Thema: Stichtage
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23. June 2006, 07:33   #205
Jules
 
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23. Juni 1961: Der Antarktisvertrag tritt in Kraft

Der Antarktisvertrag ist eine internationale Übereinkunft, die festlegt, dass die unbewohnte Antarktis zwischen 60 und 90 Grad südlicher Breite ausschließlich friedlicher Nutzung, besonders der wissenschaftlichen Forschung, vorbehalten bleibt. Mit diesem Vertrag sollte an das Internationale Geophysikalische Jahr 1957/1958 angeknüpft werden. Während dieses Zeitraums hatten sich verschiedene Staaten auf gemeinsame Forschungen in der Antarktis verständigt.

Die erklärten Ziele des Vertrages besagen, dass in der Antarktis das ökologische Gleichgewicht zu wahren ist; jegliche militärische Operation ist untersagt. Auch der Bodenschatzabbau ist verboten, da die erforderlichen Häfen, Bergwerke etc. enorme Auswirkungen auf die Antarktis und folglich auf das globale Klima hätten. Ein weiterer Punkt besagt, dass die Informationen von Wissenschaftlern untereinander ausgetauscht werden müssen.

Verträge
Das Antarktische Vertragssystem (Antarctic Treaty System) ist ein Netzwerk von internationalen Vereinbarungen über die Angelegenheiten der Antarktis mit verschiedenen nachfolgenden Abkommen, die auf Basis des Grundvertrages abgeschlossen wurden.

Der Vertrag wurde am 1. Dezember 1959 in Washington, D.C. unterzeichnet und trat am 23. Juni 1961 in Kraft. Ziel des Abkommens ist es, die Antarktis für friedliche Zwecke zu nutzen, die internationale Kooperation zu fördern und die wissenschaftliche Erforschung zu unterstützen. Es soll keine Plattform für internationale Streitigkeiten bilden.

Folgeverträge des Abkommens von 1959:

CCAS Übereinkommen zur Erhaltung der Antarktischen Robben (Convention on the Conservation of Antarctic Seals) 1972
CCAMLR Übereinkommen über die Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis (Convention on the Conservation of Antarctic Marine Living Resources) 1980
Umweltschutzprotokoll zum Antarktisvertrag (Protocol on Environmental Protection to the Antarctic Treaty) 1991

Völkerrecht
Im Antarktisvertrag einigen sich diejenigen Staaten, die Ansprüche oder Anspruchsvorbehalte in der Antarktis haben, ihre Territorialansprüche ruhen zu lassen und auf die wirtschaftliche Ausbeutung oder militärische Nutzung zu verzichten, um die Antarktis stattdessen gemeinsam wissenschaftlich zu erforschen. Die Initiative für diesen Vertrag ging vom Internationalen Geophysikalischen Jahr 1957/58 aus.

Der Vertrag lädt alle Staaten der Welt ein, sich an der wissenschaftlichen Erforschung der Antarktis zu beteiligen. Konsultativmitglied mit Stimmrecht kann werden, wer dem Vertrag beigetreten ist und dauerhaft erhebliche Forschungen in der Antarktis betreibt.

1961 in Kraft getreten, endete er eigentlich 1991, wurde jedoch bis zum Jahr 2041 verlängert. Das Antarktische Vertragssystem umfasst mittlerweile drei weitere Zusatzprotokolle und -verträge. Es ist eins der größten internationalen Umweltschutzprojekte, das tatsächlich erfolgreich ist.

Im Völkerrecht der Antarktis überschneiden sich das im Antarktischen Vertragssystem begründete Recht mit dem internationalen Seerecht, den Konventionen zur Nutzung des Meeresbodens und des Weltraums, sowie den Konventionen zum Umweltschutz.

Verwaltung
Die „Verwaltung“ der Antarktis, die es auf Grund der völkerrechtlichen Situation eigentlich gar nicht gibt, wird im Wesentlichen durch zwei Organisationen besorgt. SCAR vereinigt weltweit alle wissenschaftlichen Institutionen mit einem Interesse an der Antarktis und koordiniert die wissenschaftliche Forschung. SCAR hat somit die Nachfolge des Internationalen Geophysikalischen Jahres übernommen.

COMNAP ist der Rat der Leiter der nationalen Antarktisprogramme und koordiniert die Tätigkeit der Behörden, die für die nationalen Antarktisprogramme zuständig sind.

