Einzelnen Beitrag anzeigen
19. December 2005, 22:21   #8
tw_24
 
Benutzerbild von tw_24
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 1.018
Wir sind nicht auf dem Gebiet der Archäologie tätig, kommen also auch nicht in die Verlegenheit, uns bei den Einheimischen dadurch unbeliebt zu machen, daß wir ihnen oberlehrerhaft erklären, was sie als ihre Kultur zu schützen hätten, wie das Susanne Osthoff wohl tat. Zudem werben wir auch nicht damit, aus Deutschland oder Österreich zu kommen, die andere Idee der Susanne Osthoff, ein Deutsches Kulturzentrum in Arbil zu eröffnen und das als Entwicklungshilfe zu bezeichnen, hatten wir auch noch nicht.

Wenn wir uns unbeliebt machen, tun wir es auf anderem Gebiet, auf dem wir aber zugleich tatsächlich viel mehr Unterstützung erfahren - nicht aus Deutschland, das den Befreiungskrieg nicht wollte, sondern von Einheimischen, die, da es sich bei ihnen nunmal mehrheitlich um Kurden handelt, die in ihrem Landstrich aus eigenem Antrieb sehr wohl demokratische Verhältnisse schufen, die vorbildlich für den ganzen Irak sind, uns eher befreien könnten als jede deutsche Regierung, die bei uns ja nichtmal damit argumentieren könnte, daß wir als deutsche Staatsbürger doch aus einem Land kommen, dessen "Volk" gegen den Krieg gewesen ist.

Wir hatten bisher auch noch keine Probleme, Warnungen sprach nur das Außenamt des Joseph Fischer mal aus, das dann auch prompt seine Filiale in Bagdad schloß, als die Alliierten Saddam Hussein nicht mehr länger gewähren lassen wollten und damit einen Wunsch erfüllten, zu dem - rückblickend und mit dem Wissen um alles, was folgte - heute noch immerhin über 46 Prozent (2004: 48.2%) *) der irakischen Bevölkerung stehen, Antideutsche also schon 2002/03 wohl besser wußten, worauf die irakische Bevölkerung hoffte, als jenes Old Europe, das heute noch dem Diktator hinterherjammert.

Möglicherweise also sind wir zwar nicht ungefährdet, aber aus den verschiedensten Gründen wohl nicht so stark wie eine Susanne Osthoff und in der Tat sicher auch etwas anerkannter als sie, weshalb wir zumindest bisher für potentielle Entführer recht wenig attraktiv waren. Und daran wird sich in absehbarer Zeit nicht viel ändern, denn wer uns oder eine/n unserer irakischen Mitarbeiter/innen entführt, macht sich einfach bei zu vielen Menschen zu unbeliebt, also unterbleibt es.

Zitat:
Zitat von Ben-99
... genauso könnte jemand argumentieren, der im letzten Augenblick von der Feuerwehr aus einem brennenden Haus gerettet wurde. Warum sollte er sich auch zu irgend etwas verpflichtet fühlen?
Nun, moralisch verpflichtet wären der oder die Geretteten dann dennoch nur den Rettern, nicht aber einer Öffentlichkeit, die vor ein paar Tagen sich noch darüber echauffierte, daß BILD danach fragte, ob/wann Susanne Osthoff geköpft werde, ihrerseits jetzt aber doch auf dem gleichen Trip ist, indem sie sich am Gefühlsleben der ziemlich überforderten Angehörigen weidet, und ansonsten nur nach den Kosten fragt, aber wohl trotzdem nicht zufrieden wäre, gäbe man ein paar Zahlen heraus, zumal das Interesse spätestens dann wieder gegen Null gehen dürfte, wünschte Susanne Osthoff ein paar Spenden wofür auch immer.

Also, welche Verpflichtung sollte gegenüber dieser unbeteiligten Öffentlichkeit bestehen, der vermutlich ein kurzes schriftliches, aber ernstgemeintes Dankeschön schon wieder mächtig arrogant vorkäme?

*) Zu diesen Ergebnissen kam Oxford Research International im Auftrag u.a. des SPIEGEL.

MfG
tw_24