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23. May 2007, 18:57   #73
Ben-99
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... Du mußt mich und alle anderen, die Nataschas abenteuerlichen Erzählungen auch nicht glauben, offenbar für sehr schlechte Menschen halten, die nicht das geringste Mitleid mit einem entführten, gepeinigten Kind empfinden. Na gut, was meine Person angeht, habe ich in den vergangenen Jahren schon viel Schlimmes über mich lesen müssen und glaube inzwischen schon selbst, daß wohl sogar Hitler und Pol Pot in Vergleich zu mir noch mehr Herz und Einfühlungsvermögen hatten. Aber daß auch zum Beispiel Sacki so ein seelenloses Ungeheuer sein soll, kann ich mir eigentlich nur schwer vorstellen ;-)

Richtig ist natürlich, daß ich wie alle Menschen großen Anteil am Schicksal mißhandelter Kinder nehme. So hat mich vor allem der gräßliche Fall "Stephanie" sehr betroffen gemacht, der fast zeitgleich in den Medien ein großes Echo fand. Das war das Mädchen, das von einem Sadisten gekidnappt und in den 5 Wochen, die sie in der Gewalt von Mario M. war, zwischen den rund 100 Vergewaltigungen oft in einer engen Holzkiste eingepfercht war. Im Gegensatz zu den bizarren Kampusch-Erzählungen wirkten ihre Schilderungen plausibel, und es gibt wohl niemanden, der an ihren Aussagen zweifeln würde.

Zwar hat man Stephanies Vater Vorwürfe gemacht, daß er das Thema zu breit in den Medien auswalzt, ich kann aber ihn und seinen Anwalt gut verstehen, da es nach dem erbärmlichen Versagen der Kriminalpolizei bei der Suche nach dem Verschwinden des Kindes am Anfang durchaus so schien, als würde auch die Staatsanwaltschaft Interesse haben, den für die Ermittlungsbehörden peinlichen Prozeß möglichst schnell und ohne großes Aufsehen über die Runden zu bringen. Und natürlich hatten Stephanie und ihre Eltern Angst davor, daß der ebenso kranke wie gefährliche, aber eben auch sehr intelligente Sexualstraftäter nach einem milden Urteil schon in ein paar Jahren wieder frei kommen könnte.

Hier half der Druck der Medien. Und auch von den Spendengeldern, die hauptsächlich für Therapiemaßnahmen verwendet werden, gönne ich ihr jeden Cent. Auch weil die Summen im Vergleich zu den Millionen, die die Kampusch-Clique abkassiert, eher bescheiden wirken. Außerdem kann doch weder ich noch ein anderer etwas dafür, daß sich das angebliche Opfer Natascha Kampusch von Anfang an derart mediengeil präsentierte, daß sie ihren Aufritt im Fernsehen gar nicht erwarten konnte und schon nach 14 Tagen ebenso theatralisch wie gönnerhaft die vorher abgesprochenen Fragen des TV-Moderators beantwortete. Das Ganze wirkte einstudiert, wobei für Drehbuch und Regie ganz eindeutig Frau Kampusch verantwortlich zeichnete, was es vorher weltweit noch nie gab, so daß man jetzt entweder die gesamte einschlägige Literatur der Psychologen über traumatisierte Entführungsopfer getrost in die Tonne kippen kann oder aber, was für mich wahrscheinlicher ist: Frau Kampusch hat sich das meiste nur ausgedacht.

Klar kann man das alles, so wie Du, Tommy, einfach glauben und kritiklos abhaken. Aber Du solltest auch Verständnis für die Zweifler zeigen, denen diese offensichtlich zwar sehr intelligente, aber eben auch genauso extrem egozentrisch veranlagte junge Frau nicht ganz geheuer erscheint oder sogar regelrecht unsympathisch ist.

