Thema: Stichtage
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2. September 2006, 09:46   #277
Jules
 
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02. September 1967: Fürstentum Sealand erklärt seine Unabhängigkeit von Großbritan.

Sealand ist eine ehemalige britische Militärstation knapp 10 km vor der Küste von Suffolk, England, die 1967 von Paddy Roy Bates zum Fürstentum (sog. Mikronation) erklärt wurde. Sealand wurde nie international als Staat anerkannt und liegt seit deren Ausdehnung auf eine Zwölfmeilenzone innerhalb der britischen Hoheitsgewässer.

Lage und Größe
Sealand liegt auf Koordinaten: 51° 53′ 40" N, 1° 28′ 57" O51° 53′ 40" N, 1° 28′ 57" O, hat eine Länge von 47 Metern und eine Breite von 13 Metern. Die zwei hohlen
Betonsäulen, auf denen die Festung ruht, haben einen Durchmesser von acht Metern und beherbergen in ihrem Inneren sieben Plattformen, die je ca. 50 Quadratmeter Fläche haben.

Geschichte
Die Station Roughs Tower wurde 1942 als eins von sieben Maunsell Forts vom britischen Militär zur Luftabwehr errichtet. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges verwaiste die Festung.

Erst am 2. September 1967 wurde sie von Paddy Roy Bates besetzt, der als Betreiber eines Piratensenders von den britischen Behörden verfolgt wurde. Er beanspruchte die Station für sich, und da sie außerhalb der Zone britischer Hoheitsgewässer – damals drei nautische Meilen um die Küste – lag, befand er sich in Internationalen Gewässern und außerhalb der Jurisdiktion irgendeines Staates. Bates erklärte die Unabhängigkeit der Festung, nannte sie Sealand und erklärte sich und seine Frau zum uneingeschränkten Herrscher: Fürst Roy und Fürstin Joan.

1968 versuchte die Royal Navy, die Besetzer von Roughs Tower entfernen zu lassen. Fürst Roy feuerte als Antwort einige Schüsse auf die Boote ab, weshalb vor einem britischen Gericht Anklage gegen ihn erhoben wurde. Das Gericht verkündete seine Entscheidung am 25. November 1968 und stellte sich auf den Standpunkt, dass sich der Vorfall außerhalb britischen Territoriums ereignete und deshalb auch außerhalb der britischen Jurisdiktion lag.

In den folgenden 15 Jahren drangsalierte die britische Regierung die Besetzer von Sealand: sie sollten Sozialversicherungsbeiträge zahlen, Rundfunkgebühren und anderes, aber die Justiz entschied regelmäßig, dass Sealand kein Teil des Vereinigten Königreichs sei.

Im September 1975 verkündete Fürst Roy eine Verfassung von Sealand und ernannte den Deutschen Alexander Achenbach zum Außenminister und Regierungschef auf Lebenszeit.

Als Fürst Roy im August 1978 für einige Tage abwesend war, putschten Achenbach und einige seiner Freunde gegen die Familie des Fürsten, erklärten ihn für abgesetzt und hielten Fürst Roys Sohn Michael kurzzeitig auf Roughs Tower in ihrer Gewalt. Einige Tage später setzten sie ihn in den Niederlanden in Freiheit. Fürst Roy engagierte mehrere gut bewaffnete Männer und eroberte mit einem Hubschrauber die Festung zurück. Die gefangenen Putschisten setzte er als angebliche Kriegsgefangene fest, aber verurteilte dann den deutschen Anführer Achenbach, der ja außer der deutschen auch die sealandische Staatsbürgerschaft besaß, zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe auf Roughs Tower. Die deutsche und niederländische Regierung intervenierte bei der britischen Regierung und versuchte die Freilassung der Gefangenen zu erreichen. Diese jedoch verweigerte jegliche Verantwortung mit Hinweis auf die Gerichtsentscheidung von 1968. Die Bundesrepublik Deutschland entsandte daraufhin einen Diplomaten nach Roughs Tower, um über die Freilassung des deutschen Staatsangehörigen zu verhandeln. Nach einigen Wochen entließ Fürst Roy den Gefangenen und betrachtet seither die diplomatischen Verhandlungen als De-facto-Anerkennung Sealands durch die Bundesrepublik Deutschland.

Achenbach errichtete in der Bundesrepublik eine Exilregierung und betrachtet sich weiterhin als Regierungschef, während er Fürst Roy Verfassungsbruch vorwirft und ihn seit 1978 lediglich als gewaltsamen Besetzer ansieht. An Stelle von Fürst Roy setzte Achenbach als Staatsoberhaupt einen Syndikus ein, den Niederländer Dr. A. Oomen.

Roughs Tower wird von Großbritannien weiterhin als Eigentum des Verteidigungsministeriums betrachtet, jedoch nicht genutzt. Unlizenzierte Funkübertragungen von der Plattform wurden durch britische Behörden verhindert. Nach Ende der dreißigjährigen Geheimhaltungsfrist sind nun Dokumente öffentlich geworden, die zeigen, dass das Vereinigte Königreich Pläne entwickelt hatte, die Festung zurückzuerobern. Diese wurden aber durch den Premierminister aufgrund der Möglichkeit, dass dabei Soldaten ihr Leben lassen könnten, sowie der damit verbundenen Probleme und des Bildes in der Öffentlichkeit, zurückgestellt.

Sealand verfügt über eine Reihe von für einen Staat typischen Eigenschaften: eine Verfassung, eine Flagge, eine Nationalhymne, ein nationales Motto, eigene Briefmarken, eine eigene Währung (1 Sealand-Dollar entspricht einem US-Dollar), sowie eigene Pässe. Gefälschte Sealand-Pässe wurden auch verkauft und sind in einige Kriminalfälle verwickelt, darunter auch der Mord an Gianni Versace. Die Regierung von Fürst Roy und die Exilregierung in Deutschland werfen sich gegenseitig vor, Pässe zu fälschen und im großen Stil zu verkaufen.

Seit der Gerichtsentscheidung von 1968 haben sowohl Großbritannien als auch Sealand in Übereinstimmung mit der Konvention der Vereinten Nationen über das Seerecht von 1982 ihre Territorien in eine Zwölfmeilenzone rund um die Küsten ausgedehnt. Die Frage ob die Unabhängigkeit Sealands rechtmäßig sei, stand dabei nie zur Debatte.

Seit der dritten Konferenz zum Seerecht sind legale Staatengründungen nach dem Beispiel Sealands nicht mehr möglich. Der nächste benachbarte Staat muss nun die Verantwortung für künstliche Konstruktionen im Meer übernehmen. Darüber hinaus sind nach der dort verabschiedeten Konvention nicht mehr benötigte Konstruktionen unmittelbar nach Außergebrauchstellung zu entfernen.

Am 23. Juni 2006 brach ein Feuer auf Sealand aus, das offenbar von einem Generatordefekt verursacht wurde. Von einem Fischer alarmierte britische Feuerwehreinheiten löschten und brachten einen Sicherheitsmann in ein Hospital in Ipswich. Kurz danach startete die Regierung auf der Sealand-Homepage eine Spendenaktion für den Wiederaufbau Sealands.

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