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22. May 2007, 17:34   #12
Ben-99
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... ehrlich gesagt, mag ich diesen Thread nicht besonders, weil ich als großer Ameisen-Fan diese Tiere für die (als Volk) intelligentesten und auch für uns Menschen wichtigsten Lebewesen auf der Welt halte, ohne die wir und andere Arten überhaupt nicht existieren könnten.

Andererseits kann ich verstehen, daß man schon mal genervt sein kann, wenn sie sich im ganzen Haus breitmachen. Ich hatte ja auch schon mal so eine Invasion erlebt, stellte dann aber fest, daß sie sich nur auf einer bestimmten "Straße" bewegten und mir nie zu nahe kamen. Als ich dann auch noch hörte, daß sich das Nest mehrere Meter unter der Erde befinden könnte, habe ich einfach mit ihnen zusammengelebt, sie studiert und war im nächsten Jahr sogar ein wenig traurig, daß sie nicht noch einmal zu Besuch kamen. Es ging ihnen nämlich nur darum, in einer bestimmten Mondnacht im Frühjahr den Abflug ihrer Tausenden Jungweibchen zur organisieren:

Zitat:
Die Männchen leben nur kurze Zeit; sie sterben nach der Befruchtung eines Weibchens. Die geschlechtl. aktiven Jungweibchen sind, wie die Männchen, zunächst geflügelt. Wenn diese Weibchen im Frühjahr ausfliegen, folgen ihnen die Männchen, um sie in der Luft zu begatten. Danach werfen beide Geschlechtstiere die Flügel ab. Jedes befruchtete Weibchen sucht sich nun eine geeignete Stelle, um einen neuen Staat (Nest) zu gründen. Von diesem Zeitpunkt ab wird es als Königin bezeichnet.

(Meyers Lexikon)
Da sie nur eine Art Hilfsflügel haben, die manchmal schon im Flug von allein abfallen, sind die proteinreichen Leckerbissen in diesem Augenblick eine leichte Beute für andere Tiere, so daß für sie die Chance, als Königin zu überleben, sogar noch geringer als ein Lotto-Haupt-Treffer ist.

Mich wundert, daß sie bei Dir so untypisch unorganisiert "überall" sein sollen. Denn schon als Kind hatte ich mal während eines Urlaubs in Spanien fasziniert die Ameisen in unserem Ferienhaus beobachtet. Es war Anfang der 60er Jahre, und in solchen abgelegenen Dörfern war es noch üblich, daß man sich das Wasser aus einem Brunnen zog und noch auf Kohle-Herden auf offenem Feuer kochte. Und doch erstreckte sich die lange Ameisen-Straße durch das gesamte Haus fast wie mit einem Lineal gezogen auch quer über den riesigen Eisen-Herd, was mich verblüffte. Natürlich nur ab nachts bis zum nächsten Nachmittag, wenn die Küche kalt war. Für die heißen Stunden benutzten sie eine nur wenige Meter entfernte Ersatz-Route, von der sie allerdings auch nie abkamen, so daß sich von uns nicht wirklich jemand von ihnen in irgendeiner Form gestört fühlte.

Das muß wohl der Augenblick gewesen sein, als sich der kleine Ben in dieses Volk verliebte. Und noch heute verschlinge ich alles, was ich an neuen Infos über Ameisen finde, sammele auch alle Filmdokumentationen über sie und bin mir ganz sicher, daß wir nicht mal zum Zeitpunkt des Aussterbens unserer Art alle Rätsel gelöst haben werden, um herauszufinden, wie ein Tiervolk eine so perfekte Sozialstruktur entwickeln konnte, bei der jedes einzelne Individuum zu jedem Zeitpunkt immer genau weiß, was zu tun ist, um für alle nützlich zu sein.

Da es bei uns umgekehrt ist und wir unsere Intelligenz nicht bündeln, um zu überleben, sondern sie meist für destruktive Ziele verschwenden, um dadurch unseren Aufenthalt auf diesem Planeten noch weiter zu verkürzen, sollten wir den Ameisen auch neidlos gönnen, daß sie nicht schon sehr viel früher auf der Erde waren als wir Menschen, sondern uns wohl auch Millionen Jahre überleben werden.

Gruß Ben