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21. September 2005, 14:01   #82
tw_24
 
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Zitat:
Zitat von jupp11
...ich wünsch mir, dass die WASG endlich mehr Mitglieder bekommt um ein entsprechendes Gewicht bei den Vereinigungs-Verhandlungen mit der PDS zu erreichen. Denn nur dann wird die neue Partei mit dem Uralt-SED-Image fertig werden.
Dieses Image wird die Partei höchstens längerfristig loswerden, sofern es sie dann überhaupt noch geben sollte. De facto gab es in der Linkspartei.PDS sowieso schon einen Rechtsruck hin zu sozialdemokratischen Werten, für die in der Partei Willy Brand steht, so daß eine Wiedervereinigung Lafontaines mit den Resten der Schröder-SPD nach dessen Abgang nicht unwahrscheinlich ist.

Wie es dann mit innerhalb der Linkspartei.PDS noch geduldeten linkeren Gruppen, etwa der momentan auch schon ziemlich marginalisierten Kommunistischen Plattform, weitergeht, die die Mitarbeit in Parlamenten des Gegners (Parlamentsarbeit ist staatstragend und damit ausbeutungssystemerhaltend) skeptisch sehen, bleibt abzuwarten. Vielleicht wird da eine wirkliche Linke entstehen.

Als "Nachfolge-Partei der SED" jedenfalls wird die Linkspartei.PDS bis dahin ihren Gegnern erhalten bleiben, weil die sich dieses billige Argument natürlich nicht nehmen lassen werden. Und auch ein gewisser Teil ihrer Anhängerschaft wird die Linkspartei.PDS wohl immer als 'Ostpartei' sehen und wählen, und von diese "Ostkompetenz" wird die Partei sich auch nicht trennen, wenn sie auf die Teilnahme an Wahlen (und Parlamente) setzt.

Und um eine auch für radikalere Linke akzeptable (und ohne Bauchschmerzen wählbare) Partei zu werden, müßte sich die Linkspartei.PDS in ihrer Programmatik schon mächtig erneuern und von der Sozialdemokratie verabschieden. Gegenwärtig setzt beispielsweise auch sie ja auf einen Arbeitszwang für Hartz IV-Opfer, denen sie zwar ein höheres Almosen zubilligt, dieses aber an den Willen zur Arbeit bindet.

Unter Helmut Kohl gab es diesen eben auch von der Linkspartei.PDS geforderten Arbeitszwang (für Erwerbslose) nicht, und wer seinerzeit Arbeits-/Erziehungslager für Erwerbslose vorgeschlagen hätte, wie es Bodo Ramelow, Wahlkampfleiter der Linkspartei.PDS, getan hat, wäre wohl als Nazi verjagt worden, heute finden solche Ideen jedoch auch bei Gysi, Lafontaine & Co. nicht wenige Anhänger.

Insofern steckt die Linkspartei.PDS, derzeit sicher die noch linkeste - komisches Wort - Partei in Deutschland, in einer schwierigen Zwickmühle. Je erfolgreicher sie in Parlamenten wird, desto staatstragender (und nationalistischer [etwa wenn deutscher Mittelstand gegen amerikanische Kapitalisten verteidigt wird, was ja gleichbedeutend ist mit der Anerkennung des deutschen Kapitalismus als irgendwie gut]) erscheint sie linker Gesellschaftskritik.

Und in dem Maße, wie sie sich dem politischen Mainstream als (irgendwann) koalitionsfähige Partei nähert, entfernt sie sich von dem Gedanken, das kapitalistische System tatsächlich einmal grundlegend zu überwinden, womit sie zwangsläufig ihre vielleicht noch vorhandene Progressivität, für die aber jetzt schon andere stehen als Gysi oder Lafontaine, auch immer mehr einbüßt.

Aber immerhin, als Partei, die in der parlamentarischen Opposition aufzeigt, daß es zu "alternativlosen Reformen" selbst unter den Bedingungen des Kapitalismus doch "finanzierbare" Alternativen gibt, hat sie eine gewisse Berechtigung, zu große Hoffnungen sollte man in sie aber nicht setzen.

MfG
tw_24