Darüber hinaus wurde seit Mitte der 80 Jahre versucht ein Sekretariat für das Antarktische Vertragssystem einzurichten. Die Gastgeberländer der Treffen der Konsultativmitglieder des Antarktisvertrages (ATCM- Antarctic Treaty Consultative Meeting) haben seit den 90er Jahren Internetseiten betrieben, welche die Ergebnisse der Konsultativtreffen veröffentlichen. Seit September 2004 ist das Sekretariat des Antarktisvertrages ATS (Antarctic Treaty Secretariat) in Buenos Aires eingerichtet.

Mitgliedstaaten
Bei den Mitgliedern im Antarktischen System unterscheidet man zwischen Konsultativstaaten und normalen Mitgliedstaaten. Um Konsultativstaat zu werden, muss ein Staat erhebliche wissenschaftliche Forschungsarbeiten durchführen und eine wissenschaftliche Station in der Antarktis einrichten oder eine wissenschaftliche Expedition entsenden. Als Konsultativstaat ist man bei den Konsultativtagungen stimmberechtigt.

Die zwölf Staaten, welche den Antarktisvertrag am 1. Dezember 1959 unterschrieben, sind Konsultativstaaten. Dies sind Argentinien, Australien, Chile, Frankreich, Großbritannien, Neuseeland und Norwegen, welche Gebietsansprüche in der Antarktis erheben, und Belgien, Japan, die Sowjetunion (heute Russland), Südafrika und die USA, welche keine territorialen Ansprüche in der Antarktis erheben.

Seit 1961 haben weitere 33 weitere Staaten diesen Vertrag unterschrieben. 16 von diesen wurden später zu Konsultativstaaten. Zu den Konsultativstaaten zählen heute, neben den zwölf Staaten, die den Vertrag am 1. Dezember 1959 unterschrieben haben, Polen (Mitglied seit 1961/Konsultativstaat seit 1977), Deutschland (BRD 1979/1981, DDR 1974/1987), Brasilien (1975/1983), Indien (1983/1983), Volksrepublik China (1983/1985), Uruguay (1980/1985), Italien (1981/1987), Schweden (1984/1988), Spanien (1982/1988), Finnland (1984/1989), Peru (1981/1989), Südkorea (1986/1989), Ecuador (1987/1990), die Niederlande (1967/1990), Bulgarien (1978/1998) und die Ukraine (1992/2004).

Die Mitglieder, die seit 1961 dazukamen sind die Tschechoslowakei (1962-1993; heute die Tschechische Republik und die Slowakei), Dänemark (1965), Rumänien (1971), Papua-Neuguinea (1981), Ungarn (1984), Kuba (1984), Nordkorea (1987), Österreich (1987), Kanada (1988), Kolumbien (1989), die Schweiz (1990), Guatemala (1991), die Türkei (1995) und Venezuela (1999). Diese Staaten sind bei den Konsultativtagungen nicht stimmberechtigt.

Umweltschutz
Der Schutz der Antarktis mit ihren empfindlichen Ökosystemen hat für die Konsultativstaaten immer größere Bedeutung gewonnen. Dabei standen insbesondere die Auswirkungen von Bergbauaktivitäten im Mittelpunkt. Die Ausbeutung der Rohstoffe der Antarktis würden Bergwerke, Industrieanlagen sowie Häfen erfordern. Dies hätte negative Auswirkungen auf die antarktische Umwelt und somit für das globale Klima. Die geschätzten Vorkommen unter der durchschnittlich 1,7km dicken Eisschicht in der Antarktis sind 45 Mrd. Barrel Erdöl, 115 Billionen m³ Gas, Titan, Chrom, Eisen, Kupfer, Kohle sowie die Edelmetalle Platin und Gold.

Die 1981 nach jahrelangen Erörterungen mit der Auswirkung einer vertraglichen Regelung beauftragte IV. Sonderkonsultativtagung endete 1988 in Wellington, Neuseeland mit der Annahme des Textes für ein Ressourcenübereinkommen (CRAMRA). Dieses Übereinkommen ließ die Gewinnung mineralischer Rohstoffe unter strengen Umweltschutzvorschriften und Kontrollen in Einzelfällen, welche genehmigt werden mussten, zu. Da sich aber Frankreich und Australien 1989 überraschend von diesem Übereinkommen zurückzogen, konnte es nicht mehr in Kraft treten und es verstärkten sich die Stimmen, die für die Antarktis ein langfristiges Verbot von Bergbauaktivitäten forderten. Deutschland schloss sich diesen Stimmen an; es hatte die CRAMRA nicht unterzeichnet.

