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1. June 2002, 19:49   #4
ayla
 
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Das Urteil im Sauerbraten-Prozess ist jetzt da.

Wirtin verlor Sauerbraten-Prozess

Auerbach (dpa) - Im Streit um einen Sauerbraten hat das Amtsgericht im sächsischen Auerbach die Klage einer Gastwirtin abgewiesen. Die Klägerin habe nicht eindeutig beweisen können, dass der umstrittene Braten an jenem Augustsonntag im vergangenen Jahr tatsächlich von mittlerer Art und Güte war, hieß es zur Begründung.

Ein Gast des Mylauer «Schützenhauses» hatte damals die Zahlung eines bestellten Sauerbratengerichts verweigert. Er bemängelte die Soße als zu hell, mehlig und nach Schwein schmeckend, das Rotkraut sei verkocht gewesen. Am Braten aus Rindfleisch selbst und den dazu servierten Klößen hatte der Beklagte, ein gelernter Restaurantfachmann, nichts auszusetzen. Trotzdem ließ er das gesamte Gericht zurückgehen.
Wirtin Antje Tremel stieß die Kritik des Gastes sauer auf: Sie fühlte sich in ihrer Ehre gekränkt und sah den Ruf ihres Restaurants in Gefahr. Auf den Rat der hinzugerufenen Polizei strich sie das umstrittene Gericht im Wert von 13,80 Mark (rund 7 Euro) zunächst von der Rechnung, um die Zahlung später einzuklagen.

Zur Klärung, ob es sich bei dem Sauerbraten um ein Gericht mittlerer Art und Güte handelte, konnte auch ein Kochausbilder als Sachverständiger nur wenig Beitragen. Richter Arno Schmelcher fehlte einfach das «Corpus Delicti», jenes beanstandete Mahl vom vorigen August. Zwei Zeugen, die von genau dem Teller mit dem reklamierten Gericht probiert haben wollen, machten unterschiedliche Aussagen: Ein Freund des Beklagten bestätigte die Mängel, während der Freund der Wirtin das Gericht einwandfrei fand.

Nach dem Richterspruch muss die Gastwirtin nun nicht nur auf die 7 Euro verzichten, sondern auch noch die gesamten Gerichtskosten tragen. Der «Fall Sauerbraten» schmorte seit Monaten beim Auerbacher Amtsgericht, zwei Verhandlungen waren geplatzt. Einmal hatte die Klägerin zu wenig Geld für den Sachverständigen überwiesen. Ein anderes Mal hatte der Beklagte die Verhandlung versäumt und war in Abwesenheit zur Zahlung des Sauerbratens verurteilt worden. Dagegen legte er Widerspruch ein, das Versäumnisurteil gegen ihn aus dem vergangenen Jahr wurde mit dem jetzigen Urteil aufgehoben.
Bei der Urteilsverkündung waren lediglich vier Zuschauer - allesamt Journalisten - anwesend, Vertreter der Streitparteien fehlten. Der Sauerbraten-Prozess von Auerbach hatte in den vergangenen Tagen für ähnliche Schlagzeilen gesorgt, wie vor knapp drei Jahren die resolute Auerbacherin Regina Zindler. Sie stritt sich mit ihrem Nachbarn um dessen Knallerbsenstrauch, der in ihren Maschendrahtzaun gewachsen war.

Bei sächsischen Juristen gelten die Vogtländer schon länger als streitbares Völkchen. Bereits vor mehr als 80 Jahren stellte ein Zwickauer Landgerichtspräsident beim Durchsehen der Gerichtsakten fest, dass Leute aus dem Vogtland besonders häufig die Rechtsgelehrten beschäftigen. Dabei stand schon damals der Streitwert oftmals in keinem Verhältnis zu den Gerichtskosten.
dpa-Meldung 31.05.2002