Thema: Dresden
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13. March 2006, 14:40   #11
tw_24
 
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Natürlich ist Dresden im Gegensatz zu Das Drama von Dresden keine Dokumentation. Dennoch trat Dresden ja mit dem Anspruch an, historisch korrekt zu sein. Zu einer Premiere eines Nur-Spielfilms wären dazu wahrscheinlich auch nicht Angela Merkel und andere Politprominenz, darunter der Belgrad-Bombardierer Gerhard Schröder, nach Dresden gereist, womit sie dem Film ja schon zum Politikum machten.

Dafür sprechen dann auch die Reaktionen in den Medien der Eingeborenen. Die Freie Presse aus Chemnitz etwa kommentierte das Ereignis so: "Das war ein sehr wichtiger Film. [Er] setzte den wahrscheinlich 35.000 Bombenopfern, darunter vor allem Zivilisten, endlich ein würdiges filmisches Denkmal. Aber eben nicht nur den Dresdnern, sondern all jenen Menschen, die Opfer brachialer Zerstörungswut wurden."

Der Film trug also mit anderen Worten dazu bei, Deutsche gleichzusetzen mit den Opfern ihrer Barbarei, blendet also in der Wahrnehmung des Publikums aus, daß die Coventrierung Dresdens sehr greifbaren Ursachen hatte und nicht eine abstrakte Wesenheit Brachialgewalt einfach so aus heiterem Himmel über ein unschuldiges Dresden kam, das immerhin wohl die größte Garnisionsstadt im Reich war.

Und indem formuliert wird, der Film setze ausnahmslos "all jenen Menschen, die Opfer brachialer Zerstörungswut" wurden, "endlich" ein Denkmal, wird ja auch noch signalisiert, daß alles, was es bisher an Denkmalen gab, ungefähr nichts wert sei, weil eben die armen Dresdner ihren Film noch nicht bekommen hatten. Das ist nach dem Ausblenden des historischen Kontexts wahrscheinlich noch die größere Leistung nicht nur dieses Films.

"Was in Ostdeutschland - wenn auch aus ideologischen Motiven - schon immer als Kriegsverbrechen bezeichnet wurde", geht der Kommentar frohlockend weiter, "kann nun auch unter freiheitlichen Bedingungen ohne falsche Rücksichtnahmen als Massaker bezeichnet und auch so dargestellt werden. Zudem kann heute daran erinnert werden, dass in jener Bombennacht auch das alte Dresden, bis dahin eine der schönsten europäischen Metropolen, unwiderruflich zerstört wurde."

Daß in Dresden die Bücher schon gebrannt hatten, als im Rest des Reichs daran noch nicht gedacht wurde, daß die Synagoge auch in Dresden brannte, daß heute die Neue Synagoge noch rund um die Uhr bewacht werden muß - es ist vergessen, die Anklage lautet: "In jener Bombennacht" wurde mit Dresden "eine der schönsten europäischen Metropolen unwiderruflich zerstört".

Und zwar absichtlich, wie ein von Dresden beeindruckter Kommentator der Süddeutschen Zeitung formulierte, der seinen Deutschen sogar noch bescheinigt, sie hätten aus Dresden gelernt, moralisch einwandfrei Kriege zu führen: "Es ist eine Ironie der Geschichte, dass die Deutschen, als sie erstmals seit 1945 wieder an einem Krieg teilnahmen, selber Bomber starten ließen im Versuch, ein Terrorregime durch Luftschläge in die Knie zu zwingen. Und dass es in Jugoslawien 1999, wenn auch anders als 1945 unbeabsichtigt, nicht wenige Tote in der Zivilbevölkerung gab." (Quelle)

Die zitierten Sätze sind nicht um den 13. Februar herum entstanden, sondern aus Anlaß der Aufführung von Dresden im 2DF. Sie offenbaren freilich dennoch, daß Sir Arthur Harris die Deutschen völlig richtig eingeschätzt hatte und ihre Fähigkeit zur Verdrängung von Realität, an der sich der Film Dresden beteiligt, als er nach dem "Massaker" formulierte: "In Wirklichkeit war Dresden eine Ansammlung von Rüstungsfabriken, ein funktionierendes Regierungszentrum und ein Verkehrsknotenpunkt. Nun ist es nichts mehr davon."

MfG
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