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21. February 2006, 08:59   #83
Jules
 
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21. Februar 1965: In New York wird der Bürgerrechtler Malcolm X ermordet

Malcolm X (* 19. Mai 1925 in Omaha, Nebraska; † 21. Februar 1965 in New York City (ermordet); eigentlich Malcolm Little; nach seinem Übertritt zum Islam El Hadj Malik el-Shabbaz) ein US-amerikanischer Führer der Bürgerrechtsbewegung.

Malcolm war das vierte von acht Kindern von Earl und Louise Little. Aus einer früheren Ehe seines Vaters hatte er noch drei Halbgeschwister. Sein Vater, ein Gelegenheitsarbeiter und Anhänger der Separationsbewegung unter Marcus Garvey, trat als christlicher Laienprediger für die Rechte der Schwarzen ein. 1929 zog die Familie in die Nähe von Detroit. 1931 starb der Vater bei einem Unfall, als er von einer Straßenbahn erfasst wurde. Die Umstände wurden nie aufgeklärt (seine Frau war von einem Mord an ihrem Mann überzeugt. Dafür spricht auch, dass der Ku Klux Klan auch zuvor schon mehrere Anschläge auf die Familie Little verübt hatte).

Die alleinerziehende Mutter erzog ihre Kinder streng und auch die Autorität der Schule tat ihr übriges, dass Malcolm sich dem widersetzte und mit kleineren Diebstählen begann. 1939 kam er in ein Heim, nachdem seine Mutter in die Psychiatrie eingeliefert worden war. Zuvor wurde er aber über längere Zeit hinweg in einer weißen Familie untergebracht, der er sich auch zugehörig fühlte. Diese Zugehörigkeit ging sogar so weit, dass er überrascht und schockiert zugleich war, als er nach seinem Highschool-Abschluss erkennen musste, dass er als Schwarzer nicht die gleichen Möglichkeiten wie seine weißen Mitschüler hatte. Konkret bedeutete dies für ihn, dass er trotz seiner Intelligenz und herausragenden schulischen Leistungen nicht studieren, sondern bestenfalls eine Lehre beginnen konnte. Einer seiner Besuche bei seiner Halbschwester bewegte ihn dazu, 1941 nach Boston zu ziehen. Dort verkehrte er im Schwarzenviertel und hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser.

Schon von Geburt an war Malcolm sehr hellhäutig - ein Erbe seiner Mutter, die ihn deswegen immer wieder benachteiligte, da er sie an die Vergewaltigung ihrer Mutter durch ihren weißen Vater erinnerte. In dieser Zeit änderte er sein Äußeres, um den Weißen noch mehr zu gefallen, was damals der allgemeinen Mode unter den Schwarzen entsprach. Gleichzeitig bewegte er sich im kriminellen Milieu und wurde als Detroit Red bekannt. Durch einen Job als Kellner in Harlem erwarb er sich Kontakte, fungierte als Drogendealer und Vermittler weißer Kundschaft für ein Bordell und begann mit Einbrüchen. Der Einberufung zum Kriegsdienst entging er, weil er einem Psychiater eine Show vorspielte.

Anfang 1946 wurde er verhaftet und im Jahr darauf zu acht bis zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Der Grund dafür waren Einbrüche, die er zusammen mit einem Jugendfreund aus Bostoner Zeit und einer verheirateten, weißen Frau, mit der er auch eine Affäre hatte, beging. Im Gefängnis brachte einer seiner Brüder ihn 1948 mit der pseudo-islamischen Sekte Nation of Islam in Verbindung. Nach der Überzeugungsarbeit einiger seiner restlichen Geschwister, die der Nation ebenfalls beigetreten waren, tat er es ihnen gleich. Er änderte sein Aussehen wieder in das eines Schwarzen und seitens der Sekte gab man ihm den Namen Malcolm X, da sein Nachname ein Sklavenname und der richtige Name unbekannt sei. Als Autodidakt bildete er sich weiter, vor allem in den Bereichen Philosophie und Geschichte. Durch Debatten im Gefängnis schulte er seine Rhetorik und setzte sich fortan für die Verbesserung der Haftbedingungen von muslimischen Gefangenen ein. Die Zeit im Gefängnis nutzte er sehr intensiv für das Studium. Ein Beispiel dafür ist auch, dass er gezielt ganze (Fremdwörter-)Lexika las, und das bei jeder Gelegenheit.

Ende 1952 wurde er vorzeitig entlassen, geriet aber wieder in Gefahr, verhaftet zu werden, als er erneut den Militärdienst (es war gerade der Korea-Krieg im Gange) verweigerte. Er wurde aufgrund seiner Religion dann als Kriegsdienstverweigerer anerkannt. Den Ersatzdienst umging er wieder mit einem Attest eines Psychiaters.

