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30. July 2002, 19:09   #5
tw_24
 
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Mit der richtigen Weltanschauung, der wissenschaftlichen nämlich ;-), war das alles vorhersehbar. (Allerdings ist es auch verdammt leicht, in der Opposition kritisch zu sein ...)

Zitat:
Zitat von Sahra Wagenknecht (Kommunistische Plattform, PDS)
Drecksarbeit
Wenn die schlimmsten Sauereien anstehen, nimmt man gern die Linke mit ins Boot. Zur SPD/PDS-Koalition in Berlin und zur Logik des »kleineren Übels«

»Die müssen auch mal die Drecksarbeit machen.« Günter Rexrodt scheint nicht unzufrieden mit dem Verlauf der Koalitionsgespräche. Warum auch? Die FDP hatte den elegantesten Abgang, den sie sich wünschen konnte: Gradlinig und prinzipienfest steht sie da, eine Partei, die lieber die Opposition wählt, als entgegen ausdrücklichem Wahlversprechen die eigene Klientel mit Steuererhöhungen zu traktieren. Daß es die strittigen Steuern, an denen die Ampel zerbrach – die Getränke- und Motorbootsteuer – nun selbst mit der PDS nicht geben wird, erlaubt zudem, die SPD des bewußten Falschspiels zu bezichtigen. Ob sie die Ampel je wollte, mag offen bleiben. Offensichtlich ist, daß sie sie am Ende gezielt zu Fall brachte und sich – mit Rückendeckung der Bundesebene – für die PDS entschied.

Daß diese Entscheidung aus plötzlicher Sorge um die »Einheit der Stadt« und die Befindlichkeit der Ostberliner erwuchs oder gar jäher »Respekt vor dem Wählerwillen« Klaus Wowereit den nächtlichen Schlaf raubte, dürfte auch der blauäugigste Zeitgenosse nicht glauben. Es wurde oft genug ausgesprochen, worum es geht. Etwa von Wowereits Berater Tilman Fichter, der bereits im Juni letzten Jahres in einem Zeitungsinterview folgende Rechnung aufmachte: »Die Modernisierung, die auch im Osten ins Haus steht, ist nur mit einer PDS möglich, die den Bürgern klipp und klar sagt, ... daß wir, ob Ost oder West, einen Strich unter unser bisheriges Leben machen müssen. Dazu brauchen wir die PDS im Osten … Wenn die Zusammenarbeit dazu führt, daß die PDS den Menschen im Osten die Angst vor der Moderne nimmt, ... wird das positiv bewertet werden. Schürt die PDS diese Ängste populistisch, kann es nur negativ gesehen werden.« (Net-Zeitung, 21.6.01) Entfernen wir die übliche Chiffre, in der »Moderne« für sozialen Kahlschlag und »Angst« für möglichen Widerstand steht, ist die Aussage eindeutig: Es geht darum, einen sozialen Crashkurs durch Einbindung der linken Opposition gegen mögliche Protestbewegungen abzusichern; falls sich letztere nicht ganz verhindern lassen, soll ihnen zumindest jede parlamentarische Lobby und parteipolitische Unterstützung genommen werden.

Man nehme das Parteiprogramm und tue das genaue Gegenteil

Die Rechnung ist nicht neu und historisch leider schon einige Male aufgegangen. Wenn die schlimmsten Sauereien anstehen, nimmt man gern die Linke mit ins Boot und schlägt so zwei Fliegen mit einer Klappe: Gegenbewegungen werden geschwächt und bleiben alleingelassen; außerdem ruiniert die Linke ihre Glaubwürdigkeit und fällt so auch für die Zukunft als Störfaktor aus. Das Kalkül ist so simpel und offensichtlich, daß es fast peinlich ist, darüber zu schreiben. Noch peinlicher ist freilich, daß es immer wieder funktioniert.

