Thema: Die Gong-Show
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8. November 2003, 20:30   #1
Maggi
 
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Die Gong-Show

Die Gong-Show, das beste, was das Deutsche Fernsehen zu bieten hat. Das einzig traurige daran: Das ist keine Parodie. Es ist alles ernst gemeint. Kandidaten, von anderen Castingshows totgetrampelt können ihr nicht vorhandenes Talent in dieser Show des untersten Niveaus ausleben.

Mit einem Drittel Dutzend selbsternannter, völlig unlustiger Komiker als Jury kam heute also um 19.15 Uhr die reinste Personifizierung der abgrundtiefen Peinlichkeit auf dem vor Stupidheit platzendem Sender Sat.1 (wie sollte es auch anders sein). Wobei jeder vernünftig denkende Mensch Mitleid mit einer solchen Personifizierung haben müsste, deren einziges Wort, sollte sie je sprechen können, wohl "Bitte töte mich - jede Sekunde meines Lebens ist die absolute Qual" wäre.

Von dem Beat Batrick - oder wie der sich auch immer nannte - bis hin zu Schneeflöckchen, dem peinlichen Gewinner dieser abgrundtief grottenschlechten Sendung. Schneeflöckchen lacht, als hätte er Asthma, Rheuma und leidete an einem Katarrh im fortgeschrittenen Stadium und quiekt zwischendurch wie ein Quietscheentchen. "Nächstes Jahr wird er mit seinem Lied auf Mallorca zu sehen sein, dass man übrigens nicht Mallorca ausspricht, sondern Maiorca, hm-hm. :Yes:" verzapft der Moderator, dessen Fähigkeiten, eine Show zu moderieren, sowieso zu wünschen übrig liessen.
Schneeflöckchen verkörpert ausserdem als schwarzer Rasta jede schlechte Seite von Roberto Blanco, außerdem kommt er aus Holland und ebnete damit einem dieser selbsternannten Komiker, deren lustig Quartett sich "Jury" nannte, einem tollen Witz, der da lautete: "Ohne Holland, fahr'n wir zur WM!". Das stieß einerseits auf hysterisches Quieken von Schneeflöcken, dem wohl die Lederhose zu sehr auf den Unterleib drückte, und andererseits zu Gröhlen von Fussballliedern seitens des Publikums. Doch die Jury setzt noch einen drauf: "Jetzt weiß ich auch, warum Holland nicht zur WM zugelassen werden konnte: Wie soll man denn auch mit 'nem Wohnwagen nach Korea."

Während noch die Jubelschreie des letzten Witzes, der aus der Jury heraustrompetet wurde, noch nicht ganz verklungen sind, hat bereits der lustige Blondschopf, dessen Frisur wie Tim und der Rest wie Struppi aussieht, ein tollen Witz gemacht. Die Halle kennt keine Grenzen mehr, erste Betonbröckchen fallen von der Decke, es gibt Standing Ovations für einen Witz, den niemand kapiert hat. Jeder lacht nur, weil der Nachbar auch lacht.
Doch da geht der rasante Lauf der Gong-Show auch schon weiter. Ein "Ossi" muss sich verteidigen, da er als einziger den Witz kapiert hat, den Struppi vorhin gemacht hat. "Dafür hab' ich 40 JAHRE GEWARTET!" Die letzten Worte brüllt er fast. Doch diesmal war diese, spontane Reaktion zuviel für das Publikum. Die allgemeine Stille wird nur durch ein Husten und Schneeflöckchens rhytmisches Keuch-Japsen unterbrochen.

Der Moderator ist verwirrt. Er schaut nach oben: Ist etwa die "Bitte Lachen"-Anzeige ausgefallen? Nein, die geht noch. Doch seinem blitzeblanken Verstand fällt sofort etwas anderes ein: Mach'ma erstmal die Auswertung. Wer wird der Champion der Gong-Show?

Knapper Sieg für Schneeflöckchen. Knapp, die Wonderartists waren bittere Konkurrenten. Ebenso die Bimmel-Bammel-Bauchtanz-Frau. Doch letztlich zählt nur eines: Der Sieg. Schneeflöckchen reisst sich den Filzhut vom Kopf, hüpft auf und nieder und kann nur knapp einem Herzinfarkt entkommen.

Das lehrt uns: Alles ist relativ. Also ist es auch relativ schade, dass die relativ gute (nämlich relativ zur Show) Fernsehzeitschrift "Gong" ihren Namen für dieses Bääh mit einem Niveau, tief wie der Marianengraben, hergeben musste. Sat.1, die Zukunft des deutschen Fernsehens? Mann...