Nach seiner Niederlassung in Detroit lernte er Elijah Muhammad kennen, den Führer der Nation of Islam, der ihm zu einem Ersatzvater wurde. Bald darauf leitete Malcolm X als Vertrauter Muhammads den Harlemer Tempel und etablierte sich als einer der Wortführer der Organisation. Diese Position erreichte er durch sein außergewöhnliches Engagement und seinen grenzenlosen Einsatz für die Nation. Er nutzte auch alle Mittel, um möglichst viele Schwarze zu erreichen. Zum Beispiel ging er in die Schwarzenviertel der Großstädte und sprach in dem Slang der Jugend zu ihnen, wodurch er leicht einen Zugang zur Straße bekam und auch dort viele Anhänger für die Nation of Islam gewann. Diese Organisation verbreitete die Ansicht Rassismus, dass die Schwarzen das auserwählte Volk Gottes und die Weißen minderwertig seien. Genauer gesagt wurde die weiße "Rasse" als Schöpfung des Teufels angesehen, die alle schlechten Eigenschaften in sich vereinte und die guten schwarzen Menschen unterdrückte. Zugleich betonte sie die Vormachtstellung des Mannes und die Schlechtigkeit von Alkohol, Drogen und außerehelichem Sex.

1958 heiratete Malcolm X Betty Jean Sanders, die als Pflegerin für die Organisation arbeitete. Im Laufe ihrer Ehe bekamen sie sechs Kinder, alles Töchter: Attilah (*1958); Qubilah (*1960, deren Sohn einen Brand legte der Betty tötete); Ilyasah (*1962); Gumilah (*1964) und die Zwillinge Malaak and Malikah, die 1965 nach der Ermordung ihres Vater zur Welt kamen.

Mit dem Anwachsen der Organisation, für das auch Malcolm X als wichtiger Tempelleiter eine große Rolle spielte, wuchs der Reichtum von Muhammad und seiner Familie. Stimmen wurden laut, die Muhammad Korruption und Bereicherung vorwarfen. Er tätigte um des Geldes Willen auch Geschäfte mit radikalen weißen Gruppierungen. Malcolm X ignorierte diese Entwicklung, indem er sie als Gerücht abtat, beteiligte sich aber nicht daran. Nachdem Malcolm X zu der Ermordung John F. Kennedys sagte, dass "sowas von sowas kommt" (original "a case of chickens coming home to roost") wurde er im Dezember 1963 aus der Nation of Islam ausgeschlossen. Als Elijah Muhammad auch den für verwerflich gehaltenen außerehelichen Sex praktizierte, mit der Ausrede, er müsse die Sünden aller Propheten als letzter der Propheten wiederholen, distanzierte Malcolm X sich zusehends von seinem Ziehvater und brach im März 1964 endgültig mit der Nation of Islam.

Um eine Pilgerfahrt nach Mekka machen zu können, kämpfte er um die Anerkennung als Moslem, die Voraussetzung zum Besuch des Heiligtums. Erneut wechselte er seinen Namen in Malik el-Shabbaz, nachdem er sich dem sunnitischen Zweig des Islam angeschlossen hatte. Im Anschluss daran gründete er seine eigene Moschee. Zugleich gründete er die Organisation für die afro-amerikanische Einheit, deren Ziel die Selbstbestimmung der Schwarzen war. Im Gegensatz zu seiner Linie zur Zeit der Nation of Islam war er jetzt auch bereit, die Unterstützung und Hilfe der Weißen anzunehmen und anzuerkennen, und wollte ihnen nach einer Etablierungsphase seiner Organisation auch das Recht auf Mitgliedschaft anerkennen. Auf seinen Reisen durch die Welt versuchte er die sozialistische Revolution der Schwarzen bekannt zu machen und um Unterstützung zu werben.

Am 21. Februar 1965 wollte er in Harlem einen Vortrag halten, als zwei Zuhörer in Streit gerieten und die Ordner von ihm ablenkten. Eine Rauchbombe explodierte und in dem Gewühl wurde Malcolm X vom Schuss einer Flinte getroffen und getötet. Bis heute ist ungeklärt, inwieweit die Nation of Islam als Auftraggeber in Frage kommt oder das FBI, bei denen Malcolm X in dicken Akten geführt wurde.

Der Einfluss von Malcolm X' Ansichten auf die Schwarzenbewegung spiegelte sich in der Gründung der Black Panther Party for Self-defence im folgenden Jahr (1966) wieder.

Zitate
"Ich halte es für ein Verbrechen, wenn jemand, der brutaler Gewalt ausgesetzt ist, sich diese Gewalt gefallen läßt, ohne irgendetwas für seine eigene Verteidigung zu tun. Und wenn die 'christliche' Lehre so auszulegen ist, wenn Gandhis Philosophie uns das lehrt, dann nenne ich diese Philosophie kriminell."
"Gandhi war ein großer, dunkler Elefant, der auf einer kleinen, weißen Maus saß. King ist eine kleine, dunkle, schwarze Maus, die ganz oben auf einem großen, weissen Elefanten sitzt."
"Wenn du nicht bereit bist, dafür zu sterben, dann streiche das Wort 'Freiheit' aus deinem Vokabular." (28. November 1962)
"Ich bin kein Rassist. Ich bin gegen jede Form von Rassismus und Ausgrenzung, jede Form von Diskriminierung. Ich glaube an die Menschen, und dass alle menschlichen Wesen als solche respektiert werden sollten, ungeachtet ihrer Hautfarbe." (Interview, Januar 1965)
"Ihr könnt kein kapitalistisches System betreiben, wenn Ihr keine Geier seid; Ihr müßt das Blut von jemand anderem saugen, um Kapitalist zu sein." (Rede vom 20. Dezember 1964)
"Ihr könnt keinen Kapitalismus haben ohne Rassismus." (Rede vom 29. Mai 1964)