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23. October 2007, 08:30   #12
Ben-99
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Zitat:
Zitat von tw_24

Der Vorredner meint erwähnen zu müssen, seine Heldin sei Jüdin, was ihm peinlich sein sollte, denn gerade dadurch macht er sie zur Alibi-Jüdin, scheint trotz gegenteiliger Ansage also doch nicht recht überzeugt von dem zu sein, was sie von sich gibt. Auch das natürlich ein "Nebenschauplatz", aber wenn es in der Hauptsache Defizite gibt, auf die noch zu kommen ist, erzählt man lieber etwas von einer ominösen "Antisemitismus-Keule", das hat in Deutschland Tradition.
... zu den "Alibi-Juden" gehört dann sicherlich für Dich auch der in Deutschland aufgewachsene renommierte französische Publizist Alfred Grosser, der im "Stern"-Interview sagt: "Israels Politik fördert Antisemitismus" und es wie folgt begründet, wobei er auch die Antisemitismus- bzw. "Auschwitz-Keule" nicht ausläßt:

Zitat:
Als Frankreich in Algerien folterte und Dörfer zerstörte, habe ich mit gleicher Vehemenz dagegen angekämpft, eben weil ich Franzose bin. Überhaupt, wenn Grundrechte verletzt und Menschen entwürdigt werden, dann ist es ein Grundelement unserer aller Ethik, dies anzuprangern. Solange Palästinenser an der Mauer gedemütigt werden, solange ein palästinensischer Staat unmöglich ist, weil die Siedlungen und die Straßen nur für Israelis sind, solange eine territoriale Kontinuität unmöglich ist, wird Israel nicht in Frieden leben. Auf Dauer kann man mit Gewalt allein nicht regieren. Wissen Sie, ich bin in Frankfurt als kleiner Junge verachtet worden, weil ich Jude war. Ich weiß also, wie sich das anfühlt. Und ich will deshalb nicht akzeptieren, dass Juden andere Menschen mit Verachtung behandeln.

(...)

Es ist nach wie vor so, dass sich Deutsche zu allem Möglichen kritisch äußern dürfen, aber nicht zu Israel. Menschenrechtsverletzungen anderswo anprangern - kein Problem! Mit Blick auf Israel aber kommt das nicht infrage. Ich finde das zutiefst schockierend. Ich finde im Gegenteil, dass ein junger Deutscher, der nichts zu tun hat mit der deutschen Vergangenheit - außer der Verantwortung, dass sich so etwas nie wiederholen darf -, dass ein solcher Deutscher überall dafür eintreten muss, wenn Grundrechte verletzt werden. (...) In diesem Punkt stehe ich hinter Martin Walsers Kritik an der Auschwitz-Keule. Ja, ich sehe diese Keule, die ständig gegen Deutsche geschwungen wird, falls sie etwas gegen Israel sagen. Tun sie es trotzdem, sagt die Keule sofort: "Ich schlage dich mit Auschwitz." Ich finde das unerträglich. Ich habe immer gegen Antisemitismus gekämpft. Und ich werde es immer tun! Aber Israelkritik per se mit Antisemitismus gleichzusetzen - das ist falsch und führt in die Irre.

(...)

Nach meiner Friedenspreisrede 1975, in der ich die Berufsverbote hart kritisiert habe, hieß es bei manchen Kritikern: "So sprechen auch die Kommunisten." Soll man auf das Wort verzichten, weil es von den Falschen ausgebeutet wird? Wenn Unrecht Unrecht ist, muss man es benennen. Und sagen, dass gerade Israels Politik den Antisemitismus fördert. Das sagen ja auch die israelischen Kritiker dieser Politik.

Alfred Grosser: 'Israels Politik fördert Antisemitismus'
Gruß Ben