Das bisher in die Öffentlichkeit gedrungene Koalitionsprogramm des rosa-roten Senats liest sich wie die wortgetreue Abschrift aus einem Lehrbuch für blindwütigen Neoliberalismus. Da scheint nichts mehr übrig zu sein von dem, was PDS-Politik einmal ausmachte und wofür sie Vertrauen und Unterstützung gewann. Es ist fast, als hätten die Unterhändler sich dem Motto verschrieben: Man nehme das gültige PDS-Parteiprogramm und tue in jedem Punkt das genaue Gegenteil:

»Ausbau öffentlicher Beschäftigung«? 2,1 Milliarden Mark sollen im öffentlichen Dienst eingespart und mindestens 15000 Stellen gestrichen werden. Daß dies durch altersbedingte Fluktuation geschehen soll, macht die Sache zwar für die Betroffenen annehmbarer; die Stellen fehlen aber trotzdem, zumal Alternativen nirgends existieren. Die Beschäftigtenzahl in der Berliner Industrie ist in den zehn Jahren nach 1989 von einst 400000 auf 130000 gesunken. Und der private Dienstleistungssektor baut zur Zeit auch eher Stellen ab als auf.

»Unterstützung der Gewerkschaften in ihrem Kampf um Umverteilung von oben nach unten«? Etwa eine Milliarde Mark der genannten Einsparungen im öffentlichen Dienst soll den Gewerkschaften in einem »Solidarpakt« abgehandelt werden: Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich und teilweiser Verzicht auf das Weihnachtsgeld sind im Gespräch.

»Beendigung der profitorientierten Wohnungsprivatisierung«? Der Verkauf von Wohnungsbaugesellschaften soll dem maroden Berliner Haushalt etwa zwei Milliarden DM einbringen.

Ein »sozial gerechtes Steuersystem«? Geplant sind eine Erhöhung der Grundsteuer, die direkt auf die Mieten durchschlägt, und eine Konzessionsabgabe auf Wasser. Beides zusammen belastet einen Berliner Durchschnittshaushalt mit etwa 85 DM pro Jahr, ein Betrag, der bei Bezug eines Senatorengehalts vernachlässigbar gering sein mag, für einen Sozialhilfeempfänger indes etwa dem Zehnfachen seiner täglichen Ausgaben für Nahrungsmittel entspricht.

»Erhalt und Ausbau kommunalen Eigentums«? Sämtliche Unternehmensbeteiligungen des Landes Berlin sollen überprüft und jene, die »nicht von strategischer Bedeutung« sind, verkauft werden. Verkauft werden soll insbesondere die Bankgesellschaft Berlin, wobei der Senat alle Immobilienrisiken und Altlasten übernimmt. Es steht also zu befürchten, daß die Privatisierung dem bewährten Treuhand-Motto folgen wird: Aus Guthaben mach Schulden, für die der Steuerzahler dann teuer einzustehen hat.

»Rechtsanspruch für Kinder auf einen unentgeltlichen Kita-Platz«? Von den noch 852 städtischen Kitas soll die Hälfte bis 2006 privatisiert werden. Die Konsequenzen auf der Kostenseite sind absehbar: Ein privater Kindergarten muß sich »rechnen«.

»Ausbau des öffentlichen Gesundheitsdienstes«? Dem Universitätsklinikum Benjamin Franklin wird der Geldhahn zugedreht, obschon Berlin alles andere als überversorgt mit Krankenhausbetten ist.

»Verwandlung von Sport- und Kultureinrichtungen in verwertungsorientierte Unternehmen aufhalten«? Zwölf Schwimmbäder werden geschlossen. Das SEZ soll privatisiert werden, eine Maßnahme, die die CDU bereits in der Großen Koalition vorgeschlagen hatte und die damals noch am Widerstand der SPD gescheitert war. Dem Theater des Westens werden die jährlichen Zuwendungen von 20 Millionen Mark gestrichen, sein Verkauf ist geplant.

Wozu wurde Diepgen gestürzt? Um es selbst zu machen?

Eine »neue Politik«? Höchstens insofern, als die Kürzungen, Einschnitte und Privatisierungen, die der rosa-rote Senat plant, spürbar über das hinausgehen, was die Große Koalition in all den Jahren ihrer Existenz an sozialen Grausamkeiten verbrochen hat. Hätte sie es je gewagt, ein solches Programm vorzulegen, wäre dies zweifellos auf den wütenden Protest der Oppositionspartei PDS gestoßen. Wozu wurde Diepgen gestürzt? Um es selbst zu machen?

