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28. September 2006, 14:03   #303
Jules
 
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28.09.2000: Ariel Sharon besucht den Tempelberg - die zweite Intifada beginnt

Die Zweite Intifada oder al-Aqsa-Intifada, von der israelischen Armee als „אירועי גיאות ושפל“ („Ebbe-und-Flut-Ereignisse“) bezeichnet, war ein gewaltsamer Konflikt zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften, der im September 2000 begann. Mit dem Abschluss eines Waffenstillstands zwischen dem Präsidenten der palästinensischen Autonomie Mahmud Abbas und Israels Ministerpräsidenten Ariel Scharon im ägyptischen Scharm al-Scheich im Februar 2005 ist die Al-Aqsa-Intifada offiziell beendet.

„Intifada“ bedeutet „abschütteln“ (gemeint ist die israelische Besatzung), nach der al-Aqsa-Moschee wurde die Erhebung benannt, weil sie nach Darstellung der Palästinenser eben bei dieser Moschee auf dem Jerusalemer Tempelberg ihren Ausgangspunkt hatte. Manche konservative oder rechte Israelis bezeichnen die Intifada auch als Oslokrieg.

Der Beginn der al-Aqsa-Intifada
Der Politiker Ariel Scharon besuchte am 28. September 2000 in Begleitung von bewaffneten Polizeikräften den in Jerusalem gelegenen Tempelberg. Nach israelischer Darstellung hatte der palästinensische Sicherheitschef Dschibril Radschub sein Einverständnis für Scharons Besuch gegeben, sofern dieser keine Moschee betrete.

Militante Palästinenser nahmen diesen Besuch auf dem Gebiet des zerstörten salomonischen Tempels mit dem Allerheiligsten zum Anlass, einen bewaffneten Aufstand zu starten. Die gewalttätigen Proteste wurden durch die Polizei unter Waffeneinsatz zurückgedrängt. Dabei wurden vier Personen getötet und etwa zweihundert verletzt. Auch vierzehn Polizisten wurden verletzt. Der Polizeieinsatz ist nach israelischer Darstellung nötig gewesen, weil das palästinensische Radio dazu aufgerufen habe, die Moschee zu verteidigen und die palästinensische Polizei in letzter Minute erklärt habe, nichts gegen gewaltsame Demonstrationen zu unternehmen. Auch US-Präsident Clinton kritisierte Scharons Besuch auf dem Tempelberg.

Die israelische Seite sieht allerdings das Scheitern der Verhandlungen in Camp David am 25. Juli 2000 und nicht Ariel Scharons Besuch auf dem Tempelberg als Auslöser der Intifada, denn bereits am Tag zuvor war bei der Explosion einer Bombe am Grenzübergang Netzarim ein israelischer Soldat ums Leben gekommen. Der palästinensische Kommunikationsminister Imad Faludschi hätte zudem erklärt, der Einsatz von Gewalt sei bereits im Juli geplant worden, nachdem Yassir Arafat von Camp David zurückgekehrt sei.

Zahlreiche Führungsmitglieder palästinensischer Fraktionen und Parteien sowie Vertreter der palästinensischen Autonomiebehörde erklärten jedenfalls vor dem Beginn der Al-Aqsa-Intifada, dass der Staat Israel nur durch Gewalt zu Konzessionen zu bewegen sei. Der israelische Rückzug aus dem Südlibanon aufgrund der anhaltenden Anschläge der Hisbollah wurde als Beispiel gesehen, das sich auf die palästinensischen Gebiete übertragen ließe.

Mitchell-Report
Der Mitchell-Report 2001 fasst zusammen:

In ihren Eingaben haben beide Seiten Behauptungen über Motivation und Kontrolle des anderen aufgestellt. Uns wurden keine überzeugenden Beweise dafür vorgelegt, dass der Besuch Scharons mehr war als ein innenpolitischer Akt; auch haben wir keine überzeugenden Beweise dafür erhalten, dass die Autonomiebehörde den Aufstand geplant hat ... Der Besuch Scharons hat nicht zur al-Aqsa-Intifada geführt ... Bedeutsamer waren die folgenden Ereignisse: die Entscheidung der israelischen Polizei am 21. September, tödliche Mittel gegen palästinensische Demonstranten einzusetzen, und das Versäumnis beider Seiten, Zurückhaltung zu üben.

Opferzahlen
Die Israelis zählten in den 1558 Tagen der al-Aqsa-Intifada 20.406 Anschläge, darunter 138 Selbstmordanschläge und 13.730 Schussüberfälle, sowie 460 Angriffe mit Qassamraketen. Nach Angaben der Zeitung Jedi'ot Acharonot wurden 1036 Israelis getötet (715 Zivilisten) und 7.054 verletzt. Die Palästinenser hatten 3592 (palästinensische Quellen:3336) Tote (985 Zivilisten) zu beklagen. Israel bezeichnet 959 von ihnen als Terroristen - 208 Palästinenser wurden gezielt getötet. Über 600 palästinensische Tote waren Mitglieder der Sicherheitsdienste der Autonomiebehörde (der Geheimdienste, oder der Polizei), die oft auch in Terror involviert sein sollen.

Gemäß einer Statistik des Anti-Terror-Instituts (beim Herzlia Interdisciplinary Center) starben 126 palästinensische Frauen und mehr als doppelt so viele israelische Frauen (285). 365 Palästinenser wurden von ihren eigenen Landsleuten getötet, in der Regel im Rahmen von Lynchjustiz an tatsächlichen oder angeblichen Kollaborateuren. Auf der israelischen Seite kamen 22 Menschen durch eigenes Feuer ums Leben.

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