Thema: Stichtage
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15. June 2006, 11:22   #190
Jules
 
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08. Juni 1924: George Mallory und Andrew Irvine gehen am Mount Everest verschollen

George Leigh Mallory (* 18. Juni 1886 in Mobberley, Cheshire, England; verschollen am 8. Juni 1924 beim Versuch, den Mount Everest zu besteigen) war ein englischer Bergsteiger.

Er gilt bis heute als einer der Pioniere des Bergsteigens am Everest.

Lebensweg

Mallory studierte Literatur an der Universität Cambridge und wurde Lehrer. Von seiner Kindheit an war er begeistert vom Klettern und Bergsteigen.

1914, kurz bevor er als Freiwilliger in den Ersten Weltkrieg zieht, heiratet er seine große Liebe Ruth Turner, mit der er drei Kinder haben wird: Clare, Beridge und John.

Everest-Expeditionen

Aufgrund seiner Leistungen in den Alpen wird Mallory zur britischen Everest-Expedition von 1921 eingeladen. Diese Erforschungsmission der Royal Geographical Society und des berühmten Alpine Club hat die Erforschung des Massivs und das Auskundschaften einer möglichen Route auf den Gipfel zum Ziel. Es wird ein erfolgversprechender Aufstiegsweg auf der tibetischen Nordseite ausfindig gemacht.

Auch bei der zweiten Expedition ist Mallory mit von der Partie. Diesmal soll der Gipfel versucht werden. Hierbei wird eine Höhe von über 8300 m erreicht. Eine Tragödie, bei der sieben Träger sterben, führt zum Ende dieses Versuchs.

1924 wird Mallory zusammen mit den anderen Teilnehmern dieser Expedition im Rahmen der Olympischen Winterspiele in Chamonix mit dem erstmals verliehenen Olympischen Bergsteigerpreis Prix olympique d'alpinisme ausgezeichnet.

Der Versuch von 1924

1924 ist George Mallory erneut am Berg. Bei seinem letzten Versuch, den Gipfel noch zu erreichen, verschwinden er und sein Begleiter Andrew Irvine beim Aufstieg in ca. 8500 m Höhe im Nebel. Sie werden lebend nie wieder gesehen.

Bis heute halten sich die Spekulationen, ob einer der beiden damals den Gipfel erreichte. 1999 wurde die konservierte Leiche von Mallory in 8200 m Höhe gefunden. Er war vermutlich beim Abstieg gestürzt. Unbekannt blieb bislang, wie hoch er gekommen war. Führende Alpinisten, u.a. Reinhold Messner, halten es einerseits für nahezu ausgeschlossen, dass Mallory zu jener Zeit den Gipfel über diese Route hätte erreichen können. Der „Second Step“, ein 30 Meter hohes, beinah senkrechtes Felshindernis auf dem Nordostgrat in 8605 Metern Höhe, war mit der damaligen Ausrüstung wohl nicht kletterbar, so ihre Einschätzung.

Dem Katalanen Oscar Cadiach gelang andererseits jedoch 1985 eine freie Durchsteigung des Second Step. Er bewertete die 5 m hohe, senkrechte Schlusswand - die eigentliche Schlüsselstelle - mit dem Schwierigkeitsgrad 5+. 2001 durchstieg der Vorarlberger Theo Fritsche diese Stelle ebenfalls, im Alleingang ohne zusätzliche Seilsicherung und ohne zusätzlichen Sauerstoff. Er bestätigte die Bewertung Cadiachs von 5+. Fritsche erreichte zudem den Gipfel nur mit einer leichten Daunenjacke bekleidet und äußerte die Meinung, dass Mallory mit seiner Kleidung es an einem guten Tag auch hätte schaffen können.

Am 1. Mai 1999, nach 75 Jahren des Rätsels, wurde die konservierte Leiche von Mallory in 8200 m Höhe weitab südwestlich von den Gipfelgraten auf einem geneigten Schneehang durch den amerikanischen Bergsteiger Conrad Anker aufgefunden. Mallory hatte seine Schneebrille in der Tasche, das Zeichen, dass er bei Nacht abstieg. Das stets am Körper getragene Foto seiner Frau Ruth war nicht mehr bei ihm: er hatte es am Gipfel ablegen wollen. Eine Sauerstoffausrüstung trug Mallory nicht mehr: er wird sie, leer und nutzlos geworden, hoch am Berg abgelegt haben. Eine Kamera fand man nicht bei ihm. Sein Körper weist zwei Sturz-Verletzungen auf: einen Unterschenkelbruch und eine schwere Kopfwunde. Er wird nur eine kurze Strecke gefallen sein; sein Körper ist nicht zerschmettert. Immer noch fehlen die Beweise, immer noch gibt es kein Gipfelfoto. Es ist offenkundig, dass Mallory einen anderen Weg abstieg als er zum Aufstieg nahm: das Schneefeld liegt am unteren Ausgang des Norton-Couloirs, eines Steiltales, das eine Wegalternative abseits der Grate ist. Es gibt sehr gute Argumente (das fehlende Foto), jedoch bislang keinen Beweis, dass er vor seinem Sturz am Gipfel war. Das größte Geheimnis um den Mount Everest besteht somit noch.

