Thema: Stichtage
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18. February 2006, 17:49   #80
Jules
 
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18. Februar 1841: Der erste Filibuster im US-Senat

Als Filibuster wird eine Marathonrede im US-Senat bezeichnet, mit der eine Minderheit eine Beschlussfassung durch die Mehrheitsfraktion zu verhindern oder wenigstens durch Verschiebung politisch zu zermürben sucht, wobei hinter den Kulissen meist zugleich fieberhaft versucht wird, Überzeugungsarbeit bei einzelnen Senatoren der Mehrheitsfraktion gegen den Beschluss zu leisten (Lobby-Politik).

Möglich wird diese Taktik durch die im Vergleich zum Repräsentantenhaus sehr freizügige Geschäftsordnung des Senats: Die Senatoren haben das Recht, so lange sie wollen zu reden, ohne dass dies mit dem zur Debatte stehenden Thema etwas zu tun haben muss. Die längste Einzelrede (24 Stunden und 18 Minuten) hielt Senator Strom Thurmond im Jahr 1957, um ein Bürgerrechtsgesetz zu verhindern. Die Rede muss keinen Bezug zum politischen Geschäft haben - der Text der Verfassung, von Telefonbüchern und Kochrezepten wurden schon vorgetragen.

Nachdem es bis 1917 überhaupt keine Regeln gab, die die Redezeit der Senatoren beschränkten, kann heutzutage eine Debatte von 3/5 der Senatoren (normalerweise 60) abgebrochen werden. Jedoch muss eine solche Abstimmung über Schluss der Debatte mehrere Tage im Voraus beantragt werden, so dass sich mit einem Filibuster immer noch eine Menge Zeit gewinnen lässt.

Eine Änderung der Geschäftsordnung des Senats kann hingegen durch einfache Mehrheit von 51 Stimmen beschlossen werden. Dazu ist es bisher aber nicht gekommen. Eine solche Änderung hat während des Nominierungsverfahrens des Supreme-Court-Richters Gonzalez 2005 den Namen "nuclear option" erhalten, weil so der Filibuster ausgehebelt werden könnte. Viele der derzeit herrschenden Republikaner lehnten die nuclear option ab, weil sonst in der Zukunft die Demokraten Gesetze durchpeitschen könnten, ohne dass die Republikaner sie verhindern könnten.

Der längste Filibuster seit 1988 wurde im November 2003 mit fast 40 Stunden gehalten, als sich die Demokraten gegen die Bestellung von drei politisch rechts stehenden Richterinnen in Appellationsgerichten (Federal Court of Appeals) durch Präsident George W. Bush zur Wehr setzten. 2005 beschlossen die demokratischen Senatoren nach erneuter Nominierung dieser Kandidaten, sich zumindest zwei der fünf Kandidaturen durch ein Filibuster zu widersetzen.

Abgeleitet wird der Begriff vom französischen flibustier, das sich wiederum aus einer entstellten Aussprache des niederländischen vrijbuiter (Freibeuter) herleitet - Piraten, die zwischen ca. 1680 und 1800 die Karibik zwischen Kuba und Nicaragua unsicher machten.

Aktuell ist die Verlängerung des Patriot Act durch einen Filibuster der Demokraten verhindert worden.

In die Filmgeschichte eingegangen ist die Marathonrede, die James Stewart als Senator (erfolgreich) im Spielfilm "Mr. Smith geht nach Washington" von 1939 hält.