Thema: Stichtage
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4. March 2008, 08:31   #64
Jules
 
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04. März 1948: Krankenschwester Elsa Brändström gestorben

West-Sibirien im Ersten Weltkrieg. In zwei Erdbaracken liegen 2.300 deutsche und österreichische Kriegsgefangene. Kranke und Gesunde sind so dicht nebeneinander, dass man über ihre Körper steigen muss. Leichen werden in einer Ecke aufgestapelt und erst abgeholt, wenn genügend Tote für eine Wagenladung beisammen sind. Die Fuhre zum Massengrab kommt später mit Fleisch für die Überlebenden zurück. "Wer noch Kraft hatte, aß", wird sich die Krankenschwester Elsa Brändström erinnern. "Tage vergingen, an denen es nicht einen Tropfen Wasser gab, Schwerkranke schleppten sich mit letzter Kraft hinaus, um ihren brennenden Durst im Schnee zu löschen."

Brändström wird 1888 als Tochter eines schwedischen Militärattachés geboren. Als der deutsche Kaiser Russland 1914 den Krieg erklärt, lebt sie in Sankt Petersburg. Bald schon gehen viele Damen der feinen russischen Gesellschaft in die Lazarette, um den Verwundeten die Stirn zu tupfen oder Kopfkissen aufzuschütteln. Als das Elend zu groß wird, ziehen sie wieder ab. Elsa Brändström bleibt und lässt sich im russischen Krankenpflegedienst ausbilden. Mehrmals gerät sie in Lebensgefahr, steckt sich mit Flecktyphus an. Ihr Einsatz bringt ihr den Beinamen "Engel von Sibirien" ein. Ihre Erlebnisse hält sie später in ihrem Buch "Unter Kriegsgefangenen in Russland und Sibirien 1914 bis 1920" fest. Dass sich die deutschen Soldaten darin positiv von den "slawischen Elementen" abheben, ist wohl weniger ihrem Rassismus als der Situation im Gefangenenlager geschuldet.

Adolf Hitler sieht das vermutlich anders. Nach seiner Machtergreifung schickt er Brändström, die in Deutschland inzwischen eine Kuranstalt für Kriegsgeschädigte und ein Waisenhaus gegründet hat, eine Einladung zu einem Treffen. "Nein. Elsa Brändström" soll die Krankenschwester per Telegramm geantwortet haben. Mit ihrer Familie übersiedelt sie in die USA und schickt von hier nach dem Zweiten Weltkrieg die ersten Care-Pakete ins zerstörte Deutschland. Brändström stirbt am 4. März 1948 in Boston.

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