Somit wurde 1989 die XI. Sonderkonsultativtagung mit der Ausarbeitung eines umfassenden Umweltschutzsystems beauftragt. Sie endete mit der Annahme des Umweltschutzprotokolls (USP) zum Antarktisvertrag. Das USP hatte vier Anlagen: Umweltverträglichkeitsprüfungen, Schutz der antarktischen Flora und Fauna, Abfallbehandlung und Verhütung der Meeresverschmutzung. 1991 wurde auf der XVI. Konsultativtagung eine fünfte Anlage zu antarktischen Schutzgebieten beschlossen. Das USP trat am 14. Januar 1998 mit den Anlagen I, II, III und IV in Kraft, da die seinerzeitigen 26 Konsultativstaaten es alle ratifiziert hatten.

Das Protokoll von 1991 ergänzt den Antarktisvertrag und begründet ein umfassendes Umweltschutzsystem für den 6. Kontinent, das dem bisherigen Antarktisvertragswerk einen neuen Pfeiler zugefügt hat und für die internationale Zusammenarbeit beim Umweltschutz beispielhaft ist. Es umfasst materielle und Verfahrensregelungen für umweltgerechtes Verhalten und enthält ein Verbot von Bergbauaktivitäten. Die Bestimmungen können erst nach 50 Jahren auf einer Revisionskonferenz aufgehoben werden.

Neben dem Verbot von Bergbauaktivitäten enthält das Protokoll weitere Bestimmungen von maßgeblicher Bedeutung für den zukünftigen Umweltschutz in der Antarktis. Menschlichem Handeln werden durch die Umweltschutzgrundsätze nun Regeln vorgesetzt, die die überragende ökologische Bedeutung dieser Region für das Weltklima und die Umweltschutzinteressen der gesamten Menschheit hervorheben sollen. Starke Betonung wird auf die internationale Zusammenarbeit, die Durchführung rechtzeitiger und umfassender Umweltverträglichkeitsprüfungen für geplante Unternehmungen, die Verabschiedung innerstaatlicher Durchsetzungsnormen, internationale Inspektionen, Regelungen zur Schadensabwehr und Haftung für Umweltschäden in der Antarktis gelegt.

Rechtsexperten der Konsultativstaaten in einer Arbeitsgruppe unter deutschen Vorsitz berieten von 1993 bis 1998 über Haftungsregelungen zur Ergänzung des Protokolls. Die neunte Sitzung der Arbeitsgruppe endete mit einem Bericht an die XXII. Konsultativtagung vom 26. Mai bis 5. Juni 1998 in Tromsø, Norwegen.

Auf dieser Tagung wurde die Arbeitsgruppe aufgelöst, da deren Mandat als erfüllt angesehen wurde. Seit der XXIII. Konsultativtagung in Lima, Peru wird nun über den Haftungsanhang verhandelt.

Geschichte
Die intensive internationale Zusammenarbeit im Rahmen des Internationalen Geophysikalischen Jahres 1957/1958 trug nicht nur wissenschaftliche Früchte – auch in der Politik wirkten sich die Erfahrungen der gemeinsamen Forschungsprojekte und die neu gewonnenen Erkenntnisse aus: Während bisher die in der Polarforschung aktivsten Staaten auch immer dafür sorgten, neue Gebiete in der Antarktis zu beanspruchen, sollte sich dies nun ändern.

Schon 1948 hatten die USA vorgeschlagen, die Antarktis entweder den Vereinten Nationen oder einer aus acht Staaten bestehenden Organisation zu unterstellen. Zu diesem Zeitpunkt existierten bereits Gebietsansprüche von Neuseeland, Australien, Frankreich, Norwegen, Großbritannien, Chile und Argentinien. Weitere Ansprüche waren bereits absehbar. Um zu verhindern, dass die Antarktis in ein Mosaik aus Gebietsansprüchen und Kolonien zerfiel, wurden die Wissenschaftler aktiv.

Auf ihre Anregung hin entstand 1959 ein Internationales wissenschaftliches Komitee für Antarktisforschung (SCAR). In dieser regierungs-unabhängigen Organisation sollten Wissenschaftler aus mehr als zwanzig Ländern die Polarforschung auf internationaler Ebene organisieren und koordinieren.

Dieser Initiative folgte noch im gleichen Jahr ein Meilenstein der internationalen Politik und Wissenschaft: Am 1. Dezember 1959 unterzeichneten nun Regierungsvertreter von zwölf Nationen den Antarktisvertrag. Der Vertrag trat 1961, nach der Ratifizierung durch alle Unterzeichnerstaaten in Kraft und galt zunächst für 30 Jahre. Seit 1991 können Änderungen beschlossen werden, wenn ein Konsultativstaat darum ersucht. Der Antarktisvertrag endete 1991 jedoch nicht sondern wurde bis 2041 verlängert.

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