Thema: Stichtage
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23. February 2006, 09:36   #85
Jules
 
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23. Februar 2002: Die Himmelsscheibe von Nebra wird nach Raub sichergestellt

Die Himmelsscheibe von Nebra ist eine Metallplatte aus der Bronzezeit mit Goldapplikationen, die offenbar astronomische Phänomene und Symbole starker, religiöser Themenkreise darstellt. Sie gilt als die weltweit älteste konkrete Himmelsdarstellung und als einer der wichtigsten archäologischen Funde aus dieser Epoche. Gefunden wurde sie im Sommer 1999 von Raubgräbern in einer Steinkammer auf dem Mittelberg nahe der Stadt Nebra (Unstrut) in Sachsen-Anhalt. Seit 2002 gehört sie zum Bestand des Landesmuseums für Vorgeschichte Sachsen-Anhalt in Halle.

Beschreibung
Die annähernd runde Platte hat einen Durchmesser von etwa 32 Zentimetern und eine Stärke von 4,5 Millimetern in der Mitte bzw. 1,7 Millimetern am Rand. Das Gewicht beträgt ca. 2 Kilogramm. Die Scheibe besteht aus Bronze, einer Legierung aus Kupfer und Zinn, deren Kupferanteil nachweislich vom Mitterberg bei Mühlbach am Hochkönig in den Ostalpen stammt. Das Verhältnis der im Kupfer enthaltenen radioaktiven Blei-Isotope ermöglicht diese Ortsbestimmung. Neben einem geringen Zinnanteil von 2,5 Prozent weist sie einen für die Bronzezeit typisch hohen Gehalt von 0,2 Prozent Arsen auf. Sie wurde offenbar aus einem Bronzefladen getrieben und dabei wiederholt erhitzt, um Spannungsrisse zu vermeiden bzw. zu beseitigen. Dabei verfärbte sie sich tiefbraun bis schwarz. Die heutige von einer Korrosionsschicht aus Malachit verursachte Grünfärbung ist erst durch die lange Lagerung in der Erde entstanden.

Die Applikationen aus unlegiertem Goldblech sind in Einlegetechnik gearbeitet und wurden mehrfach ergänzt und verändert. Aufgrund der Beifunde (Bronzeschwerter, zwei Beile, ein Meißel und Bruchstücke spiralförmiger Armreife) ist zu vermuten, dass sie etwa um 1600 v. Chr. vergraben wurde, ihr Herstellungsdatum wird auf 1700 bis 2100 v. Chr. geschätzt.

Anfänglich bestanden die Goldapplikationen aus 32 runden Plättchen, einer größeren, runden Platte sowie einer sichelförmigen. Sieben der kleinen Plättchen sind etwas oberhalb zwischen der runden und der sichelförmigen Platte eng gruppiert.

Später wurden am linken und rechten Rand die so genannten Horizontbögen angebracht, die aus Gold anderer Herkunft bestehen, wie dessen chemische Verunreinigungen zeigen. Um Platz für die Horizontbögen zu schaffen, wurde ein Goldplättchen auf der linken Seite etwas zur Mitte versetzt, zwei auf der rechten Seite wurden überdeckt, so dass jetzt noch 30 Plättchen zu sehen sind.

Die letzte Ergänzung ist ein weiterer Bogen am unteren Rand, wiederum aus Gold anderer Herkunft. Diese so genannte Sonnenbarke ist durch zwei annähernd parallele Linien strukturiert, an ihren Außenkanten wurden feine Schraffuren in die Bronzeplatte gekerbt.

Als die Scheibe vergraben wurde, fehlte bereits der linke Horizontbogen und die Scheibe war am Rand mit 40 sehr regelmäßig ausgestanzten, etwa 3 Millimeter großen Löchern versehen.

Echtheit und Alter der Scheibe
Mit den oben dargelegten Untersuchungsergebnissen war es möglich, die Himmelsscheibe mit Hilfe der Beifunde zu datieren. Das archäologische Alter der Schwerter und Beile konnte anhand ihrer Stilmerkmale leicht ermittelt werden. Aus einem Vergleich mit aus Ungarn bekannten ähnlichen Schwertern schlossen die Archäologen, dass die Himmelsscheibe um 1600 v. Chr. im Boden niedergelegt wurde und damit ein ungefähres Alter von 3600 Jahren besitzt.

Die Radiokohlenstoffdatierung (C14-Methode) schied zur Altersbestimmung der Scheibe aus Bronze allerdings aus, da dieser Werkstoff keinen Kohlenstoff enthält, der für die Altersbestimmung hätte herangezogen werden können. Das Bundesamt für Materialforschung durchleuchtete im Teilchenbeschleuniger Bessy die Goldauflagen mit hochintensiven Röntgenstrahlen. Auch dabei konnte kein genaues Alter ermittelt werden, jedoch bestätigten die Untersuchungsergebnisse die Echtheit der Scheibe.

Beim Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt vorgenommene Untersuchungen mit dem Rasterelektronenmikroskop bestätigten hingegen ein bis dahin schon durch oben genannte Stilvergleiche angenommenes Alter von etwa 3600 Jahren.

Alle diese Ergebnisse stehen in Übereinstimmung mit einem weiteren, mit naturwissenschaftlichen Methoden gewonnenen Befund. Christian-Heinrich Wunderlich vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Halle extrahierte etwa 0,6 Milligramm Kohlenstoff aus einem Stückchen Birkenrinde, welches man an einem der drei Schwerter gefunden hatte. Das Untersuchungsergebnis mit Hilfe der Radiokohlenstoffdatierung ergab, dass das Holzstück aus der Zeit um 1600 bis 1560 v. Chr. stammt.

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