Es gibt eigentlich nur ein Argument, das zugunsten dieser selbstzerstörerischen Politik angeführt wird: Der Wähler, heißt es, erwarte, daß sich die PDS in einer solchen Situation nicht verweigert. Die anstehende Politik sei zwar hart und schmerzhaft. Aber wir lebten halt in rauhen Zeiten. Mit der Ampel wäre alles nur noch schlimmer gekommen. Das Mitregieren bekommt in diesem Kontext fast einen Zug von Selbstaufopferung: Natürlich wäre man viel lieber sauber und Opposition geblieben. Aber wenn die eherne Pflicht ruft – ein Schurke, Dogmatiker, Weltrevolutionsträumer, Ideologe ..., der sich seiner Verantwortung nicht stellte!

Die Frage ist ernst. Haben jene Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die uns gewählt haben, dies tatsächlich in der dringenden Erwartung getan, demnächst von der PDS Einschnitte in ihren Tarifvertrag diktiert zu bekommen? Haben der Ostberliner Rentner oder die Neuköllner Sozialhilfeempfängerin uns gewählt, weil sie die Aussicht so attraktiv fanden, fortan PDS-abgesegnete Mehrausgaben für Wohnung und Wasser zu berappen? Oder der achtzehnjährige Schüler und Erstwähler, hat er der PDS wirklich in der Aussicht seine Stimme gegeben, für einen Besuch im demnächst privatisierten SEZ das Doppelte an Eintritt zahlen zu müssen? Was taugt eine Argumentation, die, im angeblichen Interesse des Wählers, einer Partei Verrat an sich selbst und damit letztlich an ebendiesem Wähler abverlangt?

Die PDS steht im öffentlichen Bewußtsein für eine Politik, die sich einem rücksichtslosen Shareholder-Value-Kapitalismus entgegenstellt, nicht für eine, die seine Logik exekutiert. Noch steht sie dafür; und selbst das nicht mehr ungebrochen. Wer in Mecklenburg-Vorpommern oder auch in Sachsen-Anhalt unterwegs ist und öffentliche Veranstaltungen wahrnimmt, erlebt das Maß an Enttäuschung, das hier bereits eingetreten ist. Die relativ guten kommunalen Wahlergebnisse, welche die PDS im letzten Jahr erreichen konnte, sollten darüber nicht hinwegtäuschen. Denn diese Wahlergebnisse kamen auf Basis einer extrem niedrigen Wahlbeteiligung zustande. Natürlich, solange die Leute von anderen Parteien immer noch weniger halten als von uns und allenfalls der Wahl ganz fernbleiben, solange müssen wir um unsere Mandate nicht fürchten. Aber kann die Existenzberechtigung einer linken Partei sich darin erschöpfen, das kleinste aller zur Auswahl stehenden Übel zu sein?

Eine realistische Analyse, was drei Jahre Mitregieren in Schwerin tatsächlich gebracht haben – gerade im Sinne der Wähler – steht seitens der verantwortlichen PDS-Genossen bis heute aus. Fakt ist, daß sich die soziale Situation für viele im Land während dieser Zeit eher verschlechtert als verbessert hat. Und Fakt ist, daß die PDS nicht nur einmal in die Lage gedrängt wurde, Unverantwortbares mitverantworten zu müssen. Sei es der Abbau von ABM-Stellen, sei es die Zustimmung zur Steuerreform, seien es Kürzungen im Bildungsbereich, Drangsalierungen von Sozialhilfeempfängern oder eine Abschiebepolitik, die kaum weniger rüde ist als die anderer Bundesländer. Mit Blick auf Berlin allerdings dürfte das alles nicht mehr sein als ein Vorspiel. Der Anspruch, neue Prioritäten zu setzen und eine Politik sozialer Gerechtigkeit zu betreiben, mit dem die PDS in Schwerin wenigstens noch angetreten war, wird in der Hauptstadt gar nicht erst erhoben. Niemand behauptet hier, daß die PDS in der Lage wäre, gemeinsam mit der SPD eine akzeptable Politik zu machen. Die Rechtfertigung reduziert sich ganz darauf, daß es ohne die PDS noch schlimmer käme.

