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27. June 2002, 23:26   #1
quentin
 
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Tod eines Kritikers vergriffen

Moin,

Tod eines Kritikers" in vielen Buchhandlungen vergriffen
Die Leser sind heiß auf den Skandal-Roman

Martin Walsers umstrittener Roman "Tod eines Kritikers" findet reißenden Absatz. Zum offiziellen
Verkaufsstart am 27. Juni registrierten Buchhandlungen ein ungewöhnlich großes Interesse. Oft
waren sämtliche ausgelieferten Exemplare bereits seit Tagen vorbestellt. Deutlich weniger
Aufmerksamkeit fand dagegen der ebenfalls in den Buchhandel gekommene "Schundroman" von
Bodo Kirchhoff. Beide Schlüsselromane haben den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki und die
Mechanismen des Literaturbetriebs als Thema.

Massive Kritik - Reemtsma und Klüger rügen Walser

Die erste Auflage ist schon vergriffen
Suhrkamp hat 50.000 Exemplare des Walser-Romans gedruckt, doch schon vor ihrem Erscheinen
am 27. Juni war die erste Auflage durch Vorbestellungen vergriffen. Die zweite Auflage ist bereits im Druck. Der
"Schundroman" startete mit 10.000 Stück, inzwischen ist sogar die dritte Auflage in Vorbereitung.

Große Nachfrage in Berlin
Bereits am Mittwoch hatte "Dussmann das Kulturkaufhaus" an der Friedrichstraße in Berlin sämtliche bis dahin
vorliegenden 200 Exemplare des Walser-Romans verkauft. Am Donnerstag setzte sich der Trend nach einer
Nachlieferung fort. "Wir haben drei Mal so viel Exemplare bestellt als bei anderen Bestsellerautoren wie Henning Mankell
oder John Grisham", sagte eine Sprecherin. "Viele wollen sich nach dem Medienrummel jetzt wohl eine eigene Meinung
bilden." Man präsentiere den Walser-Roman auf einem Extratisch in Nähe der Kasse, "auch damit das Personal es
einfacher hat". Bei der Berliner Buchhandlung Kiepert hieß es, beide Romane würden nach allen bisherigen Anzeichen "ein
Sommerhit".

Kein Podest für das "geschmacklose" Buch
Düsseldorfer Buchhändler verzeichneten eine rege Nachfrage nach Walsers "Tod eines Kritikers" sowie relativ viele
Vorbestellungen, dagegen so gut wie keine nach Kirchhoffs "Schundroman". Eine besondere Präsentation der
Neuerscheinungen war wegen der "Geschmacklosigkeit" bei der Buchhandlung Schrobsdorff nicht geplant. Im Kölner
Buchhaus Gonski gab es zunächst keinen Ansturm: "Es ist Sommer. Der Biergarten lockt sehr viel mehr", sagte eine
Sprecherin.

So großen Wirbel gab's zuletzt bei Harry Potter
Bei Hugendubel in Leipzig hieß es zum Walser-Roman: "Alle bereits vorliegenden 20 Romane sind vorbestellt. Das letzte
Mal gab es so großes Interesse bei Harry-Potter." Kirchhoffs "Schundroman" sei bislang noch nicht gekauft worden. In
München war der Walser-Roman teils noch gar nicht im Verkauf. Ein Sprecher sagte: "Die Kunden sind aber ganz heiß
darauf." Bei der Vorberichterstattung sei dies nicht verwunderlich.

Der brisante Inhalt macht neugierig
Viele Rezensenten erkennen in dem Text vor allem eine Abrechnung mit dem Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki und
schätzen seine literarische Bedeutung eher gering ein. Doch das wird die meisten Käufer weniger interessieren. Sie wollen
endlich wissen, was drinsteht im Skandalbuch der Saison.

Walser unter Antisemitismus-Verdacht
Den Wirbel um das Buch hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" mit einem offenen Brief ihres Feuilleton-Chefs Frank
Schirrmacher ausgelöst. Darin erläuterte dieser, warum die Zeitung das Buch Walsers nicht vorab drucken wolle.
Schirrmacher warf dem Schriftsteller Antisemitismus vor und bezeichnete den Roman als "ein Dokument des Hasses".

Den Roman gab es schon vorab in allen Medien
Martin Walser hat bereits Passagen aus seinem Roman im Radio und Fernsehen vorgetragen.
Ein Streit um die illegale Veröffentlichung des Walser-Romans im Internet wurde vergangene
Woche beigelegt. Die Verantwortlichen zogen das Angebot zum Runterladen zurück, der
Suhrkamp Verlag verzichtete auf Schadenersatz.
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jetzt wird er auch noch reich, son Ärger aber auch

mfg