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10. July 2007, 03:25   #1
Ben-99
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Tom Cruise als Stauffenberg

... ich bin kein großer Fan von Tom Cruise, seit er durch einen vom Pentagon finanzierten US-Propaganda-Film berühmt geworden ist ("Top Gun"). Und doch hat er sich später als durchaus talentierter Schauspieler erwiesen. Zum Beispiel in "Rain Man" an der Seite von Dustin Hoffman oder in Stanley Kubricks letztem Meisterwerk "Eyes Wide Shut".

Und natürlich wird mir der Mann auch nicht sympathischer, wenn ich weiß, daß er für eine umstrittene ("Scientologie"-) Sekte wirbt. Aber was hat das mit der Dreh-Genehmigung an Original-Schauplätzen für ein Movie über Stauffenberg zu tun?

Die Welt schaut in diesen Jahren oft entsetzt auf Amerika, weil dort durch George Bush die Demokratie mit Füßen getreten wird. Um so schlimmer finde ich es, wenn wir Deutschen anderen Leuten vorschreiben wollen, welcher Religion sie gefälligst angehören sollten. Und daß eine deutsche Behörde Tom Cruise verbietet, Szenen seines Films im Berliner Bendlerblock zu drehen, halte ich für einen Skandal. Vor allem, weil schon einmal dort eine Film-Crew die Dreh-Genehmigung erhielt. Schließlich konnte auch damals vorher niemand ahnen, daß Jo Baiers deutscher Fernsehfilm über die tragische Figur des Hitler-Attentäters - wieder einmal exzellent von Sebastian Koch gespielt - zu einem Highlight der deutschen Fernseh-Geschichte werden würde.

Was Tom Cruise aus dem brisanten Stoff machen wird, dessen historische Relevanz endlich auch einmal weltweit Beachtung finden sollte, weiß ich nicht. Aber die umstrittene Frage, ob ein möglicherweise notwendiger "Tyrannen-Mord" in Ausnahmefällen auch eine moralische Berechtigung haben könnte, erscheint für mich wichtiger als die Sorgen irgendwelcher beamteter Berliner Bedenkenträger, die in Tom Cruise möglicherweise nicht den geeigneten Darsteller für eine inzwischen von uns Deutschen grotesk überbewertete Lichtgestalt sehen, auf die wir seit Jahrzehnten unser kollektives schlechtes Gewissen projizieren.

Das hat das neue, moderne Deutschland nicht verdient und auch nicht Tom Cruise. Es ist vielmehr einfach nur peinlich, wenn auch heute schon wieder der Staat darüber bestimmen will, welcher internationale Regisseur oder Schauspieler die "Ehre" haben soll, deutsche Geschichte verfilmen zu dürfen. Und daß bei der unwürdigen "Selektion" die Religionszugehörigkeit erst recht keine Rolle spielen darf, sollte eigentlich selbstverständlich sein.

Gruß Ben

PS: Zu diesem Thema hat auch der "FAZ"-Herausgeber Frank Schirrmacher einen sehr lesenswerten Aufsatz verfaßt:

Cruise als Graf von Stauffenberg: Die unmögliche Mission