Thema: Dresden
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16. March 2006, 10:07   #38
Ben-99
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... "Beschämend", heißt es in einem FAZ-Artikel, "sind gegenwärtig volksverhetzende Seiten im Internet, die unter dem Titel 'No tears for Krauts' den Abriß der Frauenkirche fordern oder unter der Schlagzeile 'Heult doch!', wie sie sagen, 'Deutsche Opfermythen angreifen' wollen. Man wünschte sich energische Staatsanwälte, die den einschlägigen Gesetzen auch einmal nach dieser Seite Geltung verschafften."

So weit würde ich gar nicht mal gehen. Denn "Antideutsche" und andere wunderlichen Splittergruppen, die ja auch gern als letzte Mohikaner den "heldenhaften Befreiungskrieg" der Amerikaner im Irak loben, machen sich auch diesmal wieder lächerlich, wenn sie behaupten, daß nur sie und irgendwelche nahezu unter Ausschluß der Öffentlichkeit in Kleinstverlagen publizierenden Dresden-"Experten" die Weisheit mit Löffeln geschlürft haben, während alle anderen mal wieder keine Ahnung haben.

Und wie schon bei der weltweiten Kritik an George Bush wird einfach behauptet, daß die großen Zeitungen dieser Welt allesamt Unsinn verbreiten. Ja, ja, schon klar. Und wenn mein leichtgläubiger "Sohn" von seinem Sektenführer den Auftrag bekommt, uns und der übrigen Welt zu erklären, daß die Erde nun doch eine Scheibe sei, dann würde er auch dafür sicherlich sofort die richtigen Argumente parat haben ;-)

Leider sieht die politische Realität aber ganz anders aus, als sich die Träumer auf den Bahamas ausmalen. Und deshalb bleibt ihnen nur, auch weiterhin Gift und Galle über weltweit angesehene Blätter wie die "Washington Post", "New York Times" "Spiegel", etc. zu rotzen und eben tapfer weiter zu behaupten, daß alle Journalisten und Historiker "lügen", wenn sie nicht zu den selben Schlüssen kommen wie die wackeren "Antideutschen", die inzwischen schon nicht mal mehr vor lächerlichen Vergleichen zwischen Goebbels und ZDF-Redakteuren zurückschrecken.

Aber mal wieder zurück in die wirkliche Welt. Gibt man einfach nur die beiden Suchbegriffe "Dresden" und "Napalm" ein, spuckt Google gleich als allerersten Link den FAZ-Artikel aus, aus dem auch das obige Zitat stammt und aus dem Ihr im Anschluß meines Beitrags noch mehr erfahren könnt.

Anschließend folgen Ausschnitte aus einem NZZ Online-Artikel. Und nun wird mir mein "Sohn" sicherlich erklären, daß natürlich auch die Redakteure der "Frankfurter Allgemeinen" und der "Neuen Zürcher Zeitung" keine Ahnung haben, da sie ja sonst auch nicht für solche "unbedeutenden" Blätter schreiben würden ;-)

Gruß Ben

Zitat:
Zitat von FAZ.Net

Man wird von einer Waffe nicht leichtfertig sagen, daß sie an sich böse sei. Schwert und Schild und Lanze sind Instrumente eines Kampfes, in dem beide Seiten die gleiche Chance haben, und das gilt sogar noch für Gewehr und Panzer. Aber Napalm ist ein Kampfmittel, das schon seiner technischen Beschaffenheit nach einen teuflischen Charakter trägt. Es brennt nicht nur.

Napalm, das erst im Vietnam-Krieg zum Begriff wurde, ist ein Kampfstoff auf Kautschukbasis, mit Phosphor versetzt. Verbindet sich der Phosphor mit Luft, dann entzündet sich das Gemisch, und es läßt sich weder vom Körper abwaschen noch dauerhaft löschen: In dem Moment, da Luft an die Wunde kommt, entzündet es sich erneut. Wer auch nur einen Spritzer davon abbekommt, ist fürs Leben gezeichnet, wenn er denn davonkommt. Es ist ein technischer Experte, der in der Dresden-Dokumentation von Sebastian Dehnhardt über die Brandwaffen der Angriffe aufklärt: Es waren nicht Phosphor-, sondern Napalmbomben. Suchte man nach Vergleichbarem, dann käme man auf eine vergiftete Schwertspitze.

(...)

Die britischen Täter, Mitglieder der Bomberbesatzungen, äußern sich so, wie Täter überall auf der Welt: Es war furchtbar, aber es ging nicht anders. „Es war ein normaler Einsatz, etwas, was man uns befohlen hatte und was wir ausführten”, sagt der Funker Alf White von der „Royal Air Force”.

Die einzige Ausnahme von dieser Verhaltenslehre der Kälte macht der amerikanische Kopilot Donald Nielsen: „Wir hatten nicht mehr den Eindruck, daß wir auf ein militärisches Ziel flogen. Es war, als würde man uns nur noch schicken, um Gebäude zu zerstören und Menschen zu töten. Ich habe Gott oft um Vergebung gebeten.” Schade, daß in der Sendung alles fehlt, was nicht von unmittelbar Beteiligten erlebt und gesehen wurde. So vermißt man vor allem den Brief des dreiundachtzigjährigen Gerhart Hauptmann: „Wer das Weinen verlernt hat, der lernt es wieder beim Untergang Dresdens.”

Immer wieder hat man über die Zahl der Toten gestritten, nie ohne den Gedanken der politischen Instrumentalisierung. Derzeit wird, auch im Kommentar der Sendung, eine offizielle Zahl von 35.000 Opfern genannt; die wirkliche dürfte wegen des Feuersturms, der keine identifizierbaren Leichen hinterließ, wohl höher liegen. Mit ungesicherten Hochrechnungen sollte man dennoch vorsichtig sein.

Beschämend sind gegenwärtig volksverhetzende Seiten im Internet, die unter dem Titel „No tears for Krauts” den Abriß der Frauenkirche fordern oder unter der Schlagzeile „Heult doch!”, wie sie sagen, „Deutsche Opfermythen angreifen” wollen. Man wünschte sich energische Staatsanwälte, die den einschlägigen Gesetzen auch einmal nach dieser Seite Geltung verschafften.

http://www.faz.net/s/RubEBED639C476B...~Scontent.html
Zitat:
Zitat von NZZ Online

Nur Minuten nach der Zielmarkierung flogen 244 britische Lancaster-Bomber in einer ersten Welle dröhnend über Dresden hinweg und zerstörten mit einer tödlichen Last von Spreng- und Brandbomben die berühmte Altstadt. Es war ein präzises, genau orchestriertes Unternehmen. Die schweren Sprengbomben sollten nicht nur Strassen blockieren, sondern in den dicht gefügten Altstadthäusern Türen und Fenster einbrechen, so dass ein gewaltiger Luftzug den Tausenden von Feuerherden erst die richtige Nahrung gab. Schon beim Ende der ersten Welle brannte die Altstadt lichterloh; der gefürchtete Feuersturm, ein heisser Flammensog, der alles durchdrang und entzündete, hatte sich bereits entwickelt.

(...)

Die Aura des sinnlosen Opfers freilich sollte von jetzt an fast nur noch Dresden umgeben. Sogar bei den Alliierten hatte man die enormen Schäden registriert. Die Zerstörung der Altstadt und der Tod der Flüchtlinge hatten im britischen Unterhaus ein parlamentarisches Nachspiel zur Folge, und in einem Teil der Presse wurden zu Sinn und Zweck dieser Angriffe recht hartnäckige Fragen gestellt.

http://www.nzz.ch/2005/02/12/al/articleCI9DY.html