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1. April 2007, 17:21   #41
Ben-99
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... schön, daß Du mir zumindest in diesem Punkt zustimmst, tschubbl. Mir ist es aber immer noch ein Rätsel, warum sich manche nach so langer Zeit derart in die bereits abgestraften letzten Ex-Terroristen verbeißen. Die RAF gibt es seit langem nicht mehr. Und es geht per Saldo dabei um rund 30 Menschen, die während der gesamten Zeit als Opfer zu beklagen sind. Diejenigen, die sich derzeit von "Bild" und anderen Medien aufhetzen lassen, so daß sie schon nicht mal mehr bereit sind, unsere Verfassung zu respektieren, die überhaupt die Grundlage unseres freiheitlichen Rechtsstaats bildet, ohne die wir hier auch nicht frei im Internet schreiben könnten, sollten mal endlich versuchen, die unterschiedlichen Dimensionen zu begreifen.

Daran, wie hierzulande vergleichsweise milde mit Nazis umgegangen worden ist, an denen nachweislich das Blut von Millionen unschuldiger Menschen klebte und von denen manche sogar eigenhändig Hunderte gekillt haben, hat ja schon Peggy Parnass erinnert. Und eigentlich sollten wir froh darüber sein, daß sich die RAF die "Mühe" gemacht hat, nur gezielt ausgewählte Vertreter des ihnen verhaßten Systems zu liquidieren, denen sie in der damaligen Zeit eine Mitschuld für die Verbrechen des Kapitalismus anlasteten, zu denen für sie auch die Millionen Toten des Vietnam-Kriegs zählten. Allerdings muß man auch den Tod von ein paar Fahrern und Polizeibeamten bedauern. Doch wer sich inzwischen an den ekelhaft zynischen Begriff "Kollateralschaden" gewöhnt hat, mit dem unsere Verbündete den Tod Tausender Zivilisten bei Angriffskriegen als eine Art notwendiges Übel verharmlosen, sollte nun wirklich nicht bei gerade mal einem halben Dutzend Opfern unter sogenannten "Nichtbeteiligten" wie am Spieß aufschreien.

Stellt Euch mal vor, die RAF hätte sich damals diese "Mühe" nicht gemacht und es vorgezogen, lieber alle paar Wochen eine Bombe in einem Restaurant, Bahnhof, Flughafen oder Fußballstadion zu zünden – dann wären insgesamt nicht rund 30, sondern vielleicht 3.000 Opfer oder mehr zu beklagen gewesen. Anderswo ist es ja so. Und an manchen Tagen kommen im Irak 150 Menschen bei einem einzigen Anschlag ums Leben – das ist die fünffache Opferzahl im Vergleich zu den Gesamt-Toten, die die RAF zu verantworten hat.

Schon von daher waren Meinhof, Mohnhaupt, Klar & Co. keine "primitiven Mörder", sondern es war ihnen von Anfang an wichtig, der Bevölkerung klarzumachen, daß kein Normalbürger Angst um sein Leben haben muß. Leider ist ihnen das nicht gelungen, weil "Bild" und andere rechte Medien es schafften, durch ihre völlig überzogene Berichterstattung Panik unter den in Wirklichkeit gar nicht Betroffenen aufkommen zu lassen.

Und wenn ich manche hysterischen Rache-Forderungen von Dir, Ogino, lese, werde ich das Gefühl nicht los, daß diese völlig unbegründete Angst in machen Leuten auch noch nach 30 Jahren steckt. Dann solltest Du mal abwarten, was auf uns zukommt, wenn sich irgendwann zur Abwechslung in Deutschland auch mal aus dem rechtsradikalen Mob eine Terror-Vereinigung bildet. Daß auch die nur gezielt ein paar Politiker und Wirtschaftsbosse umlegen werden, halte ich für kaum wahrscheinlich. Eher werden alle paar Tage irgendwo Menschen durch Bomben zerrissen werden – wie damals auf dem Münchner Oktoberfest.

Und spätestens, wenn dann auch in Berlin bei einem Terror-Anschlag ein Freund oder Verwandter von Dir ums Leben kommt, wird Dir ein Licht aufgehen. Und auch andere werden dann endlich begreifen, daß der sogenannte "heiße Herbst" '77 dagegen harmlos war und wie lächerlich es ist, die Täter selbst nach Verbüßung ihrer jahrzehntelangen Haftstrafen noch immer derart zu hassen, als ob sie für uns oder zumindest für unsere Demokratie gefährlicher werden könnten als jeder Otto Schily, Wolfgang Schäuble, Günther Beckstein oder Roland Koch. Die korrupten Wirtschafts-Verbrecher an den Spitzen der Konzerne, von denen es heute viel mehr als in Zeiten der RAF gibt, will ich gar nicht erst erwähnen.

Gruß Ben