Die Frage ist, ob das stimmt. Nehmen wir den Text der Koalitionsvereinbarungen, so ähneln die bisher angekündigten Maßnahmen auffällig denen, über die die Ampel nachdachte. Eine Konzessionsabgabe auf Trinkwasser anstelle einer wenigstens nur in Gaststätten fälligen Getränkesteuer ist schwer als sozialer Fortschritt zu identifizieren. Wesentlich mehr als der rosa-rote Senat offenbar vorhat, hätte auch die Ampel nicht privatisieren können. Die 2,1 Milliarden Einsparungen im öffentlichen Dienst entsprechen exakt dem, was die SPD von Beginn an wollte. Daß über die Einschnitte jetzt mit den Gewerkschaften »verhandelt« werden soll, läßt sich kaum als Leistung der PDS verkaufen. Auch die Ampel hätte geltende Tarifverträge nicht ohne Verhandlungen aufkündigen können. Und das Damoklesschwert weiteren Stellenabbaus hängt so oder so als Drohkulisse über den Gesprächen. Tatsächlich wird die PDS 220 Lehrer mehr beschäftigen als die SPD beabsichtigte. Für jeden einzelnen der Betroffenen ist das eine existentielle Frage. Die noch viel existentiellere Frage aber ist: Hätte die Ampel das, was sie vorhatte, überhaupt durchsetzen können? Und umgekehrt: Wo wird der rosa-rote Senat enden, pflegt doch die Koalitionsvereinbarung nur das erste und keineswegs das letzte Wort zu sein?

Beide Fragen hängen aufs engste mit der Existenz und Stärke außerparlamentarischer Protestbewegungen zusammen. Eine opponierende PDS böte demonstrierenden Gewerkschaftern nicht nur eine parlamentarische Stütze; als fast Fünfzig-Prozent-Partei im Osten wäre sie zugleich in der Lage, den Druck durch Aktivierung ihrer Klientel erheblich zu forcieren. Eine mitregierende PDS dagegen steht selbst auf der Gegenseite. Sie wird – zumindest als Gesamtpartei – nichts tun, um den Widerstand zu stärken, statt dessen vielmehr um Verständnis für die »Unausweichlichkeit« der Sparzwänge werben. Und das genau ist das Gefährliche und Fatale: Wenn selbst eine linke Partei Interessenpolitik als Sachzwang verkauft, wird Protest nicht ermutigt, sondern lahmgelegt. Bei den einen wird der Vertrauensvorschuß für die PDS dazu führen, sich mit den geplanten Grausamkeiten als alternativlos abzufinden. Andere werden sich enttäuscht abwenden. Aber auch aus Enttäuschung wächst eher Resignation als Auflehnung.

Es ist der gleiche Mechanismus, mit dem bereits Schröder Rahmenbedingungen für rücksichtslose Profitmaximierung in einem Grade schaffen konnte, zu dem Kohl nicht in der Lage war. Blüms Renten- und Waigels Steuerpläne waren beileibe harmloser als die Projekte Riesters und Eichels. Aber während erstere nicht zuletzt am Widerstand der Gewerkschaften zerbrachen, gelang es letzteren, die Gewerkschaftsspitzen einzubinden. Eine ähnliche Rolle spielten und spielen »Linksregierungen« in anderen europäischen Ländern. Die italienische Linkskoalition hat den Staatshaushalt mit Brachialgewalt und unter Inkaufnahme harter sozialer Einschnitte Maastricht-kompatibel gemacht. Nach Erledigung dieser Aufgabe wurde sie von den verärgerten Wählern zum Teufel gejagt. Auch die Privatisierungs- und Deregulierungsbilanz der Jospin-Regierung in Frankreich fällt deutlich höher aus als die ihrer konservativen Vorgänger. Eine erste Quittung haben die französischen Kommunisten bei der letzten Kommunalwahl erhalten.


Alles auf dem Prüfstand, nur nicht der Zins für die Banken?

