Einzelnen Beitrag anzeigen
26. September 2001, 21:03   #9
Schatz
Ungültige E-Mail Angabe
 
Benutzerbild von Schatz
 
Registriert seit: July 2001
Beiträge: 2.242
Ein wegen Rechtsbeugung beurlaubter Amtsrichter, bundesweit berühmt-berüchtigt als "Richter Gnadenlos", wird aller Voraussicht nach Innensenator im einst so liberalen Hamburg werden. Vergangenen Sonntag hat fast jeder fünfte Wähler für eine einzige populistische und unseriöse Parole gestimmt: Richter Ronald Barnabas Schill hat versprochen, die Kriminalitätsrate in der angeblichen "Hauptstadt des Verbrechens" in 100 Tagen Amtszeit zu halbieren - mit mehr Polizei und unerbittlicher Justiz. Zwar lässt sich Kriminalität nachhaltig nur reduzieren, indem man ihre Ursachen bekämpft, aber einfache Lösungen scheinen eben einfacher als schwierige.

Schill hat es geschafft, die Wahl ausschließlich auf das Thema Innere Sicherheit zu reduzieren. Andere drängende Fragen, wie Wirtschaft, Gesundheit, Bildung oder Soziales spielten nicht die geringste Rolle. Die Trümpfe der bisherigen Regierungskoalition - etwa die vergleichsweise hohen Wachstumsraten oder die relativ niedrige Arbeitslosenquote der Hansestadt - gingen im lauten Getöse der Schill-Polemiken unter.

Der angestrebten Koalition aus CDU, Schill und FDP wird aus Mangel an Regierungserfahrung und Kompetenz kein langes Leben vorhergesagt. Dennoch plant Schill, auch bei der Bundestagswahl 2002 anzutreten. Innere Sicherheit ist in der ganzen Republik ein heißes Thema geworden - spätestens seit den bedrohlichen Ereignissen des 11. September. Auch Bayerns Innenminister Beckmann kündigte bereits an, das Thema zum zentralen Gegenstand der Bundestagswahl zu machen. Doch die vom rechten Lager aus wahlkampftaktischen Gründen geschürte Angst macht blind für die komplexen Belange der Gesellschaft. So blind, dass selbst die verängstigten Bürger der "offenen Weltstadt" Hamburg es vorziehen, sich von einem Demagogen regieren zu lassen.