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7. May 2002, 17:42   #23
tw_24
 
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@ quentin:

> du begreifst eines nicht, dass der zeitpunkt nicht stimmt. das ganze vor 45 jahren und
> man haette gesagt, sagen koennen, auch die kriegsgewinnler muessen bluten, kommen vor
> gericht. aber da war kalter krieg und man wollte eine starke deutsche wirtschaft

Mag sein, daß ich das nicht ganz begreife, aber für mich sieht das nun aus, als würdest
Du Dir selbst widersprechen. Vor 45 Jahren, meinst Du, wäre der Zeitpunkt richtig gewe-
sen, wegen des Kalten Krieges unterblieb aber die Auseinandersetzung mit der damals noch
etwas jüngeren Vergangenheit? Aber wenn das so war, dann ist es doch jetzt höchste Zeit,
das Versäumte nachzuholen, oder? Wenn die Kriegsgewinnler damals nicht bluten mußten,
dann sollten sie es doch wenigstens heute. Zumal sie heute auch noch vergleichsweise bil-
lig davonkommen, weil ja viele von denen, die zwangsweise für sie schuften mußten, schon
längst nicht mehr leben.

> man wollte eine starke deutsche wirtschaft, ihr solltet sehen, das unser system besser
> waere.

Das war, sagte 1946 sogar die CDU in der britischen Zone, aber eigentlich das falsche Sys-
tem, weil es den Aufstieg eines Hitler nebst Anhang zumindest wohlwollend begleitete und
dann, nach der Machtübernahme, auch ganz gut mit ihm zusammenarbeitete.

Nachzulesen ist das im "Ahlener Programm" vom März 1946. Eine Kernaussage lautet: "Das
kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des
deutschen Volkes nicht gerecht geworden." Da frage ich mich dann, wieso genau dieses
Wirtschaftssystem überzeugen sollte.

> die mauer musste kommen, nicht als antifaschistischer schutzwall, absoluter bloedsinn,
> sondern durch das abwerben ausgeblilderter leute mit guten qualifikationen haetten die
> DDR ausgeblutet.

Selbstverständlich ist die Bezeichnung als "Antifaschistischer Schutzwall" Unfug, aber sie
klingt doch irgendwie "besser" als so ein simples "Mauer" ;-). Aus der Logik der DDR-Oberen
allerdings läßt sich diese Bezeichnung durchaus begründen. Die BRD wurde ja nicht ganz
zu Unrecht - das gibst Du oben auch zu - als Fortsetzung des Dritten Reiches betrachtet.
Die gleichen Konzerne, die am Holocaust verdient hatten, wurden wieder Marktführer, um es
"uns" zu zeigen. Dabei warben sie auch noch qualifiziertes Personal ab und schafften es
insgesamt auch noch, einen schnelleren wirtschaftlichen Aufschwung zu erreichen als der
gepriesene Sozialismus. Daß das so manche selbstherrliche Ideologen mächtig ärgerte, liegt
auf der Hand. Also eben: "Antifaschistischer Schutzwall".

> einen vorteil hatte die BRD. wir haben nicht jedes jahr 100 000 regimgegner verhaftet
> und sie fier viel geld der DDR verscherbelt.

Also 100.000 waren es bestimmt nicht. So viele hättet "Ihr" "Euch" wohl auch nicht leisten
können ;-). Aber eigentlich war das doch ein prima Geschäft - für die DDR. Kritiker wurde
man los, die landeten im vermeintlich besseren Deutschland, das dafür auch noch zahlte ...

> wir hier hatten die moeglichkeit, eine weltpresse zu lesen und gegenueber dem neuen
> deutschland war unsere presse ein paradies an freiheit.

Das stimmt sicherlich. Aber wenn es um die ideologische Auseinandersetzung mit der BRD oder
dem Kapitalismus/Imperialismus ging, da liefen die Kommentatoren des "Neuen Deutschland"
dann doch zur Hochform auf. Und manchmal hatte sogar "Sudel-Ede" mit seinem "Schwarzen Ka-
nal" den richtigen Riecher.

> was habt ihr denn von der welt mitbekommen? nichts , nichts nichts

Da scheinst Du Dir ja verdächtig sicher zu sein. Aber nur zur Information: Neben der ge-
druckten Presse gab es da auch noch Rundfunk und TV. Ja, in West-Berlin war mit dem RIAS
ein Sender beheimatet, der sich wohl eher an DDR-Bürger richtete als an West-Berliner.
Mit wenigen Ausnahmen war der Empfang der "Feind-Medien" technisch möglich, die große, wei-
te Welt kam also auch in die uninformierten Haushalte der DDR. Aber wenn das "nichts" ist,
kann ich Dir auch nicht helfen.

> deswegen spreche ich euch ganz einfach das recht ab, ueber die moral der wessis zu dis-
> kutieren, nicht aus dem blickwinkel der ossis.

Na toll, das nenne ich Zensur. Gerade die Ost-Deutschen, die DDR und die wiedervereinigte
BRD halbwegs bewußt erlebt haben und erleben, können wegen ihrer Erfahrungen mit beiden
Systemen ganz gut urteilen, finde ich.

> die 4 maechte haben willkuerlich eine grenze gezogen, auf der einen seite die unbelasteten
> ossis, auf der anderen die naziwessis.

So sahen das zwar nicht unbedingt die Siegermächte, aber, das ist wahr, die DDR-Oberen. Die
DDR galt als das "bessere" Deutschland, das sich über den "Antifaschismus" definierte.

> durch die vielfalt der informationen konnte man sich ein bild machen, ihr habt doch nur
> eine infoquelle gehabt, die war staatlich.

Siehe oben, dem staatlichen Informationsmonopol waren nur wenige ausgeliefert.

MfG
tw_24