Berühmt geworden ist die Antwort von George Mallory auf die Frage, warum er den Everest besteigen wolle: „Weil er da ist.“

Am 15. Mai 1995 erreichte sein Enkel George Mallory II den Gipfel des Mount Everest auf der gleichen Nord-Route. Inzwischen sind von Wissenschaftlern der Lancaster University umfangreiche Untersuchungen über Ausrüstung und Kleidung der Expedition 1924 gemacht worden. Der Bergsteiger Graham Hoyland will 2006 den Everest auf der Route und in der Kleidung von George Mallory bezwingen.
Mallory


Andrew "Sandy" Irvine (* 1902 in Birkenhead, England; † 8. Juni 1924 auf dem Mount Everest) war ein britischer Bergsteiger. Er kam beim Versuch der Erstbesteigung des Mount Everest um. Bis heute wird spekuliert, ob er vielleicht doch den Gipfel erreichte, bevor er starb.

Allgemeines

Andrew Irvine besuchte die Birkenhead- und die Shrewsbury-Schule und wechselte später auf das Merton College in Oxford.

Er war ein begeisterter Sportler und vor allem ein exzellenter Ruderer. 1923 gewann er mit seiner Universitätsmannschaft die begehrte Trophäe des Oxford and Cambridge Boat Race.

Als ihm 1924 die Teilnahme an einer Mount Everest Expedition angeboten wurde, hatte der damals 22- jährige sein Studium noch nicht abgeschlossen. Die Besteigung war damals der zweite wirklich ernsthafte Versuch, den Mount Everest zu besteigen.

Der Leiter der Expedition war George Mallory, der bis heute als einer der Pioniere des Alpinismus gilt. Dieser musste zwei Jahre zuvor den ersten ernsthaften Versuch der Besteigung aufgeben, da damals sieben Träger ihr Leben verloren.

Mit Andrew Irvine wählte man zwar nicht einen der erfahrensten Alpinisten aus, allerdings hatte der angehende Ingenieur und Hobbyfotograf in England durch seine körperliche Fitness und unkonventionelle Art zu klettern auf sich aufmerksam machen können. Hinzu kam, dass er sich auf Grund seines Studiums äußerst gut im Umgang mit den damals neu entwickelten Atemgeräten und Sauerstoffflaschen verstand.

Die Expedition

Da sich der Aufstieg aufgrund ungünstiger Bedingungen verzögerte, starteten die zwei Bergsteiger erst am Morgen des 8. Juni 1924 zum letzten Ansturm auf den Gipfel aus dem Lager IV. Zeit- und Erfolgsdruck ließ die beiden trotz nicht perfekten Wetters ihren Angriff starten. Das letzte Mal gesehen wurden sie gegen ca. 13 Uhr mit großer Verspätung in einem Schneefeld knapp unterhalb der sogenannten "2. Stufe" (markanter Felsblock auf der nördlichen Route). Alles was danach passierte, ist bis heute unbekannt. Andrew Irvine und George Mallory verschwanden in einem aufkommenden Schneesturm und kamen nie wieder von ihrem Gipfelansturm zurück. Dadurch wurden sie wohl zu den ersten tragischen Helden des Mount Everest.

Die Frage, ob es die beiden tatsächlich auf den Gipfel schafften und somit 29 Jahre vor Sir Edmund Hillary den Mount Everest bestiegen hätten, gibt der Welt des Alpinismus bis heute Anlass zu unzähligen Debatten und Diskussionen. Nahezu sämtliche führende Alpinisten spekulieren, ob es den beiden zur damaligen Zeit, mit den damaligen technischen Möglichkeiten und unter den bekannten Bedingungen überhaupt möglich gewesen sei, den Aufstieg zu bewältigen.

