Thema: Stichtage
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10. August 2006, 08:45   #254
Jules
 
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10. August 1897: Felix Hoffmann stellt zum ersten Mal Aspirin her

Acetylsalicylsäure (kurz ASS) ist der Wirkstoff vieler Schmerztabletten und insbesondere unter dem Namen Aspirin® bekannt. Namensgebend waren die Weidengewächse (lateinisch Salicaceae), die schon vor Jahrhunderten bei Schmerzen gekaut wurden. Die Summenformel lautet C9H8O4.

Ein Bestandteil dieser Pflanzen, das Salicin, wird im Darm zu Salical-Alkohol und Glucose gespalten und dann in der Leber zu Salicylsäure (C7H6O3, 2-Hydroxybenzoesäure) umgewandelt.

Geschichte
Durch Kochen von Weidenbaumrinden haben schon Germanen und Kelten den Wirkstoff gewonnen, der in der frühen Medizin bis in die Neuzeit hinein bekannt war und schließlich synthetisch nachgebildet wurde.

Seit 1874 wurde Salicylsäure großtechnisch hergestellt und als Medikament eingesetzt, jedoch schränkten der bittere Geschmack und Nebenwirkungen wie Magenbeschwerden die Einsatzmöglichkeiten ein.

1897 wurde Aspirin wahrscheinlich von Arthur Eichengrün entdeckt, wobei auch Felix Hoffmann als Erfinder genannt wird; auf Grund seines jüdischen Glaubens taucht der Name Eichengrün nach 1934 jedoch nicht mehr auf. Sicher ist, dass Eichengrün nach der Zulassung von Aspirin zum Leiter der pharmazeutischen Abteilung Bayers befördert und Hoffmann Leiter der Marketing-Abteilung wurde. Bayer vermarktete jedoch vorerst das 11 Tage später von Hoffmann entwickelte Heroin stärker, da man nach Versuchen an Menschen davon ausging, dass Aspirin zu viele Nebenwirkungen hätte.

1949 veröffentlichte Arthur Eichengrün eine Arbeit, in der er schrieb, er habe die Entwicklung von Aspirin sowie einiger benötigter Hilfsstoffe geplant und koordiniert. Schon zuvor aus dem KZ - fast ein halbes Jahrhundert nach der Erfindung von Aspirin - schrieb Eichengrün der IG Farben (Bayer), als er sich wie er selber sagte, seinem Tode nahe sah, dass Hoffmann an Aspirin nur in der Weise beteiligt war, dass er die Anordnungen von Eichengrün befolgte, ohne überhaupt zu wissen, was er im Auftrage Eichengrüns tat, so Eichengrün in dem Brief aus dem KZ. Die Nazis haben ihn weiterhin als Beteiligten oder gar Erfinder verleugnet, wie sie dies mit allen Werken jüdischer Herkunft taten und öffentlich die Erfindung Aspirins vor allem Hoffmann zugesprochen. Eichengrün hat dies selbst, nach seiner Entlassung, in einer noch aus der Nazizeit stammenden Ausstellung - über deren Pforte "Juden ist der Zutritt verboten" prangte - auf einer Tafel zum Thema Aspirin gelesen. Auf ihr wurden Hoffmann und eine andere, mit der Entwicklung Aspirins nicht in Verbindung stehende Person, als Erfinder genannt, ohne jegliche Erwähnung Eichengrüns. In vielen geschichtlichen Abhandlungen bzw. Lexika zu dem Thema wird aufgrund dieser Vorgänge der Nazizeit und der damit entsprechend beeinflussten Geschichtsbücher vornehmlich Felix Hoffmann als Erfinder oder wahrscheinlicher Erfinder genannt und die Erklärung Eichengrüns in seiner 1949 veröffentlichen Arbeit oftmals lediglich als Behauptung betitelt.

Das Produkt wurde Aspirin genannt. Der Name Aspirin leitet sich vom Echten Mädesüß (veraltet: Spiraea ulmaria L. heute: Filipendula ulmaria (L.) Maxim.), einer salicylathaltigen Staude, ab: 'A' (für Acetylsalicylsäure), 'spiraea' und 'in' als geläufige Endung für Medikamente. 1899 wurde Aspirin® zum Patent angemeldet.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Bayer im Rahmen des Versailler Vertrags gezwungen, das Patent und die Rechte an der Marke Aspirin® für das Gebiet der Siegermächte USA, Frankreich und Großbritannien aufzugeben. In den USA kaufte 1918 Sterling Drug die Markenrechte von der amerikanischen Verwaltung für feindlichen Besitz. In den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts verlor Sterling Drug kraft Gerichtsbeschluss die Exklusivrechte am Namen. Der Name Aspirin wurde so in den USA gemeinfrei. Im Jahre 1994 kaufte Bayer Sterling Drug vom vorübergehenden Eigentümer Kodak für 1 Milliarde Dollar. Seitdem verkauft Bayer in den USA wieder "Bayer Aspirin".

Die Funktionsweise der Acetylsalicylsäure, nämlich die Hemmung der Prostaglandinproduktion, wurde 1971 von John Robert Vane aufgeklärt.

Nebenwirkungen
Aspirin kann unter anderem Asthma, Magenbluten, Magengeschwüre, Nierenschäden und Gehörschäden auslösen. Nebenwirkungen der nicht opiathaltigen Schmerzmittel (Aspirin, Paracetamol, Ibuprofen u. a.) gehören zu den 16 häufigsten Todesursachen in den USA. Da aber die Zahl der Schmerzmittel-Opfer in Statistiken nicht einzeln aufgeführt wird, nimmt die Öffentlichkeit die Gefahren kaum wahr. Auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft weist darauf hin, dass Acetylsalicylsäure aufgrund ihrer Reizwirkung bei regelmäßiger Einnahme Schleimhautreizungen, Blutungen im Magen-Darm-Trakt und Magengeschwüre verursachen kann. Es wird vermutet dass die Gabe von Acetylsalicylsäure nach einer überstandenen Viruserkrankung bei Kindern das mitunter tödliche Reye-Syndrom auslöst.


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