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18. January 2006, 10:29   #50
tw_24
 
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Zitat:
Zitat von Sacki
Ach tw_24, ich denke Du weißt ganz genau um was es mir geht.
Ich nehme es an, Sacki ;-). Nur schreibst Du es nicht oder läßt Dich aus irgendwelchen Gründen dazu hinreißen, Arnold Schwarzenegger und andere Anhänger der Todesstrafe zu Dummköpfen zu erklären, die sie mehrheitlich sicher nicht sind, so kritikwürdig die Todesstrafe auch ist, was ebenfalls für die Wartezeiten bis zur Vollstreckung gilt. Geht von ersterer vielleicht die Botschaft aus, man wolle die Verurteilten als Lebewesen loswerden, signalisieren letztere, daß man entweder dem eigenenen Urteilsvermögen - schuldig oder nicht? - nicht traut oder aber es mit der Todesstrafe doch nicht so ernst meint, also letztlich eigentlich gut auf sie verzichten könnte.

Wenn es praktisch keinen Unterschied zwischen lebenslanger Haft und 'künstlich' verkürzter lebenslanger Haft mehr gibt, ist das in der Tat ja widersinnig, soll doch ein Todesurteil eine noch härtere Strafe darstellen als 'nur' lebenslange Haft, die mit dem natürlichen Tod endet. Doch das ist eher ein Problem der Praxis, weniger ein grundsätzliches, das ja in der Akzeptanz der Todesstrafe besteht. Diese wiederum als Ausweis von Dummheit anzusehen, halte ich für nicht weniger primitiv als eben die Behauptung, speziell Amerikaner seien irgendwie dümmer als Bürger anderer Staaten, in denen die Todesstrafe abgeschafft wurde.

Wenn hierzulande etwa die NPD die Todesstrafe für Kinderschänder fordert, hat sie neben dem Boulevard zweifellos eine Mehrheit der Eingeborenen hinter sich, die doch nicht deshalb klüger oder friedlicher sind als die Amerikaner - was sie sonst freilich bei jeder anderen Gelegenheit behaupten -, weil in Deutschland staatsoffiziell die Todesstrafe abgeschafft wurde. Wollen würden die Deutschen sie ja schon, auch wenn sie sich andererseits so prächtig mit dem Mörder Stanley Williams solidarisierten. Wahrscheinlich glauben sie, daß sie - anders als die dummen Amerikaner - die Gerechtigkeit für sich gepachtet haben und Fehlurteile bei ihnen nie vorkämen.

Die verlogene Heuchelei der Deutschen (oder anderer "Völker" in Old Europe) hast Du dabei ja durchaus richtig erkannt - für Williams' Schicksal interessierten sie sich, für einen Greis, für den der Tod vielleicht tatsächlich Erlösung war, hingegen kaum oder gleich gar nicht. Liegt das daran, daß er es versäumte, sich Nominierungen für Nobelpreise zu erschreiben? Konnten sie ihm deshalb nicht vergeben und also auch nicht für ihn Proteste veranstalten? Dann sind sie doch tatsächlich moralisch nicht besser als ein Arnold Schwarzenegger, der Williams' Begnadigung ja mit dem freilich wenig überzeugenden Argument ablehnte, dieser habe sich nicht zu seinen Taten bekannt - gefragt werden müßte doch, ob ein Verurteilter erfolgreich 'diszipliniert' wurde.

Und diese Verlogenheit offenbart sich eben sehr wohl auch darin, wie wenig Beachtung Todesurteile hierzulande finden, die nicht in den Vereinigten Staaten verhängt und/oder vollstreckt werden. Der Papa wirft den Amerikanern doch auch immer vor, sie würden nicht gleichzeitig überall politisch oder militärisch für bessere Verhältnisse sorgen, also muß er sich umgekehrt auch fragen lassen, weshalb ein bestimmtes vollstrecktes Todesurteil in den USA sogar verschlafene Hinterwäldler in der Ostmark dazu bringt, ein Stadion umzubenennen, die öffentliche Hinrichtung teilweise sogar Minderjähriger in islamistischen Staaten sie aber nichtmal bewegt, auch nur eine Protestnote zu verfassen.

Bei dieser Ungleichbehandlung der Todesstrafe liegt doch der Verdacht nahe, daß es um diese eigentlich gar nicht geht, sondern mehr um die Pflege gewisser Ressentiments. Das stört mich, und es schadet letztlich auch dem Ziel, die Todesstrafe irgendwann einmal tatsächlich zu beeerdigen. Denn daß ein als dumm titulierter Gouverneur Arnold Schwarzenegger sich nicht auf eine ernsthafte Diskussion über Sinn oder Unsinn der Todesstrafe einlassen würde, liegt dabei wohl auf der Hand - und erspart den "Kritikern" zugleich, was sie begrüßen dürften, die Suche nach Argumenten, die diese Bezeichnung verdienen.

So bewahren sie sich zwar ihr geliebtes Feindbild, ihre Konsquenz indes läßt vermuten, daß sie auch in dieser Hinsicht alles andere als verläßlich sind, möglicherweise sogar ihre moralische Empörung sehr käuflich ist, denn wenn es etwa heißt: "Schwarzenegger hilft deutschen Firmen", ist er plötzlich wieder ihr allerbester Freund.

MfG
tw_24