Das Argument vom »kleineren Übel« hinkt gleich dreifach: Zum einen kann eine linke Partei aus der Opposition heraus oft wesentlich mehr bewegen denn als Teilhaber an der vermeintlichen Macht; einfach, weil außerparlamentarischer Druck in der Regel wirkungsvoller ist als ministerielle Kungelrunden. Das heißt, das scheinbare »kleinere Übel« ist oft gar nicht kleiner. Zweitens verspielt eine linke Partei mit unsozialer Politik über kurz oder lang das Vertrauen der Leute und damit die Basis ihres Einflusses. Das »kleinere Übel« bahnt, wie in Italien, oft genug dem größtmöglichen Übel den Weg. Und drittens ist die Logik des »kleineren Übels« gefährlich, weil sie halt- und schrankenlos ist: Es gibt im Grunde keinen Mißstand, der nicht immer noch zu vergrößern wäre, und es gibt keine Politik, die nicht auf eine noch schlechtere als Alternative verweisen könnte; jede Untat ist steigerbar und jede kann damit für sich in Anspruch nehmen, das kleinere Übel zu sein.

Eine Partei, die sich vorbehaltlos von dieser Logik leiten läßt, wird irgendwann zu allem bereit sein. Brutale soziale Einschnitte ruinieren Lebensperspektiven und Hoffnungen, zerstören Familien, rauben Kindern die Kindheit, lassen Menschen an der Ausweglosigkeit ihrer Lage zerbrechen, treiben sie in Verzweiflung und Alkohol. Das sind die Dimensionen, um die es geht, die praktischen Folgen von Entscheidungen, die, bei Rotwein und Keksen ausgehandelt, dann von jenen als »schmerzhafte, aber nötige Einschnitte« verkauft werden, die sich sicher sein können, persönlich von diesen Schmerzen nie betroffen zu sein.

Auch die beschworene Unvermeidlichkeit ist Nonsens. Sparpolitik ist kein »Sachzwang«; die öffentliche Armut ist hausgemacht. Wieso leistet sich ein Staat, dessen Kassen gähnend leer sind, eine Steuerreform, die ihn 40 Milliarden Euro pro Jahr kosten wird? Der Berliner Koalitionspartner der PDS regiert im Bund. Wie wäre es mit einer Initiative, die Senkung des Spitzensteuersatzes oder der Körperschaftssteuer auszusetzen und die dadurch zusätzlich verfügbaren Mittel der Hauptstadt zukommen zu lassen? Auch die Wiedereinführung der Vermögenssteuer wäre in diesem Kontext alles andere als unvernünftig. Wieso hält es inzwischen selbst die PDS für normal, Menschen, die nun wirklich kein Deut Schuld an der Berliner Misere trifft, für die Haushaltssanierung bluten zu lassen? Wieso steht angeblich jede Ausgabe auf dem Prüfstand, die Zinszahlungen an die Banken dagegen sind tabu? Wieso ist für Flughafenausbau und Stadtautobahn Geld vorhanden, nicht aber für kommunale Kindergärten? Wieso ist die Schließung eines Klinikums weniger antizivilisatorisch als der Abschied von einem Opernhaus? Wieso werden die privaten Haushalte mit zusätzlichen Abgaben belastet, nicht aber die in Berlin immerhin auch ansässigen Großunternehmen? Was bringt der Verkauf der Bankgesellschaft, wenn das Land eh für alle Altlasten geradesteht?

Es gäbe genügend Forderungen, die, mit Druck durch eine parlamentarische und außerparlamentarische Opposition, durchaus nicht bar jeder Realisierungschance wären. Sich in dieser Richtung zu engagieren, würde der Verantwortung der PDS als linker Partei mehr entsprechen, als sich für die »Drecksarbeit« anderer einspannen und am Ende dafür vorführen zu lassen. Aus dem zufrieden-distanzierten Blickwinkel eines Beobachters, der zwei Gegner, die er beide nicht mag, aufeinander einschlagen sieht, bemerkte die Financial Times: »Gregor Gysi ist der eigene Ehrgeiz näher als der Wille der Wähler. Deren Wut wird die PDS zu spüren bekommen.« (FTD 18.12.01) Wer das verantworten will, muß wissen, was er tut.

Quelle: http://www.jungewelt.de/2002/01-07/010.php, veröffentlicht also noch vor der Vereinbarung einer SPD/PDS-Koalition in Berlin
MfG
tw_24