Die erhoffte Aufklärung

In den 1960er Jahren begannen die Chinesen - nach der Besetzung Tibets - den Nordgrat zu erschließen (und erstiegen den Gipfel), u.a. mit einer seither installierten Leiter am sogenannten "Second Step", just dies entscheidende Hindernis, dessen Erkletternkönnen nach Einschätzung der damaligen Fertigkeiten wichtigste Voraussetzung wäre, über diese Route auf den Gipfel zu gelangen. Ein Chinese sah dann östlich des Grates die Leiche eines westlich gekleideten Bergsteigers. Dieser konnte in dieser Höhe nur Irvine oder Mallory sein, denn vor den Chinesen waren nur die beiden so hoch gelangt und dann am Berg verschollen. Da später nun Mallorys Leiche westlich des Grates auf einem geneigten Plateau gefunden wurde, weit entfernt vom Grat, so muss die damals von den Chinesen auf östlicher Seite gesichtete Leiche die von Andrew Irvine sein. Ein Mangel dieser These ist jedoch, dass kein Experte eine Chance hatte, die chinesischen Augenzeugen selbst zu befragen.

1999 startete eine Expedition nach Tibet, in der Hoffnung, z.B. die Kamera Andrew Irvines zu finden und damit das Geheimnis um die beiden Bergsteiger endlich zu lüften. Am 1.Mai 1999 konnte anstelle Irvines dann George Mallorys durch die dünne Luft und die Kälte gut konservierte Leiche in einer Höhe von 8.200 m gefunden werden. Ein endgültiger Beweis, der Aufschluss auf die damaligen Geschehnisse gegeben hätte, blieb jedoch aus, und man fand bei Mallorys Leiche keine Kamera.

Eine plausible, bislang nicht widerlegte These in einem englischen Buch über eine Suchexpedition besagt nun unter Einbezug aller verfügbaren Erkenntnisse, dass es - mit Hilfe von Irvine, der am Second Step unten verblieb - Mallory gelungen sein könnte, die Steilstufe zu bezwingen und dann Stunden später eventuell auf dem Gipfel gestanden zu haben. Wegen des weiten Rest-Weges würde hierbei jedoch die Nacht eingebrochen sein, in der dann jeder getrennt den Tod fand: Irvine erfror mit einiger Wahrscheinlichkeit nahe des Grates beim Warten auf Mallory, und Mallory stürzte beim Abstieg unter Umgehung des nächtlich unpassierbaren Second Steps beim Herabklettern auf einem versetzten Rückweg im westlich abwärts führenden Norton-Couloir und erfror dann mit einem Beinbruch. Die Stelle, an der Mallory aufgefunden wurde, ist hunderte Meter entfernt von der, an der man Irvines Leiche zu vermuten hat.

Noch niemand hat sich - wie zur Suche Mallorys - erneut der von den Chinesen benannten Stelle östlich des Grates genähert, um zu untersuchen, ob der dort gesichtete tote Bergsteiger tatsächlich Irvine war. Wenn Irvines Kamera dabei gefunden würde und Fotos sich auswerten ließen, so wäre vielleicht gesichert auszusagen, ob bereits 1924 ein Mensch auf dem höchsten Punkt der Welt stand.

Andrew Irvine war hochwahrscheinlich nicht oben. Wenn es einer damals geschafft hätte, würde es wohl Mallory gewesen sein, da bei einer vermuteten Trennung der beiden Irvine wohl mangels Erfahrung nicht weitergegangen wäre, sondern Mallory.

Reaktionen

Danach bestimmten zahllose Theorien und Spekulationen namhafter Bergsteiger wie z.B. Reinhold Messner die einschlägigen Medien und Fachliteratur. Manche versuchten aus Details der Fundstelle, sowie der Leiche z.B. auf einen Zeitpunkt des Todes zu schließen, um weitere Aufschlüsse zu gewinnen. Eine weitere Theorie begründet sich auf einem Foto der Frau von Mallory, das George Mallory am Gipfel hätte zurücklassen sollen, als Widmung eines Gipfelsieges an seine Frau. Dieses Foto wurde nicht mehr bei der Leiche gefunden. Er wäre demnach oben gewesen.

Als sicher gilt bis heute jedoch nur, dass George Mallory auf dem Abstieg nach Einbruch der Dunkelheit bei einem Sturz zu Tode kam. Die Leiche von Andrew Irvine bleibt bis heute verschollen. Die Frage, ob einer der beiden oder sogar beide den Gipfel wirklich erreichten, wird also auch in Zukunft viele Menschen beschäftigen.

Sir Edmund Hillary äußerte sich dahingehend nur mit der Tatsache, dass er auf jeden Fall der Erste gewesen sei, der auch wieder lebend vom Gipfel des Mount Everest zurückkehrte.

Irvine