Einzelnen Beitrag anzeigen
29. December 2005, 21:26   #7
Maggi
 
Benutzerbild von Maggi
 
Registriert seit: April 2002
Beiträge: 3.915
Zitat:
Zitat von tw
In den Staaten wäre eine solche Konstruktion schlicht undenkbar, was zwar einerseits in der Tat den Warencharakter von Radio- oder TV-Programmen systematisch betont, doch andererseits sorgt es zugleich auch für ein viel breiteres Angebot an Programmen. Wer will, kann sich rund um die Uhr von Gott erzählen lassen, aber ein Staats-TV gibt es eben auch nicht.
Diese Argumentationskette verstehe ich nicht ganz. Wieso sorgt es für ein breiteres Angebot, wenn die Amerikaner keine Gebühren zahlen müssen? Schließlich ist auch in Deutschland den Sendern der Zugang zu neuen Sendeformaten nicht verwehrt. Dass die Sender dieses Recht nicht unbedingt geltend machen und sich lieber auf traditionelle "Knaller" wie Deutschland sucht den Superstar verlassen, ist ja dann deren Problem.
Alles, was die Privaten also haben, ist staatliche Konkurrenz. Und für gewöhnlich ist diese Konkurrenz (leider?) nicht besonders aktiv, denn sie verkehrt nicht in Privatsenderkreisen, achtet auf ihren Bildungsauftrag und sendet Fischerchöre und André Rieu, den eitlen Selbstdarsteller und sein Orchester ...

Um auf dein Beispiel einzugehen: Ich weiß nicht, wie es sich in Amerika mit der Empfangsbandbreite verhält. Aber die USA sind ein großes Land mit viel Leere zwischen den einzelnen Dörfern. Ohne Satellit geht in den Rockys wahrscheinlich auch nicht viel; mit einer Schüssel allerdings werden die ein ähnlich breites Angebot haben wie Hans Müller aus Deutschland mit Satellitenfernsehen. Auch hier gibts ein breites Angebot. Auch hier gibts Bibel-TV, bei mir liegt der aktuell auf Platz 271 oder so

Um es nochmals zu betonen: Das erste, was ich mache, wenn ich mal in die Staaten komme, ist, das Fernsehprogramm zu untersuchen. Ich war nämlich noch nie dort und kann nur Spekulationen anstellen. Wenn Folgendes also falsch sein sollte, bin ich nicht sauer über eine Berichtigung.
Schließlich gebieten es die Gesetze meiner Logik, dass die privaten Sender Unternehmen sind, die - wie jedes andere Unternehmen auch - auf möglichst viel Kapital fixiert sind. Das Kapital gewinnen sie durch Werbeeinnahmen; weil die dreißig Sekunden vor der neuen Staffel Sex And the City aber so begehrt sind, kann man sie auch teuer verkaufen. Die Folge ist, dass viel Geld in die Kassen des Senders geschwemmt wird, dass dann gleich für eine andere Sendung investiert werden kann, die zwar anders heißt, aber sich sonst nicht besonders von Sex And the City unterscheidet (schließlich ist es das, was zuschauermäßig am meisten Quote bringt). Und die Folge davon ist wiederum, dass immer nur die gleichen Sendungen produziert werden.
Für die Minderheit der Amerikaner, deren ihre Bildung ein wichtiges Anliegen ist ( ) bleibt demnach keine Sendezeit übrig, denn die sind einfach nicht so profitabel wie die große Masse.

Das ist natürlich in Deutschland genauso; aber hier ist es doch wenigstens gut zu wissen, dass ein staatlicher Gegenpol zur Marktwirtschaft besteht, der einen Bildungsauftrag hat und ihn auch versucht, umzusetzen (ob nun mit Bürokratie oder ohne). Und damit komme ich wieder auf mein Plädoyer zurück; die Öffentlichen könnten mehr aus sich machen. Meinetwegen ist auch Schassung Friedmanns ein Fehler gewesen, auch wenn er sehr umstritten ist. Ich will ja nicht das rechtliche Fernsehen langweilig machen.

Die wahrscheinlich leider unglücklichweise bevorstehende Machtübernahme Axel Springers im Hause Pro7Sat1 halte ich trotzdem für einen Fehler. Denn selbst wenn es mir egal sein könnte, was auf den Privaten läuft: Ich bin daran interessiert, dass sich auch dort das Klima verbessert und nicht verschlechtert. Dass sich allerdings die Privatsender von ihrem Streben nach Profit verabschieden, halte ich für unwahrscheinlicher, als dass sich die öffentlichen Sender von ihrem Kopieren der privaten Sendungen und diversen anderen televisorischen Griffen ins Klo distanzieren ...

Nach wie vor: Wenn ich eine Entscheidung treffen müsste, ob ich lieber privates Fernsehen möchte, das nach der Masse gepolt ist, oder ein privates Fernsehen, dass von einer nicht vertrauenswürdigen Quelle bestimmt (um nicht zu sagen: manipuliert) wird (namentlich: vom Axel-Springer-Konzern), dann würde ich ersteres nehmen. Noch ist Axel nur Anteilseigner und nicht Mehrheitsinhaber ... wäre schlimm, wenn das kommen täte.
Und übrigens, sehr witzig: Du argumentierst super und triffst dann die falschen Schlüsse.
Zitat:
Zitat von tw
Und solange beispielsweise das öffentlich-rechtliche Boulevard sich bei den gleichen Agenturen bedient wie BILD oder eben die privaten Sender, kann BILD-TV doch keine Gefahr sein, jedenfalls keine, die erst droht.
Diese Tatsache sollte nicht Bild-TV rechtfertigen sondern als Kritik an ARD verstanden werden.

Zitat:
Zitat von Amanda
Aber was ist mit den Nachrichten? Die Nachrichten hierzulande bei den Privatsendern finde ich skandalös. Die bei den öffentlich-rechtlichen sind besser, aber ich weiß immer noch nicht, wer das bezahlt, was mir dort erzählt wird.
Das stimmt, und wahrscheinlich ist es auch so, dass ein paar Beträge fließen um eine böse Nachricht nicht zu erwähnen. Wenn sogar Ärzte korrupt sind, warum dann nicht auch Nachrichtensprecher?
Allerdings gibt es dank der von tw so gegeißelten Bürokratie auch Menschen, die darauf achten, dass durch die Öffentlichen keine zu einseitigen Berichterstattungen stattfinden. Bei den Privaten gibt's diese Kontrolle nicht. Ich glaub vielmehr, dass bei den Privaten Sendern mehr Geld fließt ...

Ciao,
Maggi