit ihr vertraut war, hat sie bedauern gehört, daß sie die Psychoanalyse nicht in ihrer Jugend kennengelernt hatte. Freilich gab es damals noch keine.
"Nachruf", 1937

Viktor von Weizsäcker
Ihre auch in jener Schrift an Freud bekundete Freiheit gegenüber dem psychoanalytischen Schulbetrieb, ihre höchst persönliche Umformung der Doktrin kraft eigener Originalität hatten auf mich eine entlastende Wirkung. Man sah hier, daß man das, was wahr ist an einer Lehre, auch in andere Sprachen übersetzen kann ... Der seltene Fall, daß jemand diese Wissenschaft tief genug begriffen und doch eine eigene Persönlichkeit geblieben war, ist mir weder vor - noch nachher so hilfreich begegnet wie bei Lou Andreas-Salomé.
"Natur und Geist", 1976
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