Thema: Contergan
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10. November 2007, 23:40   #4
Glühwürmchen
 
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soweit ich das mitbekommen habe, zahlt Grünenthal eine lebenslange Rente, die aber keinesfalls dafür ausreicht (100-500DM ) die Spätfolgen und damit entstehenden Kosten zu begleichen.
Die Stiftung kam jedoch allen behinderten Menschen zugute, sodass sie schneller verbraucht war als wenn sie "nur" den Contagan-Geschädigten Hilfe gebracht hätte.

So makaber es klingt - ein Gutes hatte es doch, denn danach wurde die bestehende "Selbstüberwachung" der Firmen durch ein strenges Verfahren für die Zulassung und Erfassung neuer Arzneimittel in der Bundesrepublik Deutschland ersetzt.
Die Selbstüberwachung beinhaltete nicht einmal die Untersuchung, ob ein Medikament ungeborenem Leben schadet.
Selbst wenn das geprüft worden wäre, hätte es wohlmöglich keine negativen Ergebnisse gegeben, da der Wirkstoff Thalidomid, der übrigens noch heute eingesetzt wird, "nur" im 2. Schwangerschaftsmonat zu solchen Schädigungen führt.
Was mich verwundert ist die Verteilung der Contagan-Geschädigten, von denen prozentual gesehen die meisten in Deutschland leb(t)en.
Waren die deutschen Ärzte zu leichtsinnig im Umgang mit neuen Präparaten?
Waren deutsche Schwangere zu leichtfertig?
Warum wurde es in Österreich rezeptpflichtig auf den Markt gebracht?
Auch meine Mutter hatte so ein Päkchen Tabletten im Schrank, hat sie aber nicht genommen, weil sie sich der Nebenwirkungen nicht sicher war. Vielleicht hat das meine 1961 geborene Schwester vor viel Leid bewahrt.
Dass sich nach "solchen Frauen" kein Mann umdrehen wird, liegt aber an unserer Gesellschaft, die noch immer nicht mit Behinderungen klar kommt. Wobei ich auch verheiratete Contagan-Frauen/Männer kenne. Die Ausnahme bestätigt halt überall die Regel.

Man muss aber auch beachten, dass die Schauspielerin, die das geschädigte Kind spielte, ihre Missbildungen durch Gendefekte erhielt, so heißt es zumindest jetzt noch, weil man vielleicht nicht weiß, nicht wissen möchte, oder nicht verraten will, was diese Gendefekte tatsächlich verursacht.

Contagan ging damals durch die Weltpresse, die viel zu lange Reaktionszeit ist unverständlich, aber niemand kann sich sicher sein, dass danach (oder davor) nicht noch viel extremere oder gleichwertige Skandale entdeckt wurden, von denen wir niemals etwas erfahren werden.
Henkel wollte danach sogar verhindern, dass in Deutschland ein Hersteller bei schädlichen und fehlerhaften Produkten in Haftung für dadurch entstandene Schäden genommen werden darf.

Bei Contagan-Missbildungen hat man einen Schuldigen gefunden und ich bin auch der Meinung, dass die, die daran beteiligt waren, zur Rechenschaft und zum Ausgleich- zumindest der finanziellen Spätfolgen verpflichtet werden müssen - aber leider schlossen die Eltern damals einen Vergleich, verzichteten auf Schadensersatzansprüche in Milliardenhöhe gegen einen Entschädigungsbetrag von 100 Millionen Deutsche Mark und unterzeichneten eine Erklärung, in der sie beteuerten, nicht mehr weiter gegen die Firma Grünenthal Chemie zu klagen.

Profitgeil- vielleicht in diesem Zusammenhang nicht ganz das richtige Wort, aber auch die Eltern haben nicht weit genug "geforscht" und die Folgen außer Acht gelassen.
Wie immer, zum Nachteil der tatsächlichen "Opfer"