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1. January 2003, 11:38   #4
Akareyon
 
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Um Gottes Willen, Mike, das war doch genau das, worauf ich hinauswollte! Die Ideologie hinter den meisten "erdachten" (im Gegensatz zu den "gewachsenen") Systemen ist durch und durch löblich. Allerdings lassen die meisten die Psyche des Menschen außer acht. Für Egoisten ist im Kommunismus kein Platz, Altruisten gehen im Kapitalismus nieder, in einer Anarchie überleben nur die Stärksten, wenn die Schwachen nicht in ein soziales Netz eingesponnen sind. Eigenverantwortung und Selbstbestimmung sind im Sozialismus nicht möglich. Und eine Demokratie müßte man erst noch ausprobieren

Demokratie würde bedeuten, daß das Volk vollständig informiert wird über alle Sachverhalte, die zur Entscheidungsfindung notwendig sind. Demokratie würde bedeuten, daß jeder einzelne versteht, welche Entscheidungen gefällt werden müssen und warum. Denn sonst regiert die breite, unwissende, durch Propaganda und Fehlinformationen beinflußte Masse den kleinen Kreis derjenigen, die wirklich den Überblick haben und dann unter den Folgen einer Fehlentscheidung des Volkes leben müssen (Ist vielleicht auch ganz gut so, fällt mir gerade ein, aber den Gedanken formuliere ich ein ander Mal aus ).

Und warum habe ich so hämisch gesagt, eine Demokratie müsse erst noch ausprobiert werden? Ganz einfach: allein das Abstimmungssystem in Deutschland und in den USA ist voller mathematischer Paradoxien, weshalb man auch Präsident der USA werden kann, obwohl man weniger Stimmen als sein Rivale bekommt. Es gibt verschiedene Auszählungssysteme, die versuchen, einem Gerechtigkeitsanspruch gerecht zu werden, doch sie scheitern alle (im Spektrum der Wissenschaft war neulich mal eine superinteressante Artikelreihe darüber).

@jupp: auch die Demokratie (oder das, was wir so nennen) hat in meinen Augen versagt. Wie sonst kann es sein, daß gerade jetzt, vor unseren Augen, alles zusammebricht? Die Demokratie wird nicht auf Dauer Bestand haben, genausowenig wie alles andere, was es bisher gegeben hat.

Die Platonsche Idee des Philosophenkönigs ist natürlich auch nicht das, was ich meinte, Watzlawick fragte bloß: wer setzt den König ein? Ein Superweiser? Ein Rat von Weisen? Dann haben wir eine kleine Interessengemeinschaft, die selbstverständlich immer unter sich bleiben wird.

Auch die Vererbung der Regentschaft íst letztlich daneben. So romantisch der Gedanke edlen, königlichen Blutes auch ist - irgendwann sitzt jemand wie Luie, der Sonnenbimbo auf dem Throne und wirtschaftet eine Weltmacht wie Frankreich in den Ruin.

Welche Regierungsform würde es ermöglichen,
1. Alle Staatenbunde der UN unter einen Hut zu bringen, ohne daß den einzelnen Mitglieder das Recht auf Selbstbestimmung genommen wird
2. Einen Staatenverbund wie die EU unter einen Hut zu bringen, ohne daß den einzelnen Mitgliedern...
3. Eine Föderation wie Deutschland...
4. Die Kommunen eines Landes wie Niedersachsen...
5. Die Landkreise eines Regierungsbezirks wie Braunschweig...
6. Die Familien eines Dorfes wie Tiftlingerode, ohne daß den einzelnen Mitglieder das Recht auf Selbstbestimmung genommen wird?

Ihr versteht, was ich meine? Im globalisierten Erdendorf wird ganz weit oben bestimmt, daß die Schultische irgendwelchen Normen anzupassen sind, und obwohl Karsten und Tobias W. aus Tiftlingerode einsachtzig sind, müssen sie an auch für Portugiesen genormten Einheitstisch sitzen und gefährden schon im zarten Alter von sechzehn Jahren ihre Bandscheiben.

Ich finde das nicht sehr demokratisch.