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8. June 2006, 15:44   #9
Akareyon
 
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"Eyes Wide Shut" habe ich mir nun auch schon ein paar Mal gesehen. Gnadenreicherweise war der Film mal Beilage von irgendeiner Zeitschrift (Ihr wißt schon, TV Movie, Widescreen, Cinema, PCgo!, SFT, irgendeine von denen: eine der billigsten Methoden, an gute Filme zu kommen!). Überhaupt haben wir in unserer fast kommunistisch geregelten Nachbarschaft unter anderem ein gutes Filmtauschnetzwerk (die allerbilligste Methode, an gute Filme zu kommen. Oder an eine Tasse Zucker).

Mit dem Filmgeschmack sehe ich das so: ich erwarte doch was vom Film, wenn ich ihn mir anschaue.

Damit meine ich nicht, daß ich im speziellen Fall ganz bestimmte Attribute von einem Film erwarte und hinterher ganz enttäuscht bin, weil ich mal was gehört oder gelesen habe. Weil ein Kollege sacht "Supi! Mußte unbedingt gucken!". Oder weil ich einen Verriss in einer Kinozeitschrift gelesen habe. Weil ich das Plakat sehr schön fand, oder die DVD-Hülle. Weil ich weiß, daß manche Dinge Kulturgut sind - "Vom Winde verweht" beispielsweise kenne ich nicht und schäme mich. Das gleiche gilt für "Der Pate". Asche auf mein Haupt. "Fear and Loathing in Las Vegas" - Fehlanzeige, und es ist mir peinlich. Ich gebe auch gerne zu, daß ich "Der dritte Mann" mittendrin ausgemacht habe. Aber irgendwann kommt der Tag, und dann sieht man zum ersten Mal "Das Boot" im Director's Cut, oder irgendeinen anderen Klassiker wie "Octopussy" und sagt: Okay, darum der Hype. Oder: Wow! Oder man weiß von den revolutionären Anwandlungen eines Regisseurs und hat ein Auge auf die unterschwelligen sozialkritischen Aussagen, der "Message". Oder: da wird geschwärmt, wie toll doch X-Men III werden würde. Okay, schön, danke. Irgendwann schau ich ihn mir nochmal an. Nicht so der Kracher, aber ganz nett. Oder man geht schon ganz aufgeklärt an "Clockwork Orange", oder auch "Alien", weil man schon Bildausschnitte, Plot usw. kennt und schaut den Film schon aus dem Gesichtspunkt: ich konsumiere kulturbildende Kunst. Und erwartet dann auch Kunst. So, wie Du es mit einem Gemälde vergleichst: die Mona Lisa im Louvre zu besuchen könnt man sich sparen, wir wissen doch, wie sie aussieht. Deswegen könnte man sich eigentlich auch die ewigen Blockbuster irgendwo hinklemmen. Und entweder, man weiß von vorneherein: das brauche ich mir nicht zu geben, höchstens irgendwann mal (Beispiel: Harry Potter), oder man setzt sich ins Kino, um sich einfach das Gehirn freiblasen zu lassen und erwartet auch nichts anderes als billige Popcornunterhaltung: Titten, Sex, Gewalt, Drogen, noch mehr Sex und ein Happy End (Beispiel: "The Chronicles Of Riddick"). Wenn dann die Erwartungen übertroffen werden, umso besser (Beispiel: "The Chronicles Of Riddick" :p). Von manchen Filmen hat man noch nie gehört, guckt irgendwie aus Zufall irgendwas, erwartet nichts und sagt sich dann entweder: "Was für ein Scheiß!" (Beispiel: "White Noise") oder: "Okay." - oder gar nichts mehr, weil man hemmungslos am abfeiern ist (Beispiel: "Spiel der Götter"). Es gibt jedenfalls tausend Möglichkeiten, mit irgendeiner Erwartung an einen Film zu gehen.

Aber nein, mit der Erwartung möchte ich was anderes meinen, viel allgemeiner. Ich möchte ganz banal sagen können: Jawoll, das war die Zeit wert, ich fühle mich bereichert, auf irgendeine Weise. Es ist mir nicht schade um die Zeit oder das Geld.

Es gibt Filme, die leisten das nicht. Viele Filme. Aber zu diesen Filmen gehört "Dancer in the Dark" nicht, das meinte ich einfach, als ich Sacki "einlud". Um Gottes Willen, ich kenn das doch selber. "Citizen Kane" ist ein wirklich toller Film, aber so langweilig kann mir gar nicht werden, daß ich ihn mir innerhalb der nächsten zwanzig Jahre nochmal anschaue.