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6. October 2005, 09:56   #118
tw_24
 
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Formell liegt noch gar kein endgültiges Wahlergebnis vor, und ausgezählt wurde die letzte Wählerstimme am vergangenen Sonntag. Nun war zwar klar, daß Dresden I am vorherigen Wahlergebnis nicht viel ändern konnte, doch es wäre sehr stillos von allen beteiligten Parteien gegenüber den wahlberechtigten Nachwählern in der sächsischen Landeshauptstadt gewesen, hätte es schon vor dem 2. Oktober ernsthafte Koalitionsverhandlungen - vielleicht sogar schon mit einem Ergebnis - gegeben.

Insofern ließen die zwei Wochen nach dem 18. September zwar tatsächlich tief blicken, was die Eitelkeiten einiger Politiker angeht, die doch antraten, Deutschland zu dienen, dennoch war wohl, auch da Medien und Bevölkerung gefüttert werden wollen, nichts anderes möglich. Nur wegen Dresden I hätte die Politische Klasse ja auch nicht in Spätsommerschlaf verfallen können. Irgendwas mußte sie nach dem ersten Teil der Wahl machen, aber richtig durfte sie noch gar nicht verhandeln.

Die in der Tat sehr lächerlich wirkenden Streitereien darüber, ob der Souverän mit dem nun vorliegenden Ergebnis den Gerhard Schröder bestätigte oder nicht, ob Angela Merkel überhaupt beanspruchen dürfe, erste Kanzlerin der Eingeborenen zu werden oder nicht, zeigen dabei recht anschaulich, daß der sich nicht nur hinsichtlich der Kompetenz der von ihm jeweils Bevorzugten geirrt hat, mehrheitlich offenbar aber doch sich eine Politik wünscht, welche Gerhard Schröder begann.

Und das einzugestehen, fällt nachvollziehbar der Union schwer, zumal mit der FDP ja eine Partei gestärkt wurde, die am offensten erklärte, daß Gerhard Schröders Agenda 2010 nur ein Anfang sein könne. Offensichtlich jedenfalls bestätigt wurde, was Gerhard Schröder unter tatkräftiger Beihilfe der Noch-Opposition begann, nur eben nicht die Person. Doch darüber sollte eigentlich - jedenfalls in der Politischen Klasse - hellste Freude herrschen. Es ist Klarheit hinsichtlich des Kurses erzielt worden.

Darüber, ob nun eine Mehrwertsteuererhöhung kömmet oder nicht, die Bundeswehr in Bagdad einmarschiert oder nicht etc. kann erst jetzt nach der Nachwahl verhandelt werden - und auch dann läßt sich wieder etwas kommentieren -, daß es gegenwärtig dennoch vorrangig darum geht, ob nun der eine oder die andere ins Kanzleramt einzieht, ist eben ein Beleg dafür, daß das gewählte politische Personal unqualifiziert ist, zumal es sich nun auch noch beim "lieben Wähler" über "das schwierige Wahlergebnis" beklagt. Demokratie als Zumutung.

Doch über die Qualitäten des jeweiligen politischen Gegners wurde im Wahlkampf ja der Souverän ausführlich informiert, so daß der sich eben nicht darüber beklagen sollte, wenn er nun genau die Inkompetenz bekommt, die er wählte. Auch an dieser Stelle ist also das Wehklagen über 'die Politik', die doch in Gestalt Angela Merkels und Gerhard Schröders doch endlich mal sich zusammenraufen sollte, ziemlich lächerlich, weil darin doch wieder der Wunsch nach einer starken Hand mitsamt Personenkult zum Ausdruck kommt, praktisch der nach der Entmachtung des Souveräns, was bei dem politischen Personal aber grob fahrlässig wäre.

MfG
tw_24