Es ist doch so: Entweder jemand will nach 8jährigem Martyrium unbedingt schon nach wenigen Tagen vor einem Millionenpublikum auftreten, dann tut man das, um alle offenstehenden Fragen zu klären. Oder man macht es wie Frau Kampusch, indem man sich zwar sichtlich im Licht der Scheinwerfer sonnt, aber ausgerechnet zu den wichtigsten Fragen beharrlich schweigt. Dann hätte sie auch gleich auf das ganze Tamtam in der Öffentlichkeit verzichten können, wofür jeder von uns Verständnis gehabt hätte und was wohl auch erfahrene Kriminologen und psychiatrisch geschulte Ärzte von einem "echten" Opfer, das jahrelang die von ihr behaupteten Qualen erlitt, erwartet hätten.

Ich stehe auch nach so langer Zeit noch immer zu der von mir gewählten Überschrift des Threads und behaupte auch weiterhin nicht mehr und nicht weniger als daß irgendwas bei ihr bzw. ihren Erzählungen nicht stimmen kann. Wie sich die Dinge in Wirklichkeit abgespielt haben, weiß ich genausowenig wie jeder andere, der nicht zum "Inner Circle" des Kampusch-Clans gehört und somit auch keinen Profit bei dem für mich höchst anrüchigen, sorgsam eingefädelten Medien-Spektakel einsacken kann. Aber ein paar kritische Gedanken sollten ja wohl noch gestattet sein.

Beim derzeitigen Informationsstand tendiere ich persönlich zu einem Tathergang, der sich ganz anders abgespielt hat, als es uns Natascha und ihre plötzlich wieder Harmonie und Liebe vorgaukelnden Eltern weismachen wollen, nachdem man merkwürdigerweise ausgerechnet die Einschätzung eines wirklichen Experten ignoriert. Der heißt Max Edelbacher und hat als damaliger Leiter der "Task Force Natascha" nach ihrem Verschwinden das familiäre Umfeld ausgelotet und stieß dabei auf Alkoholsucht, ständig wechselnde Bett-Partner und wertete obszöne Fotos, die Natascha als Kind mit entblößter Scham in Stiefeln und mit Reitpeitsche zeigen, als Belege, die geeignet sind, den Verdacht auf sexuellen Kindesmißbrauch aufkommen zu lassen.

Kein Wunder, daß man spekulieren könnte, daß die vorher verfeindeten Familienmitglieder durch die Aussicht auf einen warmen Geldregen wieder eng zusammengerückt sind und nun auf heile Welt machen. Daß aber auch Herr Priklopil schon damals zur "Familie" gehört haben könnte, schließe ich nicht aus. Und so war es vielleicht gar keine "Entführung", sondern eine Art inoffizielle "Adoption" mit Wissen der Mutter, die vielleicht meinte, daß es Natascha im schmucken Eigenheim des gutsituierten Herrn möglicherweise besser haben könnte als in einer heruntergekommenen kaputten Familie, die vom Suff des Vaters und der Promiskuität der Mutter gezeichnet ist. Und weil Natascha den Herrn Priklopil möglicherweise schon als "guten Onkel" kannte, gab es für sie auch keinen Anlaß, beim Zugriff von ihm Gegenwehr zu leisten.

Aber, liebe Natascha-Gläubigen, nun regt Euch nicht gleich wieder auf. Denn ich weiß doch selbst, daß solche Mutmaßungen von mir nur reine Spekulationen sein können, solange Frau Kampusch zu den wichtigen Fragen schweigt, was man ihr bei den Millionen, die schon jetzt alle Beteiligten einsacken konnten, nicht mal verübeln kann. Wenn sie wirklich Ruhe will, braucht sie einfach nur die Wahrheit zu sagen. Was natürlich auch die Fragen in bezug auf ihre verwahrlosten Eltern betrifft, von denen sie als Kind vielleicht nie Liebe empfing und vor allem auch die Frage, ob sie die körperlichen Annährungen von "Onkel Priklopil", die heute wohl niemand bezweifeln will und mit dem sie in den späteren Jahren offensichtlich in einer eheähnlichen Beziehung lebte, damals als Kind überhaupt als sexuellen Mißbrauch empfunden hat.

Gruß Ben