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7. January 2006, 17:45   #3
Ben-99
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... dann bin ich beruhigt, daß wir zumindest in diesem Punkt einer Meinung sind. Denn genau das stieß mir sauer auf: Nicht etwa die konservative "FAZ", auch nicht die dröge "Welt", sondern ausgerechnet der "Spiegel", der jahrzehntelang berüchtigt für seine sarkastisch-saloppen Formulierungen war, spielt jetzt auf einmal den Moralapostel und will auch noch bestimmen, ab wann ein, zumindest nach Duden, bisher noch wertneutraler Begriff wie "Regime" auf einmal negativ besetzt sein soll.

Mal ganz abgesehen, daß man wohl in jeder Ausgabe mindestens 20 Beispiele finden könnte, bei denen die Hamburger in ihrer laxen Art auch solche "verharmlosenden" Begriffe gewählt haben, ohne sich dabei etwas zu denken, hat das Ganze aber wohl noch einen anderen Hintergrund. Denn daß sich "Bild" und "Spiegel", was die die Richtung ihrer Kritik anbelangt, in letzter Zeit sehr ähnlich geworden sind, mag vielleicht auch mit dem Gerücht zusammenhängen, daß Aust auf einen Chefposten spekuliert, falls das Kartellamt doch noch die Übernahme der privaten TV-Sender durch den Springer-Verlag erlaubt.

Und da die ARD bekanntlich einer der größten Gegner dieser Monopol-Pläne ist, schießt BILD alle paar Wochen auf Sendungen des Ersten oder der Dritten und hat natürlich auch den Schleichwerbung-Skandal und die Bestechlichkeit der Sport-Redakteure genüßlich ausgewalzt. Und auch beim "Spiegel" fiel neulich ein groß aufgemachter Schmäh-Bericht über "Brisant" im Ersten auf, obwohl auch das ZDF solche dümmlichen Boulevard-Magazine im Programm hat.

Tja, man muß sich wohl damit abfinden, daß es den "Spiegel" in der gewohnten Form nicht mehr geben wird – jedenfalls nicht, solange der gewendete Herr Aust dort noch das Sagen hat, der anscheinend tatsächlich darauf hofft, aus den Resten des ehemaligen anspruchsvollen Nachrichten-Magazin mit einer Mischung aus "Stern" und "BamS" eine weitere bunte Illustrierte für die ganze Familie zu kreieren. Ob aber seine Rechnung aufgeht, wage ich zu bezweifeln. Denn bevor sich der typische Spiegel-Leser daran gewöhnt, ständig platte Hofberichterstattung über Angela Merkel oder irgendwelche Promi-Scheidungen zu lesen, bestellt er wohl eher das Blatt ab.

Und in der Hamburger Redaktion brodelt es sowieso schon seit langem, weil der Herr von Anfang an nicht gerade beliebt war, als er von Augstein gegen die Mehrheit der Redakteure auf den Chefsessel gepreßt wurde. Die kürzlich erfolgte Attacke der Augstein-Tochter Franziska konnte er zwar noch abwehren. Wenn es seine Gegner das nächste Mal aber etwas geschickter anstellen, könnte ihm schon bald das überhebliche Grinsen vergehen. Denn ich bin überzeugt davon, daß sich im Falle seines Falles die Redaktion dann für einen Chefredakteur aussprechen würde, der das Blatt wieder zu dem macht, was es immer war: Ein klug gestaltetes, "im Zweifel linkes" Nachrichten-Magazin, das selbstverständlich Verblödungs-Blätter wie "Bild" nicht als Konkurrenz ansieht und schon gar nicht deren Themen kopiert.

Gruß Ben