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8. November 2003, 15:33   #29
Glühwürmchen
 
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Mit etwa 13 Jahren habe ich mir ein Teppichmesser besorgt und mir immer, wenn ich mich unverstanden fühlte, Einritzungen in die Unterarme zugefügt.
Damals wusste ich nicht, dass es eine Krankheit ist, ich denke, dass es auch meine Mutter nicht wusste, aber irgendwie muss sie gespürt haben, dass es eine seelische Ursache hat.
Meine Eltern hatten sich scheiden lassen und die Interesse meines Vaters an seinen Kindern nahm mehr und mehr ab. Besuchstage sagte er kurzfristig ab, dann kam er irgendwann einfach nicht mehr. Natürlich suchten wir Kinder die Schuld bei uns, das ist wohl mehr oder weniger normal.
Meine Mutter machte kurzen Prozess und zog mit uns so weit fort, dass es ihm fast unmöglich war mal eben vorbei zu kommen, wenn er Lust und Laune hatte.
Seit dem ging es aufwärts und ich habe mich nie wieder geritzt. "Glück" gehabt, dass meine Mutter unbewusst wusste.

Jetzt habe ich eine Bekannte, sie ist etwa so alt wie ich und Staatsanwältin. Ihr Ex-Mann ist Rechtsanwalt und jagt allem nach, was bei 3 nicht auf den Bäumen ist.
Mir fiel nicht auf, dass sie immer langärmelige Kleidung trug, bis sie irgendwann, ausversehen, die Ärmel hochschob und tiefe Narben und frische Wunden zum Vorschein kamen. Erschreckt bedeckte sie sie wieder, sah jedoch in meinem Gesicht, dass ich es gesehen hatte.
Sie hat sich dafür verantwortlich gemacht, dass ihr Mann fremdging und deckte diesen seelischen Schmerz mit dem körperlichen zu.
Viel Geduld hat es gebraucht sie dazu zu bringen sich scheiden zu lassen und ihre Therapie war es, dass wir seine Handyabrechnung fanden und sie jede "Geliebte" anrief um dieser zu sagen, dass sie nicht die einzige sei, die auf diesen Kerl reingefallen war.

Die tiefen Narben, psychisch und physisch, sind noch immer sichtbar, aber sie vermehren sich nicht mehr.